Leitsatz

  1. Macht die Wohnungseigentümergemeinschaft Beitrags- oder Schadensersatzansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend, sind die ihr entstehenden Prozesskosten gemäß § 16 Abs. 2 WEG von allen Wohnungseigentümern zu tragen; eine Freistellung des obsiegenden Wohnungseigentümers gemäß § 16 Abs. 8 WEG kommt nicht in Betracht
  2. Der Wirtschaftsplan kann nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen; nichts anderes gilt für den Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans
 

Normenkette

§§ 16 Abs. 2, Abs. 8, 28 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 WEG

 

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage wird ein Hotel betrieben. In der Versammlung der Eigentümer vom 5. Mai 2007 wird beschlossen, eine Sonderumlage für Brandschutzmaßnahmen zu erheben. Am 17. Mai 2008 wird ferner ein Beschluss über die Erhebung einer weiteren Sonderumlage für die Sanierung der Hotelküche gefasst. Alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme von W zahlen ihren Anteil an den Sonderumlagen. Eine gegen W gerichtete Klage auf Zahlung des auf ihn entfallenden Anteils weist das Landgericht Itzehoe mit (rechtskräftigem) Urteil vom 4. Februar 2010 ab, weil es die beiden Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen wegen mangelnder Bestimmtheit als nichtig ansieht. Die Kosten des Rechtsstreits erlegt es der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf.
  2. In der Versammlung der Eigentümer vom 1. Mai 2010 wird unter anderem die Abrechnung für das Jahr 2009 beschlossen, in der die Kosten des Rechtsstreits vor dem Landgericht Itzehoe auf alle Wohnungseigentümer anteilig verteilt wurden (TOP 3). Sodann werden im Hinblick auf die Entscheidung des Landgerichts Itzehoe erneut Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen für die Brandschutzmaßnahmen (TOP 13) und für die Küchensanierung (TOP 14) gefasst.
  3. W's gegen die Beschlüsse gerichtete Anfechtungsklage weist das Amtsgericht ab. Auf W's Rechtsmittel hin erklärt das Landgericht den zu TOP 3 gefassten Beschluss insoweit für ungültig, als W in der Einzelabrechnung anteilig mit den Kosten des Rechtsstreits belastet worden ist. Als Vorschussleistung seien die Prozesskosten zwar nach § 16 Abs. 2 WEG auf die Wohnungseigentümer zu verteilen. Für die endgültige Kostenverteilung gelte indes der Vorrang der Kostenentscheidung des Gerichts; danach habe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Kosten zu tragen und dürfe W nicht anteilig heranziehen. Bei den zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse stellt das Landgericht hingegen deren Nichtigkeit fest. Es bestehe keine Beschlusskompetenz, für abgerechnete und bereits bezahlte Maßnahmen eine Sonderumlage zu beschließen; insoweit könne eine Zahlungspflicht nur durch die Einzelabrechnung begründet werden.
  4. Mit ihrer Revision verfolgen die beklagten Wohnungseigentümer ihre Abweisungsanträge weiter. Mit Erfolg!
 

Entscheidung

I. Umlageschlüssel für Prozesskosten der Gemeinschaft

  1. Das Landgericht Itzehoe habe den zu TOP 3 gefassten Beschluss zu Unrecht insoweit für ungültig erklärt, als W in der Einzelabrechnung mit Prozesskosten belastet worden ist. Die Frage, ob die Kosten eines Rechtsstreits, den die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer führt, als Kosten der Verwaltung auf alle Wohnungseigentümer umzulegen sind, oder ob der beklagte Wohnungseigentümer hiervon auszunehmen ist, werde allerdings uneinheitlich beantwortet. Dabei gehe es zum einen um die Aufbringung der Mittel zur Erfüllung eines Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Wohnungseigentümers. Zum anderen sei auch die hier allein relevante Heranziehung des klagenden Wohnungseigentümers im Hinblick auf die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer selbst entstehenden Prozesskosten umstritten.
  2. Insoweit werde vertreten, der beklagte Wohnungseigentümer müsse sich an diesen Kosten nicht beteiligen und sei – auch von etwaigen Vorschusszahlungen – in seiner Einzelabrechnung freizustellen (Hügel, ZWE 2008, S. 265, 267 ff.). Nach anderer Ansicht seien zwar die Vorschüsse durch alle Wohnungseigentümer aus dem Verwaltungsvermögen aufzubringen und zunächst von allen Wohnungseigentümern zu tragen. Für die endgültige Verteilung solle jedoch die gerichtliche Kostenentscheidung maßgeblich sein (LG Bonn v. 17.8.2011, 5 S 77/11, ZMR 2011 S. 985, 986; Jennißen, NZM 2007, S. 510, 511). Nach überwiegender Ansicht handle es sich dagegen um Kosten der Verwaltung i.S.v. § 16 Abs. 2 WEG, an denen sich die Wohnungseigentümer ausnahmslos beteiligen müssten (Verweisung unter anderem auf LG München I v. 13.5.2013, 1 S 10826/12, NJW-RR 2013 S. 1285 ff.; Elzer in Riecke/Schmid/, WEG, 3. Aufl. 2010, § 16 Rn. 318a).
  3. Der Senat teile die überwiegende Ansicht jedenfalls insoweit, als die Kosten darauf beruhen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemeinschaftliche Beitrags- oder Schadensersatzansprüche geltend macht. Gegen die Einordnung solcher Prozesskosten als Kosten der Verwal...

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