1.1 Bedeutung des Themenfelds

Mit Wirkung zum 1.1.2009 gilt für die Besteuerung privater Kapitalanlagen das System der Abgeltungssteuer, das den Ausgangspunkt im Unternehmensteuerreformgesetz 2008[1] hat.

Alles sollte einfacher und günstiger werden. Die Zielsetzungen der Abgeltungssteuer sind nach der Begründung im Gesetzesentwurf:

  • Erhebliche steuerliche Entlastung der Einkünfte aus Kapitalvermögen (25 % statt (i. d. R. höherer) Grenzsteuersatz bei Einbeziehung in die Veranlagung). Damit soll auch der Kapital- und Steuerflucht ins Ausland entgegengewirkt werden.
  • Drastische Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch den abgeltenden Steuerabzug an der Quelle. Die Steuerpflichtigen sollen sich bei ihrer Steuererklärung nicht mehr mit den komplizierten Anlagen KAP und AUS und nur noch seltener mit der Anlage SO "herumschlagen" müssen. Auch für die Finanzämter sollte es einfacher werden, wenn diese Anlagen nicht mehr überprüft werden müssen.

Ob dieses Konzept jedoch langfristig beibehalten wird, ist fraglich. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 10.3.2017 die Bundesregierung aufgefordert, die Abgeltungssteuer abzuschaffen und Kapitalerträge wieder dem persönlichen Einkommensteuersatz der Steuerpflichtigen zu unterwerfen. Kapitalerträge sollen gegenüber anderen Einkunftsarten nicht mehr privilegiert werden. Hintergrund ist vor allem die Einführung des grenzüberschreitenden Kontrollmeldesystems[2]. Es ist allerdings bislang zu keinem Aufgriff im Gesetzgebungsverfahren gekommen.

[1] v. 14.8.2007, BStBl 2007 I S. 630.

1.2 Steuerabzug

Konkret unterliegen der Abgeltungssteuer nach § 32d EStG auch ausländische Kapitalerträge und Kursgewinne. Auf Antrag des Steuerpflichtigen erfolgt eine Günstigerprüfung (Vergleich zwischen dem besonderen Steuersatz für Kapitalerträge und dem persönlichen Steuersatz des Steuerpflichtigen[1]). Das Besteuerungsrecht für ausländische Kapitaleinkünfte ergibt sich auf nationaler Ebene aus § 20 EStG. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung ist auf DBA-Ebene bei Zinsen und Dividenden auf Art. 10 und 11 des OECD-MA bzw. auf die entsprechenden Regelungen in den einzelnen DBA abzustellen. Danach wird grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat des Nutzungsberechtigten unter Anrechnung der ausländischen Steuer[2] das Besteuerungsrecht zugewiesen.

1.3 Alternative Veranlagung beim Auslandsdepot

Bei Kapitalerträgen und Kursgewinnen ausländischer Wertpapiere, die in einem inländischen Depot liegen, wird die Abgeltungssteuer (wie bei inländischen Wertpapieren) unmittelbar vom inländischen Kreditinstitut abgezogen. Wer Wertpapiere im Ausland verwahrt, muss die erzielten Erträge und Kursgewinne in der Einkommensteuererklärung angeben (Erklärungspflicht[1]). Ausländische Kapitalerträge und Kursgewinne werden aber dann wie inländische im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung grundsätzlich nur mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % zuzüglich Kirchensteuer besteuert. Die Erklärungspflicht gilt auch für Erträge aus Investmentfonds, soweit keine Kapitalertragsteuer einbehalten wird (z. B. bei ausschüttungsgleichen Erträgen ausländischer thesaurierender Investmentfonds).

1.4 Erfahrungen mit der Abgeltungssteuer

Nach den Erfahrungen der ersten Jahre ist festzuhalten, dass bezüglich ausländischer Kapitalerträge der erhoffte Vereinfachungseffekt häufig nicht eintritt, da der nachfolgende "Idealfall" von den Banken bzw. sonstigen Zahlstellen nicht "abgewickelt" wurde bzw. werden kann. Vielmehr sind zur Steueroptimierung die in den nachfolgenden Abschnitten angesprochenen Bereiche im Rahmen einer Nacherklärung "nachzuarbeiten"

 
Praxis-Beispiel

Grundfall mit ausländischer Quellensteuer

Der ledige Steuerpflichtige C erzielt im Jahr 2019 Arbeitslohn i. H. v. 100.000 EUR. Daneben fließen ihm ausländische Dividenden aus einem Inlandsdepot i. H. v. 10.801 EUR zu (anrechenbare ausländische Quellensteuer 1.500 EUR).

C hat der Bank einen Freistellungsauftrag i. H. v. 801 EUR (Sparer-Pauschbetrag) erteilt. Außerdem hat er der Bank mitgeteilt, dass er der römisch-katholischen Kirche in Baden-Württemberg angehört.

Muss C seine Kapitalerträge in der ESt-Erklärung 2019 erklären?

Lösung:

Nein. Durch den Kapitalertragsteuerabzug der Bank tritt Abgeltungswirkung ein. Der Steuereinbehalt auf Ebene der Bank sieht wie folgt aus:

 
Ausländische Dividende 10.801,-- EUR
Sparer-Pauschbetrag ./. 801,-- EUR
steuerpflichtige Kapitalerträge 10.000,-- EUR

Abgeltungssteuer (KapESt) gem. Formel in § 32d Abs. 1 Satz 4 EStG[1]:

[10.000 EUR – (4 x 1.500 EUR)] : ( 4 + 0,08) = 4.000 EUR : 4,08
./. 980,39 EUR
SolZ (980,39 EUR x 5,5 %) ./. 53,92 EUR
Kirchensteuer (980,39 EUR x 8 %) ./. 78,43 EUR
Ausländische Quellensteuer (hier 15 %) ./. 1.500,-- EUR
Gutschrift 8.188,26 EUR

Die Bank führt die einbehaltene KapESt, den SolZ und die KiSt an das Betriebsstättenfinanzamt ab.

[1] (e – 4q) : (4 + k); dabei sind "e" die nach § 20 EStG ermittelten Einkünfte, "q" die anrechenbare ausländische Steuer und "k" der geltende Kirchensteuersatz

1.5 Gründe für die Notwendigkeit einer "Prüfung ausländischer Kapitaleinkünfte"

Folgende Gesichtspunkte können eine Nachbearbeitung bzw. Prüfung der Handhabung durch ...

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