Rn 5

Grds kommen als Maßnahmen der Selbsthilfe nur solche in Betracht, die auch iRe hoheitlichen Verfahrens von staatlichen Organen vorgenommen werden können (vgl § 230 II–IV). Erforderlich (§ 230 I) ist das Mittel, das die Gefahr auf die mildeste Weise abwendet. Genügt die Wegnahme einer Sache, darf also keine Festnahme erfolgen. Selbsthilfe erfordert zielgerichteten Selbsthilfewillen (Karlsr GRUR-RR 08, 350, 351; aA Staud/Repgen Rz 41).

 

Rn 6

Objekte der Sachgewalt dürfen nur pfändbare (§ 811 ZPO) Sachen des Schuldners, die vollstreckungs- und arrestfähig (vgl § 230 II) sind, sein. Es muss also neben dem Arrestanspruch (vgl Rn 2) ein Arrestgrund (§ 917 ZPO) vorliegen. Das ist nur entbehrlich, wenn die Wegnahme einen offensichtlich rechtswidrigen Zustand beseitigt, bspw wenn der Eigentümer dem Dieb die Sache abnimmt (sog Befriedigungsselbsthilfe). Zudem ist die Wegnahme rechtmäßig, wenn sie erfolgt um die Identifizierung eines Schuldners zu ermöglichen und dadurch dessen Festnahme zu vermeiden (BGH NStZ 12, 144 [BGH 05.04.2011 - 3 StR 66/11]). Die Zerstörung oder Beschädigung von Sachen kommt grds nur als Nebenfolge der Anspruchsdurchsetzung in Betracht (Aufbrechen einer Tür), es sei denn, der Anspruch richtete sich gerade auf die Zerstörung einer Sache wie bspw bei der Beseitigung von Plagiaten.

 

Rn 7

Der Geschädigte kann grds von einem unbekannten Schadensverursacher Bekanntgabe der Personalien verlangen. Zur Sicherung steht ihm ein Festnahmerecht zu, wenn die Gefahr besteht, dass sich dieser der Feststellung seiner Personalien durch Flucht entziehen will (BGH NStZ 12, 144 [BGH 05.04.2011 - 3 StR 66/11]). Insoweit zeigt § 230 III (›sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird‹), dass eine nur kurzfristige Freiheitsentziehung unabhängig von den Voraussetzungen des § 918 ZPO und dem Arrestgrund iSv § 917 ZPO, insb drohender Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners, möglich ist (str).

 

Rn 8

Widerstand des zu einer Duldung verpflichteten Schuldners darf gebrochen werden. Aber auch das Selbsthilferecht unterliegt immanenten Schranken (BGH NJW 09, 2530 [BGH 05.06.2009 - V ZR 144/08] Rz 16: zu § 859), so dass das Sicherungsinteresse zurücktreten muss, wenn seine Durchsetzung zu völlig unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen insb an Leben und Gesundheit des anderen führte (vgl § 227 Rn 9; RGSt 69, 308, 311 ff; iE str). Stets hat Gewaltanwendung schonend zu erfolgen.

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