Regelinsolvenz

Die Regelinsolvenz wird durchgeführt, wenn ein Antrag auf Eröffnung der Insolvenz gestellt wird und das Insolvenzverfahren eröffnet. Bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag kann das Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen anordnen (vgl. § 21 InsO, Nr. 3.1 zu § 251 AEAO).

Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Ein Insolvenzverfahren kann beantragt werden, wenn der Unternehmer bzw. das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder die Zahlungsunfähigkeit droht (vgl. §§ 16 ff. InsO, Nr. 2.1 zu § 251 AEAO). Voraussetzung ist ein schriftlicher Antrag auf Eröffnung, den sowohl der Schuldner als auch jeder Gläubiger stellen kann. Ein Gläubiger ist antragsberechtigt, wenn er seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner, sein rechtliches Interesse an der Eröffnung und einen Eröffnungsgrund glaubhaft machen kann. Antragsberechtigt ist bei Vorliegen dieser Voraussetzungen auch das Finanzamt. Nach Nr. 2.2 zu § 251 AEAO ist das Finanzamt bei vollstreckbaren Rückständen im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung gehalten, die Insolvenz zu beantragen, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt.

Achtung! Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann bei Freiberuflern, die einer Berufskammer angehöhren, z.B. Architekten, Rechtsanwälten, Steuerberatern, dazu führen, dass ihnen wegen fehlender wirtschaftlicher Unabhängigkeit die Zulassung zur Berufskammer entzogen wird. Dies sollte – z.B. wenn es im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung um hohe Steuernachforderung geht – immer im Blick behalten werden, wenn versucht wird, die Steuernachforderung mit dem Argument nach unten zu verhandeln, dass bei Realisierung der im Streit stehenden Steuerforderung Insolvenz droht. Hier ist unbedingt ein behutsames Vorgehen erforderlich.

Erfüllung der Forderung nach Antrag auf Insolvenzeröffnung

Wird die offene Steuerforderung ausgeglichen, wird grundsätzlich der Antrag des Finanzamts auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig (vgl. Nr. 2.2 zu § 251 AEAO, § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 InsO). War allerdings innerhalb der letzten 2 Kalenderjahre bereits ein Eröffnungsantrag gestellt worden, bleibt der Antrag trotz der Erfüllung des Anspruchs zulässig. Nicht notwendig ist es, dass der Antrag auf Insolvenzeröffnung vom demselben Gläubiger gestellt wurde. Die Finanzämter werden daher vom BMF aufgefordert, im Insolvenzantrag nicht nur auf eigene Voranträge, sondern auch auf dem Finanzamt bekannte Voranträge von dritter Seite beim Folgeantrag hinzuweisen.

Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters

Die häufigste Sicherungsmaßnahme nach einem Insolvenzantrag ist die Anordnung eines Vollstreckungsverbots sowie die Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung durch Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters. Je nach Umfang seiner Befugnisse wird zwischen einem starken und einem schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter unterschieden.

Spricht das Insolvenzgericht dem Schuldner gegenüber ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO aus, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über; wegen der damit verbundenen umfassenden Befugnisse wird vom „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter gesprochen.
Sieht das Insolvenzgericht (in der Praxis eher ausnahmsweise) vom Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots ab, bestimmt es die vom vorläufigen Insolvenzverwalter zu übernehmenden Rechte individuell. Die von einem solchen sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten stellen i. d. R. keine Masseverbindlichkeiten dar, d.h. sie sind nicht vorweg zu befriedigen, wie der BGH in seinem Urteil vom 18.7.2002 (IX ZR 195/01) entschied.

Der schwache vorläufige Insolvenzverwalter ist kein Vermögensverwalter i. S. d. § 34 Abs. 3 AO, sodass er während des Insolvenzeröffnungsverfahrens weder die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen hat noch erfüllen darf.

Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner, wenn diese Wirkung nicht schon zuvor durch die Einsetzung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters eintrat, die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen selbst zu verwalten und darüber zu verfügen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO).

Nicht zur Insolvenzmasse gehören folgende Gegenstände (insolvenzfreies Vermögen):

  • Unpfändbare Gegenstände i. S. d. § 36 InsO. Die Entscheidung, ob ein Gegenstand pfändungsfrei ist, trifft in Streitfällen das Insolvenzgericht. Grundsätzlich sind alle in § 811 ZPO gelisteten Gegenstände, z.B. Hausratgegenstände für eine bescheidene Haushaltsführung, pfändungsfrei.
  • Vermögen, das zu einer Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO gehört.
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