Rz. 122

Der Urlaubsanspruch ist bei Erfüllung der dem Arbeitgeber vorgegebenen Mitwirkungshandlungen (zum Inhalt der Mitwirkungsobliegenheiten oben Rz. 7 ff.) auf das Kalenderjahr zeitlich befristet. Urlaubsjahr ist jeweils das Kalenderjahr.

 

Beispiel

Bei einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis vom 1.8. bis zum 31.7. des Folgejahres bestanden hat, wird nicht der Urlaub für ein Beschäftigungsjahr berechnet.

Im ersten "Urlaubsjahr" hat der Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG Anspruch auf 5/12 des Jahresurlaubsanspruchs. Im zweiten "Urlaubsjahr" hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen Jahresurlaubsanspruch, da er nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte ausgeschieden ist.

 

Rz. 123

Der Urlaubsanspruch entsteht mit Beginn des Kalenderjahres und endet mit Ende des Kalenderjahres.

 
Hinweis

Der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Gewährung von Erholungsurlaub besteht nur jeweils während des Urlaubsjahres sowie bei Vorliegen der Merkmale nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31.3. des Folgejahres. Danach erlischt der Urlaubsanspruch, es sei denn vom Willen des Arbeitnehmers unabhängige Gründe stehen der Urlaubsgewährung entgegen (hierzu ausführlich Rz. 160 ff.).

Die Regelung soll gewährleisten, dass der Arbeitnehmer in regelmäßigen Abständen Gelegenheit hat, sich zu erholen. Eine Urlaubshortung soll vermieden werden. Der Urlaubsanspruch besteht im Urlaubsjahr, nicht für das Urlaubsjahr.[1] Durch die unionsrechtlich gebotenen Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers wird das Ziel, den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, den Urlaubsanspruch grundsätzlich im Urlaubsjahr in Anspruch zu nehmen, gestärkt (hierzu näher Rz. 7 ff.).[2]

Die Bindung an das Kalenderjahr setzt nach der neuen Rechtsprechung des BAG zwingend voraus, dass der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist und sich auch nicht in Widerspruch zu seinen Erklärungen setzt.

Von der Bindung an das Kalenderjahr zu trennen ist nach der neuen Rechtsprechung die Befristung des Urlaubsanspruchs. Erfüllt der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten nicht, beginnt die Befristung nicht zu laufen, und zwar so lange, bis der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachkommt. Erst die Ausübung der Mitwirkungsobliegenheiten bindet den Urlaub an das Urlaubsjahr und bei Vorliegen von Übertragungsgründen an das erste Quartal des Folgejahres nach § 7 Abs. 3 BUrlG. Entscheidend ist, dass ohne Bindung an das Urlaubsjahr (Fristbeginn) ein Untergang wegen Nichtinanspruchnahme ausscheidet, da es ohne Fristbeginn auch kein zum Untergang des Urlaubsanspruchs führendes Fristende geben kann. Dieser neue Grundsatz, der zu einem unbegrenzten Ansammeln führen kann (s. Rz. 148), macht insbesondere bei einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit (hierzu unten Rz. 166) und der Rückwirkung (s. oben Rz. 19) der neuen Rechtsprechung Probleme.

 

Rz. 124

Konsequenz der Bindung an das Urlaubsjahr bei Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten ist, dass der Urlaub im laufenden Urlaubsjahr bis zum 31.12. genommen werden muss. Es genügt nicht die Antragstellung. Auch der Urlaubsantritt im Urlaubsjahr genügt nicht.

 

Rz. 125

Aus der Bindung an das Kalenderjahr ergibt sich im Übrigen auch, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht im Vorgriff auf das nächste Jahr gewährt werden kann. Die Erfüllung ist nur im Urlaubsjahr möglich.

 

Beispiel[3]

In einer Betriebsvereinbarung wird die Zeit vom 27.12. bis 31.12. als Betriebsferien festgelegt. Mitarbeiter ohne ausreichenden Resturlaub können Urlaubstage des nächsten Jahres in Anspruch nehmen.

Die Regelung zum "Urlaub auf Vorgriff" verstößt, soweit gesetzliche oder tarifliche Urlaubsansprüche betroffen sind, gegen Gesetz und Tarifvertrag. Die im Vorgriff gewährten Urlaubstage kann der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr noch einmal fordern, ohne zur Rückgewähr des bereits erhaltenen Urlaubsentgelts verpflichtet zu sein.

In obiger Entscheidung ist das BAG zutreffend davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Befristungsregeln auch für den tariflichen Urlaub gelten, wenn der Tarifvertrag keine vom Gesetz abweichende Regelung enthält. Aus der Bindung an das Kalenderjahr ergibt sich auch, dass zu viel gewährter Urlaub des Vorjahres nicht auf den Urlaubsanspruch des Folgejahres angerechnet werden kann.[4]

 

Rz. 126

Die Bindung an das Kalenderjahr wird in verschiedenen gesetzlich geregelten Fällen durchbrochen.

  • Wichtigster Fall ist die Übertragung in das erste Quartal des Folgejahres bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG (s. hierzu ausführlich Rz. 130 ff.).
  • Der Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG wird auf Verlangen des Arbeitnehmers auf das folgende Kalenderjahr übertragen.[5]
  • Nach § 17 Abs. 2 BEEG ist der bei Beginn einer Elternzeit noch offene Urlaubsanspruch nach Ende der Elternzeit im laufenden oder folgenden Urlaubsjahr zu gewähren.[6]
 
Hinweis

Die Aufzählung der Beispiele zeigt, dass entgegen einer weit verbreiteten Auffassung ein offener Urlaubsanspruch nic...

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