Entscheidungsstichwort (Thema)

Schnell biologisch abbaubar

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an irrtumsausschließende umweltbezogene Werbeaussagen gelten nicht nur in dem Rechtsverhältnis zu Endverbrauchern bei Produkten des täglichen Bedarfs, sondern grundsätzlich auch bei einer Werbung gegenüber Fachkreisen.

2. Eine Werbung mit dem Begriff "hohe Umweltverträglichkeit" kann irreführend sein, wenn dem Adressaten bei einer Vielzahl potentiell relevanter Beurteilungskriterien nicht offen gelegt wird, aus welchen Eigenschaften seines Produkts der Werbende diese Bewertung konkret ableitet.

3. Die Aussage "schnell biologisch abbaubar" ist ohne erläuternde Hinweise jedenfalls dann irreführend, wenn sich der Werbende zur Feststellung dieser Eigenschaft einer fachlich umstrittenen Analysemethode bedient hat, die zum Zeitpunkt der Werbung (im Gegensatz zur Vergangenheit) bei der Vergabe öffentlichkeitswirksamer Umweltabzeichen nicht mehr angewandt wird.

4. Im Bereich der umweltbezogenen Werbung müssen auch allgemein gehaltene Aussagen in sog. "Imageprospekten" den strengen Anforderungen der Rechtsprechung an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen standhalten, selbst wenn der interessierte Leser irrtumsausschließende Einzelangaben dem konkreten Produktdatenblatt entnehmen kann.

 

Normenkette

UWG § 5

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 04.04.2006; Aktenzeichen 312 O 795/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 4.4.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Verurteilung zu den Klageanträgen zu 2. bis 4. der Zusatz hinzugefügt wird:

"wenn dies wie in dem dem Beschluss des LG Hamburg vom 13.4.2006 in schwarz-weiss-Kopie als Anlage beigefügten 4-seitigen Werbefolder erfolgt."

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin 20 %, die Beklagten tragen 80 %. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Klägerin zu 30 %, den Beklagten zu 70 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 70.000 EUR abwenden, die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Hydraulikölen und Schmierstoffen. Die Klägerin vertreibt u.a. die Produktlinie P. SYNTH. Hierbei handelt es sich um vollsynthetische Hydrauliköle auf der Basis gesättigter Ester. Die Beklagten sind 3 Unternehmen, die sich zur sog. E. GROUP zusammengeschlossen haben. Sie stellen her und vertreiben ein Hydrauliköl mit dem Namen E., bei dem es sich ebenfalls um ein synthetisches Produkt handelt, und zwar auf der Basis von Polyalphaolefinen (PAO), das sie als "Bioschmierstoff" bezeichnen.

Die Beklagten bewerben ihr Produkt E. mit dem aus der Anlage K5 ersichtlichen Werbefolder, der der landgerichtlichen Entscheidung mit Beschluss vom 13.4.2006 (nachträglich) beigefügt worden ist. Hierin hatten sie ihr Produkt den angesprochenen Verkehrskreisen vorgestellt und u.a. als den "universellen Schmierstoff der Zukunft" angepriesen. Daneben haben die Beklagten ihrem Schmierstoff eine Reihe weiterer Eigenschaften beigelegt, gegen die sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage wendet.

In dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren 312 O 514/05 sind die Beklagten auf Antrag der Klägerin bereits mit einstweiliger Verfügung vom 1.7.2005 verpflichtet worden, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, in der Werbung für das Produkt E. zu behaupten

1. durch die Kombination der Eigenschaften eines vollsynthetischen und eines Bioschmierstoffs sei E. "der universelle Schmierstoff der Zukunft", wenn dies wie in dem diesen Beschluss in schwarz-weiss-Kopie als Anlage beigefügten 4-seitigen Werbefolder erfolgt;

und/oder

2. E. verfüge über Eigenschaften eines Bioschmierstoffs und hierbei anzugeben "hohe Umweltverträglichkeit, schnell biologisch abbaubar";

und/oder

3. der überragende Vorteil von E. gegenüber herkömmlichen Bioölen sei die bessere Verträglichkeit mit konventionellen Mineralölen;

und/oder

4. "schnell biologisch abbaubar (≫ 80 %)", ohne darauf hinzuweisen, dass die biologische Abbaubarkeit von E. in einem Test nach den Verfahren CEC-L-33 A- 93 geprüft wurde.

Nachdem die Beklagten das auf den Widerspruch gegen dieses Verbot von dem LG Hamburg am 30.8.2005 erlassene Urteil nicht als endgültige Regelung anerkannt hatten, hatte die Klägerin gegen die Beklagten das vorliegende Hauptsacheverfahren eingeleitet.

Die Klägerin beanstandet die Produktwerbung der Beklagten in der aus der Anlage K5 ersichtli...

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