Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug als Vorsteuer der in der Vergütung des Konkursverwalters enthaltenen Umsatzsteuer durch den Gemeinschuldner. Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer. Unternehmereigenschaft des Gemeinschuldners. Personenidentität. Interessenkonflikt beim Selbstkontrahieren

 

Leitsatz (amtlich)

Der Konkursverwalter ist berechtigt, über die von ihm für das Unternehmen des Gemeinschuldners erbrachte Leistung eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis zu erteilen. Der Gemeinschuldner kann die in der Vergütung des Konkursverwalters enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn der Konkursverwalter eine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer erteilt hat.

 

Orientierungssatz

1. § 181 BGB ist dann nicht anwendbar, wenn sich ein Interessenkonflikt beim Selbstkontrahieren bei bestehender Personenidentität nicht ergeben kann (BGH).

2. Die Eröffnung des Konkursverfahrens hat auf die Unternehmereigenschaft des Gemeinschuldners keinen Einfluß (vgl. BFH-Urteil vom 2.2.1978 V R 128/76).

 

Normenkette

UStG 1967 § 14 Abs. 1; UStG 1973 § 14 Abs. 1; UStG 1967 § 15 Abs. 1 Nr. 1; UStG 1973 § 15 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 181; KonkVwVergV § 4 Abs. 5 Fassung: 1972-07-19; UStG 1967 § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 23.10.1980; Aktenzeichen V 375/79)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Gemeinschuldnerin die in der Vergütung des Konkursverwalters enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen darf.

Der Kläger ist Konkursverwalter in dem über das Vermögen der H. Kommanditgesellschaft (KG) am ... 1969 eröffneten Konkursverfahren. Das Verfahren ist nahezu abgewickelt. Das Konkursgericht hat die Vergütung des Konkursverwalters mit Beschluß vom ... 1977 auf 103 917 DM festgesetzt. Bei der Bemessung der Vergütung hat es dem Konkursverwalter einen Umsatzsteuerausgleich von 5,5 v.H. auf die eigentliche Vergütung, nämlich 5 417 DM gemäß § 4 Abs.5 der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters, des Vergleichsverwalters, der Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Mitglieder des Gläubigerbeirats vom 25.Mai 1960 (BGBl I 1960, 329) in der Fassung der Verordnung vom 19.Juli 1972 (BGBl I 1972, 1260) --Vergütungsverordnung-- gewährt. In dem Beschluß ist die Umsatzsteuer nicht betragsmäßig gesondert ausgewiesen. Der Kläger hat der Gemeinschuldnerin bislang keine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer erteilt.

Das Finanzamt hat der KG den Abzug der Vorsteuer von 10 298,16 DM mit dem Umsatzsteuerbescheid vom 10.November 1978 versagt, weil die Steuer nicht in einer Rechnung, dem Antrag auf Festsetzung der Vergütung oder dem Beschluß des Konkursgerichts gesondert ausgewiesen ist.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht abgewiesen. In seiner in EFG 1981, 369 veröffentlichten Entscheidung hat es ausgeführt: Der sich aus § 15 Abs.1 Nr.1 UStG ergebende Anspruch auf den Vorsteuerabzug erfordere, daß die Steuer gesondert in Rechnung gestellt worden sei. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil es der Kläger unterlassen habe, der von ihm gemäß § 6 KO vertretenen Gemeinschuldnerin die in seiner Vergütung enthaltene Steuer gesondert in Rechnung zu stellen. § 4 Abs.5 der Vergütungsverordnung gebiete eine Erhöhung der Vergütung um 5,5 v.H., wenn sich die Umsatzsteuer des Konkursverwalters nach dem Regelsatz von 11 v.H. bemesse. Die Vorschrift konkurriere daher nicht mit § 15 Abs.1 Nr.1 UStG. Die übrigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug seien erfüllt; die KG habe durch das Konkursverfahren nicht ihre Unternehmereigenschaft verloren, sie habe zur Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften gemäß § 19 Abs.4 Satz 1 UStG optiert und der Kläger habe mit seiner Verwaltertätigkeit für das Unternehmen der Gemeinschuldnerin eine sonstige Leistung ausgeführt. Der Kläger sei auch nicht durch § 181 BGB gehindert, für die von ihm erbrachte Leistung eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis zu erteilen; denn die Erteilung der Rechnung sei keine Willenserklärung, sondern eine schriftliche Mitteilung, also ein Realakt; jedenfalls erfülle der Kläger mit der Erteilung der Rechnung nur eine Verbindlichkeit, die sich aus § 14 Abs.1 UStG ergebe.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 181 BGB, § 4 Abs.5 der Vergütungsverordnung und § 15 Abs.1 Nr.1 UStG. Er sei durch § 181 BGB gehindert, der Gemeinschuldnerin seine Vergütung in Rechnung zu stellen; die eindeutigen Regelungen der Konkursordnung stünden entgegen. § 4 Abs.5 der Vergütungsverordnung schließe die Anwendung des § 15 Abs.1 Nr.1 UStG aus, so daß der Vorsteuerabzug auch ohne gesonderten Ausweis der Steuer zulässig sei, da sich der Steuerbetrag aus der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung ergebe.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und Änderung des Umsatzsteuerbescheids 1977 in der Fassung der Einspruchsentscheidung eine negative Umsatzsteuer von 11 228,03 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Die Gemeinschuldnerin kann die an den Konkursverwalter gezahlte Umsatzsteuer nur als Vorsteuer abziehen, wenn ihr dieser eine Rechnung oder eine Urkunde im Sinne des § 1 Abs.1 UStDV 1967/1971 erteilt, in der die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist.

