Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungswirkung von Obmanngutachten gegenüber einem Versicherungsmakler

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht keine Bindungswirkung eines Obmann-Gutachtens gegenüber der auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Versicherungsmaklerin, wenn der Versicherungsmaklervertrag vor Einholung des Obmann-Gutachtens beendet worden ist und die Versicherungsmaklerin nicht zur Herbeiführung eines Obmann-Gutachtens mit möglichst vorteilhaften Ergebnissen für die Versicherungsnehmerin verpflichtet gewesen ist.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1; VVG § 84 Abs. 1 S. 1; AFB 2002 § 15

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Urteil vom 30.09.2015; Aktenzeichen 7 O 1009/12 (149))

BGH (Aktenzeichen I ZR 206/16)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 30.09.2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das Urteil des LG Braunschweig vom 30.09.2015 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 113.916,95 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Beratungspflichten aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Maklervertrag in Anspruch.

Die Klägerin betreibt in B. ein Sägewerk, das u.a. aus einer größeren Produktionshalle besteht.

Seit den achtziger Jahren unterhielt die Klägerin eine Gebäude-Feuerversicherung bei der B. Landesbrandversicherungsanstalt, deren Rechtsnachfolgerin die Ö. Sachversicherung B. ist.

Im Jahr 1993 erfolgte durch einen von der B. Landesbrandversicherungsanstalt beauftragten Gutachter eine Gebäudewertschätzung, wobei im Rahmen dieser Schätzung zum damaligen Zeitpunkt der Gebäudewert für die streitgegenständliche Produktionshalle mit 14.000 M 1914 ermittelt und nachfolgend in den damaligen Versicherungsvertrag übernommen wurde.

Die Parteien schlossen am 29.07.1993 eine Maklervereinbarung, wonach das betriebliche Versicherungswesen umfassend von der Beklagten betreut bzw. verwaltet werden sollte (vgl. Anlage K 2).

Zum 01.01.1999 veranlasste die Beklagte eine Umdeckung der Feuerversicherung für Gebäude und Inhalt unter der Vers.-Nr... bei der Ö. Sachversicherung B.. Ausweislich des Versicherungsscheins der Ö. Sachversicherung B. vom 12.12.1999 (Anlage K 3) wurden die Gebäude- und Inhaltsversicherungen in einem Vertrag zusammengelegt und nach dem Deckungsmodell der Werkszuschlagsversicherung eingedeckt.

Im Jahr 2004 veranlasste die Beklagte eine Vertragsumstellung zu einem Gebäude-Feuerversicherungsvertrag zum gleitenden Neuwert, Versicherungsschein-Nr.:..., vom 24.09.2004. Versicherungsbeginn sollte der 01.10.2004 sein. Dem Vertrag lagen die allgemeinen Bedingungen für Feuerversicherung (AFB 2002) wie auch die besondere Vereinbarung zur gewerblichen Feuerversicherung zugrunde (Anlage K4). Die streitgegenständliche Produktionshalle wurde unter Position 1 "Sägewerk" auf dem Versicherungsschein mit dem Wert 1914 = 14.100 M aufgeführt.

In der Nacht vom 02. auf den 03.07.2008 kam es zu einem Brandschaden auf dem Betriebsgelände der Klägerin, wobei zwischen den Parteien streitig ist, inwieweit die Produktionshalle durch den Brand beschädigt wurde.

Unstreitig kam es bis zum Brand zu keiner Überprüfung des Gebäudewerts auf Veranlassung durch die Beklagte und die Beklagte regte eine solche Überprüfung auch nicht an.

Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien wurde nach dem Brand im Jahr 2009 beendet.

Die Ö. Sachversicherung B. beauftragte im Rahmen eines von ihr durchgeführten Sachverständigenverfahrens Herrn W. als Obmann mit der Erstattung eines Gutachtens, das dieser unter dem 03.05.2011 erstellte (Anlage K5). Herr W. ermittelte einen Neuwert-Nettoschaden in Höhe von insgesamt 384.338,68 EUR und einen Zeitwert-Nettoschaden von insgesamt 294.957,32 EUR. Als Zeitwert für die streitgegenständliche Produktionshalle setzte Herr W. einen Betrag in Höhe von 192.968,61 EUR an. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gutachten von Herrn W. Bezug genommen.

Die Klägerin nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Ersatz eines ihr angeblichen entstandenen Schadens in Höhe von 113.916,95 EUR wegen angeblicher Beratungsfehler in Anspruch.

Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Maklertätigkeit eine Überprüfung der zugrunde liegenden Versicherungssummen Wert 1914 hätte veranlassen müssen. Sie behauptet, dass bereits die Wertermittlung zur Versicherungssumme fehlerhaft gewesen sei. Der Wert 1914 habe 28.210 M betragen. Bei entsprechenden Ermittlungen durch einen Sachverständigen hätte die Klägerin eine entsprechend höhere Deckung abgeschlossen und erhalten. Ihr sei infolge der fehlenden Anpassung der Versicherungssumm...

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