Hilfsmittel: Exoskelett bei Querschnittslähmung

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hatte zu entscheiden, ob die Versorgung mit einem ärztlich verordneten Exoskelett im Fall eines Versicherten, der nach einem Verkehrsunfall an einer Querschnittslähmung leidet, von der Krankenkasse sicherzustellen ist.

Im Jahr 2016 beantragte der Versicherte das Hilfsmittel erfolglos bei seiner Krankenkasse. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 100.000 Euro. Auch der Widerspruch bei der Krankenkasse und die Klage vor dem Sozialgericht blieben zunächst ohne Erfolg.

LSG bestätigt Anspruch auf das Exoskelett

Auf die Berufung des Versicherten hat das LSG nun die beklagte Krankenkasse verurteilt. Er habe einen Anspruch auf den unmittelbaren Behinderungsausgleich durch das Exoskelett nach § 33 SGB V. Es ersetze als orthopädisches Hilfsmittel die Funktion der Beine, in dem es das selbstständige Stehen und Gehen ermögliche.

Begründung des LSG

Bei der Frage, welche Körperfunktion ausgeglichen werde, sei nicht auf die durch die Querschnittslähmung verursachte Nervenschädigung und die damit verbundene Bewegungslosigkeit der Beine abzustellen. Weder das Exoskelett noch sonst ein auf dem Markt erhältliches Hilfsmittel sei derzeit in der Lage, dem Versicherten wieder ein willensgesteuertes Bewegen seiner Beine zu ermöglichen. Es gehe vielmehr – universeller betrachtet – um den Ausgleich der durch den körperlichen Schaden verlorengegangenen Funktion der Beine, die für den Menschen im Wesentlichen aus dem Stehen und Gehen bestehe.

Das Exoskelett ersetze diese beiden Funktionen. Der Versicherte lege es wie eine zweite Hose an, wähle auf der Fernbedienung das Programm "Stehen" und löse den Aufstehvorgang durch seine Vorwärtsneigung und sein Bewegen der Unterarmgehstützen aus. Wähle er das "Gehen" aus, werde dieses gleichermaßen ausgelöst. Das Gehen ende, sobald der Versicherte die Unterarmgehstützen nicht mehr bewege. Obwohl das Exoskelett – anders als mechatronische Prothesen wie z.B. das C-leg – kein Körperersatzstück sei, werde das Gehen bei beiden Hilfsmitteln auf ähnliche Weise ermöglicht. Ähnlich wie das Exoskelett müsse auch das C-Leg "angelegt" und vor der Nutzung der gewünschte Modus mit Hilfe der Fernbedienung gewählt werden. Vergleichbar seien auch Hörgeräte.

Hinweis: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 27.2.2020, L 5 KR 675/19 (Das LSG hat die Revision zugelassen.)

LSG Nordrhein-Westfalen
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