Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 403 HKO 144/18)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 17.2.2020, Az. 403 HKO 144/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die Vergütung für die Tätigkeit des Gemeinsamen Vertreters erster Instanz zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird für die Bemessung der Gerichtsgebühren und der Vergütung des Gemeinsamen Vertreters auf EUR 247.848,53 festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die angemessene Barabfindung nach Ausschluss von Minderheitsaktionären.

Die Antragsteller sind ehemalige Minderheitsaktionäre der ... Aktiengesellschaft (im Folgenden: ... AG), deren Aktien im Wege eines sogenannten Squeeze out auf die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin übertragen wurden.

Die Aktie der Gesellschaft war im Freiverkehr der Hamburger Börse notiert. Für die drei Monate vor Ankündigung des Squeeze out lag der umsatzgewichtete Durchschnittskurs der Aktie bei EUR 14,35, wobei an weniger als einem Drittel der Börsentage Handel stattfand, jedoch keine Kursabweichungen von mehr als 5 % verzeichnet wurden.

Die Barabfindung wurde von der Antragsgegnerin auf Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme sowie der Beurteilung der vom Landgericht Hamburg bestimmten sachverständigen Prüferin auf EUR 11,66 je Aktie festgesetzt. Sowohl die Bewertungsgutachterin als auch die sachverständige Prüferin haben den umsatzgewichteten Dreimonats-Durchschnittskurs als Untergrenze einer angemessenen Abfindung verworfen, weil dieser wegen einer nicht gegebenen Informationseffizienz und der Illiquidität der Aktie nicht deren Verkehrswert widerspiegele.

Auf der Hauptversammlung der ... AG am 03.08.2018 wurde sodann die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf die Antragsgegnerin gegen eine Barabfindung von EUR 11,66 beschlossen. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 26.09.2019.

Gegen diese Festsetzung haben sich die Antragsteller im Wege des Spruchverfahrens vor dem Landgericht Hamburg gewendet.

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes 1. Instanz auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht äußerte keine Bedenken gegen die Ermittlung des Unternehmenswerts von EUR 11,66, setzte jedoch den durchschnittlichen umsatzgewichteten Börsenkurs im Referenzzeitraum von EUR 14,35 als Untergrenze einer angemessenen Barabfindung fest.

Das Landgericht führte hierzu aus, dass der Verkehrswert der Aktie, der regelmäßig mit dem Börsenkurs identisch sei, die Untergrenze einer wirtschaftlich vollen Entschädigung darstelle. Der ermittelte Börsenkurs sei aussagekräftig und nicht manipuliert worden. Auch im Freiverkehr der Hamburger Börse sei es dem einzelnen Aktionär möglich gewesen, seine Aktien zum Börsenwert zu verkaufen. Weder seien die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 WpÜG-AngebotsVO erfüllt, noch bestünden anderweitige Anhaltspunkte für eine Marktenge, infolge derer der einzelne Aktionär nicht zum Börsenkurs hätte deinvestieren können. Da im Referenzzeitraum insgesamt 15,1 % der Aktien im Freiverkehr tatsächlich gehandelt worden seien, sei von einem erheblichen Handel auszugehen. Die von der sachverständigen Prüferin erörterte Geld-Brief-Spanne von 4,78 % läge nicht so weit von der im Durchschnitt bei 75 % der im CDAX notierten Unternehmen beobachteten Geld-Brief-Spanne von maximal 3,57 %. Ohnedies sei diese Spanne bei einem nicht börsennotierten Unternehmen von begrenzter Aussagekraft.

Des Weiteren nahm das Landgericht an, dass etwaige spekulationsgetriebene Börsenkursentwicklungen der Festsetzung des Börsenkurses als Untergrenze ebenfalls nicht entgegenstünden, da sie nicht auf Börsenkursmanipulationen beruhen würden. Jedenfalls sei es nicht zu beanstanden solche im Kurs niedergeschlagenen Spekulationen zu berücksichtigen, die sich im durchschnittlichen Börsenkurs im dreimonatigen Referenzzeitraum vor der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme niederschlagen würden. Ferner hat das Landgericht ausgeführt, dass auch der Handel der Aktie im Freiverkehr zu keinem anderen Ergebnis führen würde, da die Aktionäre nicht weniger erhalten dürften, als sie es bei einer freien Deinvestitionsentscheidung hätten.

Gegen diese Entscheidung, die der Antragsgegnerin am 09.03.2020 zugestellt wurde, richtet sich die unter dem 09.04.2020 eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin. Diese wendet sich gegen die Festsetzung des durchschnittlichen Börsenkurses als Untergrenze für die Bemessung der Barabfindung.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der Börsenkurs im Referenzzeitraum keine Wertuntergrenze darstelle, da dieser nicht dem Verkehrswert der ...-Aktie entspräche.

Aktionäre hätten keinen allgemeinen Anspruch darauf, den Börsenkurs zu erhalten, sondern den wahren Wert der Aktie. Es sei nicht ausreichend, dass irgendeine Deinvestitionsmöglichkeit bestanden habe. Das nach Auffassung der An...

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