Leitsatz (amtlich)

Haftung des Versicherungsmaklers für Aufklärungs- und Beratungsfehler, die zu einer Unterversicherung führen.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 398, § 249 ff.; VVG § 59

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Urteil vom 23.09.2010; Aktenzeichen 7 O 620/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Tübingen vom 23.9.2010 (7 O 620/04) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheitengleicher Hohe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 1.168.050,18 EUR

 

Gründe

Der Kläger macht gegen die Beklagte, eine Versicherungsmaklerin, Schadensersatzansprüche aus eigenem und aus abgetretenem Recht geltend. Er meint, die Beklagte habe ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt und deshalb die Unterversicherung eines Fensterbauunternehmens zu verantworten. Nach der Zerstörung des Unternehmens durch einen Brand hafte die Beklagte daher für den Schaden, der aufgrund des Einwands der Unterversicherung von den gewährten Versicherungsleistungen nicht erfasst werde.

Streitgegenständlich sind Unterversicherungen in der Gebäudeversicherung und in der Versicherung für Hochbau- und Betriebszubehör Feuer- und Elementarschadenversicherung (im Folgenden: Hochbau- und Betriebszubehör-Versicherung). Beide Versicherungen waren als Neuwertversicherungen abgeschlossen.

Die Familie des Klägers betreibt seit über 40 Jahren in B. ein Fensterbauunternehmen, zunächst als F.M. Fensterfabrik und seit 1995 als F.M. Fensterfabrik GmbH. Der Kläger und seine Brüder sind Gesellschafter der GmbH. Das von der Fensterfabrik gepachtete Betriebsgrundstück steht seit dem Jahr 2000 im Eigentum des Klägers. Zuvor gehörte es der Mutter des Klägers, später seinem Vater M. Das Fensterbauunternehmen ist vertraglich verpflichtet, die für das Betriebsgrundstück und den Gewerbebetrieb erforderlichen Versicherungen zu besorgen.

Die Beklagte war viele Jahre als Maklerin für den Kläger, dessen Familie und das Familienunternehmen tätig. Im Jahr 1991 schloss die F.M. Fensterfabrik mit der Beklagten einen Maklervertrag. Dieser war zunächst beschränkt auf Feuerversicherung und Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung (K 1, Bl. 16 d.A.). Im Jahr 1994 wurde der Maklervertrag auf den Bereich der ehemaligen Monopolversicherung (Gebäudebrand) erstreckt (K 2, Bl. 17 d.A.). Außerdem schlossen. G. und F.M. damals auch einen Maklervertrag "für die Prüfung und Verwaltung der bei der Gebäudeversicherung Baden-Württemberg AG bestehenden Verträge" (K 4, Bl. 19 d.A.).

Ab 1995 gingen die ursprünglich von der Firma F.M. Fensterfabrik bei der Würtembergischen Gebäudebrandversicherung als ehemaligem Monopolversicherer unterhaltene Gebäudefeuerversicherung und die Versicherung für Hochbau- und Betriebszubehör auf die Gebäudeversicherung Württemberg AG über. Am 19.7.1995 trat die F.M. Fensterfabrik GmbH in diesen Versicherungsvertrag als Versicherungsnehmerin ein.

Am 28.9.1998 schloss die F.M. Fensterfabrik GmbH mit der Beklagten einen neuen Versicherungsmaklervertrag (K 3, Bl. 18 d.A.). In diesem war ausdrücklich geregelt, dass die Beklagte bestehende und neu abzuschließende Versicherungsverträge der GmbH auf Richtigkeit, Zweckmäßigkeit der Vertragsgestaltung und Prämiensätze überprüfen und Versicherungsverträge vermitteln und verwalten sollte. Hierzu wurde die Beklagte bevollmächtigt, alle Verhandlungen mit den Versicherern zu führen sowie Versicherungsverträge zu kündigen, umzudecken oder neu abzuschließen.

Ab 1.1.1999 gab die Beklagte die Versicherungen für Gebäude und Hochbau- und Betriebszubehör gegen die Gefahren Feuer, Sturm/Elementar als "gebündelte Gebäudeversicherung" bei der T. Versicherung AG in Deckung unter 50%iger Beteiligung der Gebäudeversicherung Baden-Württemberg AG. In dem vorangegangenen Kündigungsschreiben hatte die Beklagte gegenüber der Gebäudeversicherung Baden-Württemberg AG unter Bezugnahme auf die bisherigen Verträge angegeben, die Versicherungssummen sollten unverändert bleiben (vgl. Kündigungsschreiben v. 29.9.1998, Anlage K 7, Bl. 25 d.A.). Gegenüber der T. Versicherung AG gab die Beklagte für das Gebäude eine Versicherungssumme von 4,31 Mio. DM an, für Hochbau- und Betriebszubehör eine Versicherungssumme von 4,55 Mio. DM (Anlage K 8, Bl. 26 d.A.). Dementsprechend stellte die T. den Versicherungsschein aus (Anlage K 9, Bl. 27 ff. d.A.).

Das Gebäude war zuvor wie folgt versichert:

  • im Jahr 1995 mit einer Versicherungssumme von 6.248.400 DM
  • im Jahr 1996 mit einer Versicherungssumme von 6.426.200 DM
  • im Jahr 1998 mit einer Versicherungssumme von 4.272.534 DM (vgl. Mitteilung der Gebäudeversicherung Baden-Württemberg AG, Anlage K 6, Bl. 23 d.A.).

Das Hochbau- und Betriebszubehör war im Jahr 1997 mit einer Versicherungssumme von 4.543...

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