Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 04.12.2014; Aktenzeichen 11 O 75/13LG)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 4.12.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Duisburg abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 7.555,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 22.6.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden darüber hinaus verurteilt, als Gesamtschuldner an die Rechtsschutzversicherung des Klägers, die XXX Versicherungen, XXX, XXXX zur Schadensnummer XXX vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 661,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2013 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Der zulässigen Berufung den Beklagten bleibt der Erfolg versagt; dagegen muss das Anschlussrechtsmittel zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung führen.

Die Beklagten vermögen mit ihrem Rechtsmittel nicht die erstrebte Reduzierung der auf sie entfallenen Haftungsquote auf 50 % durchzusetzen. Darüber hinaus kann wegen der Anschlussberufung des Klägers die durch das LG ausgesprochene Quotierung, derzufolge seine Anspruchsberechtigung auf 90 % der Unfallschäden begrenzt sein soll, keinen Bestand haben. Der Kläger macht zu Recht geltend, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, seine unfallbedingten Vermögenseinbußen in vollem Umfang zu tragen.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Tatsachenaufklärung lässt sich entgegen der Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht feststellen, dass dem Kläger eine Vorfahrtverletzung bei der Einfahrt in den Kreisverkehr XXXstraße anzulasten ist. Ebenso wenig kann ihm ein unfallursächliches Beobachtungs- oder Reaktionsverschulden vorgehalten werden. Die von dem klägerischen Pkw ausgegangene Betriebsgefahr fällt angesichts des grob verkehrswidrigen Verhaltens der Beklagten zu 1) nicht mehr mit einer quotalen Eigenhaftung ins Gewicht. Die Beklagte zu 1) hat die Entstehung des Zusammenstoßes allein dadurch verschuldet, dass sie mit völlig überhöhter Geschwindigkeit den Kreisverkehr in dem Bestreben angesteuert hat, diesen unter Inanspruchnahme der gesperrten Mittelinsel in Geradeausrichtung zu überqueren. Ihr kam es darauf an, den Kreisel noch vor dem von rechts einfahrenden Kläger verlassen zu können und ihr überhöhtes Fahrtempo nicht im Hinblick auf die vorsichtige Einfahrgeschwindigkeit des Klägers reduzieren zu müssen.

In Anbetracht des gutachterlich ermittelten und durch das LG richtig festgestellten gleichzeitigen Eintreffens beider Beteiligter an der Kreisverkehrwartelinie kann weder dem Kläger noch der Beklagten zu 1) eine Vorfahrtverletzung als Unfallursache zum Vorwurf gemacht werden. Zwar beanstanden die Beklagten zu Recht, dass die Annahme des LG, die Beklagte zu 1) sei nicht mit mäßiger Geschwindigkeit an den vorgelagerten Fußgängerüberweg auf der XXXstraße herangefahren, für die Gewichtung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge der Beteiligten irrelevant ist. Allerdings verhilft dieser begründete Berufungsangriff dem Rechtsmittel der Beklagten weder ganz noch teilweise zum Erfolg.

Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen nur insoweit zugrunde zu legen, als nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Derartige Zweifel sind im vorliegenden Fall bezüglich der durch das LG ausgesprochenen Haftungsverteilung dem Grunde nach gegeben. Korrekturbedürftig ist die Feststellung im angefochtenen Urteil, dass der Kläger nur im Umfang von 90 % seiner unfallbedingten Vermögenseinbußen anspruchsberechtigt sein soll. Er beanstandet mit seiner Anschlussberufung zu Recht, dass diese Quotierung dem Umfang der wechselseitigen Verursachungsbeiträge nicht in der erforderlichen Weise gerecht wird. Vielmehr sind die Beklagten gesamtschuldnerisch in voller Höhe zum Ausgleich der Unfallschäden verpflichtet.

Dem Kläger hat nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Tatsachenaufklärung bei der Einfahrt in den Kreisverkehr keine Vorfahrtverletzung nach Maßgabe des § 8 Abs. 1a, Satz 1 StVO zum Nachteil der Beklagten zu 1) begangen. Die durch das LG ausgesprochene Haftungsverteilung beruht auf einer Verkennung der Vorfahrtregelung bei einem Kreisverkehr im Sinne der vorgenannten Bestimmung. Nach der insoweit zutreffenden Feststellung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils sind der Kläger und die Beklagte zu 1) gleichzeitig in den Kreisverkehr eingefahren (Bl. 8 UA; Bl. 191 d.A.). Aus diesem Geschehensablauf folgt jedoch entgegen der Würdig...

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