1. Bei der Steuerberechnung (§ 16 Abs.2 Satz 1, § 18 Abs.1 UStG 1967/1973 --UStG--) ist als Vorsteuer zufolge § 15 Abs.1 Nr.1 UStG --unbeschadet weiterer Voraussetzungen-- nur die Steuer abziehbar, die einem Unternehmer für Leistungen, die für sein Unternehmen erbracht worden sind, von einem Unternehmer gesondert in Rechnung gestellt worden ist.

Die Eröffnung des Konkursverfahrens hat auf die Unternehmereigenschaft des Gemeinschuldners keinen Einfluß (vgl. BFH-Urteil vom 2.Februar 1978 V R 128/76, BFHE 125, 314, 317, BStBl II 1978, 483).

Der Konkursverwalter hat mit seiner Geschäftsführung (§ 85 Abs.1 KO) eine sonstige Leistung zugunsten der Masse und damit für das Unternehmen der Gemeinschuldnerin erbracht. Der Konkursverwalter hat die Aufgabe, das der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners --möglichst unter Erhaltung der wirtschaftlichen Werte-- der grundsätzlich gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger zuzuführen (vgl. Jaeger/Henckel, Kommentar zur Konkursordnung, 9.Aufl., 1.Lieferung 1977, § 6 Rz.1,4). Mit der Eröffnung des Konkursverfahrens verliert der Gemeinschuldner die Befugnis, sein zur Konkursmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen; das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wird durch den Konkursverwalter ausgeübt (§ 6 KO). Dadurch wird dem Konkursverwalter die Erfüllung seiner Aufgabe ermöglicht. Die Wirkungen des Handelns des Konkursverwalters treffen unmittelbar den Gemeinschuldner als den Rechtsträger des die Masse bildenden Vermögens (Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, Kommentar zur Konkursordnung, 9.Auflage 1979, § 6 Rz.8 und 9 mit weiteren Hinweisen). Deshalb erbringt der Konkursverwalter durch die Erfüllung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben eine sonstige Leistung für die Masse mit Wirkung gegen den Gemeinschuldner. Der Umstand, daß die Tätigkeit des Konkursverwalters als Ausübung eines Amtes aufgefaßt wird (RGZ 29, 29; RGZ 120, 189; BGH-Urteil vom 30.Oktober 1967 VIII ZR 176/65, BGHZ 49, 11, 16), vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Der Qualifizierung der Tätigkeit des Konkursverwalters als Leistung für die Masse steht seine Ernennung durch das Gericht (§ 78 Abs.1, § 80 Satz 2 KO) nicht entgegen. Auch wenn der Konkursverwalter sich bei der Abwicklung der Masse mit dem Gläubigerausschuß abstimmt oder in anderer Weise berechtigte Gläubigerinteressen berücksichtigt, treffen die Wirkungen seiner Maßnahmen unmittelbar doch den Gemeinschuldner.

Ist der Gemeinschuldner keine natürliche Person, sondern wie im Streitfall eine Kommanditgesellschaft, kann die Leistung, da zur Masse nur das gesellschaftsgebundene Vermögen der Gesellschafter gehört (vgl. Böhle-Stamschräder/Kilger, Kommentar zur Konkursordnung, 14.Auflage 1983, § 209 Anm.5), nur für das Unternehmen der Gemeinschuldnerin erbracht worden sein.

