Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobe Fahrlässigkeit bei Verlassen des Fahrzeugs und Steckenlassen des Schlüssels

 

Normenkette

VVG a.F. § 61

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Urteil vom 31.01.2008; Aktenzeichen 10 O 291/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.1.2008 verkündete Urteil des LG Rostock - 10 O 291/06 - abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 40.303,45 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer Kasko-Versicherung geltend und trägt vor, sein Fahrzeug sei ihm am 4.5.2005 in Danzig entwendet worden. Zu den Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, mit dem der Klage stattgegeben wurde. Der Einzelrichter führt zur Begründung aus, die Beklagte sei aus dem Kasko-Versicherungsvertrag zur Zahlung von 40.303,45 EUR verpflichtet. Der Diebstahl des Fahrzeugs stehe aufgrund der Aussage des Zeugen ... fest. Der Anspruch des Klägers sei nicht gem. § 61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadensfalles ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 VVG lagen nicht vor.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, das LG habe verkannt, dass der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe, indem er das Fahrzeug mit Zündschlüssel im Zündschloss sowie unverschlossen zurückgelassen habe. Der Kläger habe in der konkreten Situation keine Zugriffsmöglichkeit auf das Fahrzeug gehabt. Er habe sich auf der Beifahrerseite einige Meter von dem Fahrzeug entfernt. Deswegen habe er keine Möglichkeit mehr gehabt, dritte Personen an der Entwendung des Fahrzeuges zu hindern.

Ein Beschluss der OLG-Koblenz vom 15.12.2006 habe einen absolut gleichgelagerten Sachverhalt zum Gegenstand. Das OLG Koblenz habe die Leistungsfreiheit des Versicherers mit der Begründung bejaht, dem Versicherungsnehmer falle eine grob fahrlässige Herbeiführung der Entwendung des Fahrzeuges zur Last. Auch in jenem Fall habe der Geschäftsführer der Klägerin das Fahrzeug verlassen. Dieses sei unverschlossen geblieben und der Zündschlüssel habe im Zündschloss gesteckt. Das Fahrzeug sei zeitweilig der Aufmerksamkeit des Geschäftsführers der Klägerin entzogen gewesen und dieser habe erst reagiert, als es sich bereits in Bewegung gesetzt habe. Das LG habe unberücksichtigt gelassen, dass der Schadensfall sich in Polen ereignet habe. Dem Kläger habe bekannt sein müssen, dass das Risiko, in Polen Opfer eines Fahrzeugdiebstahls zu werden, besonders groß sei.

Überdies stehe der Klageforderung entgegen, dass die Beklagte wegen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei sei. Der Kläger habe falsche Angaben zu den Umständen der Entwendung gemacht und dadurch die Aufklärungspflicht des § 7 I (2) S. 4 AKB verletzt. Dem Versicherungsvertrag zwischen den Parteien hätten die AKB zugrundegelegen. Die Angaben des Klägers ggü. der Beklagten seien wahrheitswidrig gewesen und hätten im Widerspruch zu seinen Angaben ggü. der polnischen Polizei gestanden. In der Anlage zur Schadensanzeige habe der Kläger behauptet, er habe keine konkrete Erinnerung mehr an die Umstände des Schadenseintritts. Gegenüber den Polizeibeamten und Zeugen ... habe der Kläger konkrete Kenntnis über sämtliche Details der Entwendung gehabt. Die Angabe fehlenden Erinnerungsvermögens ggü. der Beklagten sei schlichtweg falsch. Jedenfalls beim Ausfüllen des Schadensformulars sei der Kläger Herr seiner Sinne gewesen. Der Kläger habe auch bewusst verschwiegen, dass er nach dem Verlassen des Fahrzeuges den Zündschlüssel im Zündschloss stecken gelassen und das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß verschlossen habe. Die objektiven Falschangaben des Klägers begründeten die Vermutung für vorsätzliches Fehlverhalten. Einen Nachweis für geringeres Verschulden habe der Kläger nicht gerührt.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil des LG Rostock abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass er das Fahrzeug verlassen habe, ohne den Zündschlüssel abgezogen zu haben. Der Kläger habe sich ständig in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges befunden. Unstreitig habe er sich bei dem anfahrenden Auto an der Tür festgehalten. Dem von der Beklagten zitierten Urteil liege ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde. Wenn der Kläger tatsächlich den Schlüssel im Zündschloss stecken gelassen habe, habe es sich hierbei um ein situation...

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