Entscheidungsstichwort (Thema)

Entziehung der Fahrerlaubnis. Fahreignung. Cannabis-Konsum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer THC-Konzentration unter 100 mg/ml ist eine Abgrenzung zwischen einmaligem und gelegentlichem Cannabis-Konsum nicht möglich.

2. Macht der betroffene Fahrerlaubnisinhaber einen lediglich einmaligen bzw. experimentellen Cannabiskonsum geltend, muss er seine Angaben im Verfahren nach § 80 V VwGO glaubhaft machen.

 

Normenkette

VwGO § 80; StVG § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 3; FeV § 46 Abs. 1, § 47 Abs. 1

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert beträgt 2500 EUR.

 

Gründe

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 07.01.2009 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 03.12.2008, durch die dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis entzogen und die Abgabe des Führerscheins innerhalb von drei Tagen nach Zustellung dieser Verfügung aufgegeben wurde, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung ordnungsgemäß damit begründet, dass das herausragende Vollzugsinteresse der Allgemeinheit, ungeeignete Kraftfahrer vom Straßenverkehr fernzuhalten, Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse des Betroffenen habe, bis zur Bestandskraft der Entziehungsverfügung von Vollziehungsmaßnahmen verschont zu bleiben. Diese Darlegungen genügen den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, zumal in Fahrerlaubnissachen der vorliegenden Art das öffentliche Interesse am Erlass der Entziehungsverfügung in aller Regel dem besonderen öffentlichen Interesse an der Anordnung der sofortigen Entziehung entspricht.

Die vom Gericht in der Sache zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen behördlichen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt demgegenüber regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

Dies zugrunde gelegt, kann der Antragsteller die Herstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs nicht beanspruchen, denn die Verfügung des Antragsgegners vom 03.12.2008 erweist sich im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Rechtslage sowie nach Maßgabe der derzeit vorliegenden Erkenntnisse als rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. den § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach ist demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen. Gemäß Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV ist bei einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis nicht mehr von der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges auszugehen, wenn eine Trennung von Konsum und Fahren nicht gegeben ist.

Vorliegend sind nach derzeitigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen einer fehlenden Eignung des Antragstellers zum Führen eines Kraftfahrzeuges nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt.

Aus dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 26.08.2008 ergibt sich, dass die dem Antragsteller am 22.07.2008 anlässlich einer Verkehrskontrolle in Neunkirchen entnommene Blutprobe Werte von 0,004 mg/l Tetrahydrocannabinol, 0,001 mg/l Hydroxy-THC und 0,038 mg/l Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure aufweist. Durch die THC-Konzentration von 0,004 mg/l = 4 ng/ml ist hinreichend belegt, dass der Antragsteller bei der Autofahrt vom 22.07.2008 unter fahreignungsrelevantem Cannabiseinfluss stand und auch nicht zur Trennung von Cannabiskonsum und Autofahren in der Lage ist.

Vgl. hierzu VG des Saarlandes, Beschlüsse vom 30.05.2008, 10 L 304/08, und vom 14.02.2008, 10 L 2082/07; im Weiteren eine Fahreignungsrelevanz und fehlendes Trennungsvermögen bereits bei einer im Anschluss an die Autofahrt unter Cannabiseinfluss gemessenen THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml annehmend: VGH Baden-Württemberg, zuletzt Beschlüsse vom 13.12.2007, 10 S 1272/07, DAR 2008, 277 und vom 27.03.2006, 10 S 2519/05, NJW 2006, 2135 ff; OVG Schleswig Holstein, Beschluss vom 07.06.2005, 4 MB 49/05, zitiert nach Juris; vgl. im Wei...

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