Der Konkursverwalter hat für seine Geschäftsführung Anspruch auf eine Vergütung (§ 85 KO), die aus der Masse zu entrichten ist (§ 58 Nr.2, § 60 Abs.1 Nr.2 KO), so daß er seine Leistung gegen Entgelt erbringt.

An der Unternehmereigenschaft des Klägers bestehen keine Zweifel, da er berufsmäßig Konkursverwaltungen durchführt.

Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug hängt im Streitfall sonach nur noch davon ab, daß die zu dem aus der Masse zu entrichtenden Entgelt gehörende Steuer gesondert in Rechnung gestellt wird.

2. Der Konkursverwalter ist berechtigt, für seine Leistung Umsatzsteuer gesondert in Rechnung zu stellen.

Die Berechtigung des Konkursverwalters als Unternehmer, eine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer zu erteilen, ergibt sich aus § 14 Abs.1 Satz 1 UStG. Daran ändert sich nichts dadurch, daß das Entgelt gerichtlich festgesetzt wird oder sich aus einer amtlichen Gebührenordnung ergibt.

Der Konkursverwalter ist nicht durch § 181 BGB gehindert, zugunsten der Masse eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer zu erteilen; denn § 181 BGB ist dann nicht anwendbar, wenn sich ein Interessenkonflikt beim Selbstkontrahieren bei bestehender Personenidentität nicht ergeben kann (BGH-Urteile vom 22.September 1969 II ZR 144/68, BGHZ 52, 317, 318; vom 18.September 1975 II ZB 6/74, BGHZ 65, 93, 96 ff.). Die Steuerpflicht des Konkursverwalters als Unternehmer ist von der Erteilung der Rechnung mit gesondertem Steuerausweis unabhängig; sie tritt auch dann ein, wenn er eine solche Rechnung nicht erteilt. Ein Interessenkonflikt zwischen dem Konkursverwalter als Unternehmer und als Amtsinhaber ist ausgeschlossen. § 181 BGB steht der Erteilung der Rechnung sonach nicht entgegen. Es kann deshalb dahinstehen, ob § 181 BGB auf Geschäfte des Konkursverwalters mit sich selbst nicht bereits wegen der Eigentümlichkeit der Stellung des Konkursverwalters unanwendbar ist (vgl. Jaeger/Henckel, a.a.O., § 6 Rdnr.149).

Für die Höhe der Abrechnung ist die Festsetzung der Vergütung durch das Konkursgericht (§ 6 VergütungsVO) verbindlich. Die Umsatzsteuer ist aus dem festgesetzten Vergütungsbetrag herauszurechnen, da die Vergütung gemäß § 4 Abs.5 VergütungsVO die zu zahlende Umsatzsteuer enthält (Bruttobetrag). Dabei ist von dem für die Leistung des Konkursverwalters maßgeblichen Regelsteuersatz auszugehen (hier: 11 v.H.; vgl. das Urteil des Senats vom 3.Oktober 1985 V R 106/78 BFHE 145, 248, BStBl II 1986, 213).

3. Der Revision mußte der Erfolg versagt bleiben, da der Kläger für die Masse keine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer vorgelegt hat, die nach § 15 Abs.1 Nr.1 UStG Voraussetzung für die Gewährung des Vorsteuerabzugs ist. Der Beschluß des Konkursgerichts über die Festsetzung der Vergütung ist dafür nicht ausreichend, weil darin der Betrag der in der Vergütung enthaltenen Umsatzsteuer nicht aufgeführt ist.

Aus § 4 Abs.5 der VergütungsVO ergibt sich demgegenüber nicht, daß -abweichend von § 15 Abs.1 Nr.1 UStG- auf den gesonderten betragsmäßigen Ausweis der Steuer verzichtet werden könnte. § 4 Abs.5 VergütungsVO hat allein Bedeutung für die Bemessung der Höhe der Vergütung, die dem Konkursverwalter zu gewähren ist. Ein Umsatzsteuerausgleich kommt nach dieser Vorschrift nämlich auch in Betracht, wenn der Gemeinschuldner nicht Unternehmer ist. Die Anwendung des § 4 Abs.5 Satz 2 VergütungsVO hängt somit allein davon ab, mit welchem Steuersatz der Konkursverwalter als Unternehmer zur Umsatzsteuer herangezogen wird. Mit der Vorsteuerabzugsberechtigung zugunsten der Masse steht § 4 Abs.5 VergütungsVO nicht in Zusammenhang.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61220

BStBl II 1986, 579

BFHE 146, 287

BFHE 1986, 287

BB 1986, 1070-1071 (ST)

HFR 1986, 531-532 (ST)

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