Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung der Einfriedungsklausel der KfzHH-Bedingungen als primärer Risikobeschreibung.

2. Ein Betriebshof kann auch durch Bauzaungitter "eingefriedet" werden.

3. Es ist nicht grob fahrlässig, Zündschlüssel eines reparierten Kraftfahrzeugs in dem Büroraum einer Werkstatthalle aufzubewahren.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 28.09.2005; Aktenzeichen 14 O 163/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 28.9.2005 - 14 O 163/05, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für den Schadensfall vom 09./10.8.2005 - Entwendung eines Kundenfahrzeugs mit dem amtl. Kennzeichen NK-oooo von dem Hofgelände der Kfz-Werkstatt - in der S.Straße Remmesweiler Versicherungsschutz zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.000 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten wegen einer auf ihrem Betriebsgelände erfolgten Entwendung eines Kundenfahrzeugs.

Die Klägerin betreibt eine Karosserie- und Lackierwerkstatt. Seit November 1993 unterhält sie bei der Beklagten eine Kraftfahrtversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und Kraftfahrzeug-Handwerk, die eine Fahrzeugteilkaskoversicherung mit 300 DM Selbstbeteiligung umfasst (Versicherungsschein-Nr.: 11111; Bl. 46 d.A.). Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) in ihrer jeweils neuesten Fassung sowie die Sonderbedingungen zur Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und -Handwerk, Stand November 1980 (Bl. 48 d.A.), zugrunde. In der Anlage zum Versicherungsschein (Bl. 49 d.A.) heißt es:

Zur Handel- und Handwerkversicherung gilt zusätzliches folgendes vereinbart

(...) Außerhalb der gesetzlichen Öffnungszeiten sind fremde zugelassene Fahrzeuge, die sich in Werkstatt- bzw. Händlerobhut befinden sowie eigene und fremde nicht zugelassene Fahrzeuge nur in der verschlossenen Halle oder auf dem eingefriedeten und abgeschlossenen Betriebshof versichert.

Ende Juli 2002 beauftragte das Saarland (Landesbetrieb für Straßenbau) die Klägerin, Unfallschäden an einem Pkw der Marke Peugeot, Typ 406 Kombi, amtl. Kennzeichen NK-oooo, zu beseitigen. Nach der Durchführung der Reparaturarbeiten wurde das Fahrzeug auf dem Innenhof des Betriebsgeländes hinter der Werkstatthalle in verschlossenem Zustand abgestellt. Dieser Innenhof wird nach Feierabend durch ein Klapptor geschlossen. Seit dem 7.8.2002 vermisste die Klägerin den Zündschlüssel des Pkw's. Hierüber informierte sie die Fahrzeughalterin. Ferner bat sie diese um die Übermittlung eines Ersatzschlüssels. In der Nacht vom 9.8.2002 auf den 10.8.2002 wurde der Peugeot gestohlen. Täter war ein ehemaliger Praktikant der Klägerin. Dieser hatte auch den Zündschlüssel entwendet. Während sich dieser Zündschlüssel nach dem Vortrag der Klägerin in der Klageschrift in einem Büroraum befunden haben soll, hat der Geschäftsführer der Klägerin bei seiner Anhörung durch das LG bekundet, dass sich der Schlüssel in einem Schlüsselkasten in der Werkshalle befunden habe. Nach dem von dem Zeugen H.N. gefertigten Tatortbericht (Bl. 58, 59 d.A.), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 15.6.2005 war, hat der Geschäftsführer nach der Entwendung des Peugeots erklärt, der Schlüssel habe zusammen mit dem Kfz-Schein auf dem Schreibtisch des kleinen Büroraums gelegen. Bei seiner Anhörung durch den Senat hat der Geschäftsführer der Klägerin erklärt, er könne nicht mehr sagen wo sich der Schlüssel befunden habe, bevor man diesen vermisst habe. Der Täter selbst hat bei seiner Beschuldigtenvernehmung angegeben, er habe den entweder am Schlüsselbrett hängenden oder in einem Körbchen liegenden Zündschlüssel entwendet und sei dann mit dem Fahrzeug vom Hofgelände weggefahren. Am 11.8.2002 verursachte der Straftäter mit dem entwendeten Pkw einen Verkehrsunfall bei dem der Peugeot wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Zwischen dem 25.8.2002 und dem 9.9.2002 entwendete derselbe Täter weitere zwei Fahrzeuge von dem klägerischen Firmengelände. Wegen sämtlicher Fahrzeugdiebstähle ist er rechtskräftig verurteilt (Verfahren 21 Js 1882/02, 21 Js 1886/02, 21 Js 1887/02 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken).

Zur Zeit der Diebstahlereignisse fanden auf dem Gelände der Klägerin Erdarbeiten statt. In dem Tatortbericht ist insoweit festgehalten, dass man wegen dieser Erdarbeiten auf Umwegen auch aus dem Hofgelände herausfahren kann, wenn das Tor geschlossen ist. Weiter heißt es: "Als Besonderheit gibt der Werkstattinhaber V. an, dass im Laufe des vergangenen Mittwoch, also am 7.8.2002 tagsüber, die letzten Reparaturarbeiten an dem Pkw durchgeführt wurden. Danach lagen sowohl der Kfz-Schein als auch der Schlüssel hinter dem Tresen auf dem Schreibtisch des kleinen Büroraumes. Während der Kfz-Schein noch lieg...

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