Leitsatz

  1. Beschlussfassung auf Erwerb von "Schrottimmobilien" durch die Gemeinschaft entspricht nicht Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung
  2. Gleiches gilt bereits im Vorfeld hinsichtlich der Beschlussfassung über ein bereits Beratungskosten auslösendes Verhandlungsmandat mit dem Verkäufer
 

Normenkette

§§ 10 Abs. 6, 21 WEG

 

Kommentar

  1. Eine Gemeinschaft wollte von einer Eigentum-GmbH diverse, unverkäufliche Wohnungen erwerben und diese Eigentümerin dann auch von allen – auch rückständigen – Zahlungspflichten freistellen. Zu diesem Zweck sollten auch Verwaltung, Beirat und beauftragter Anwalt entsprechende Verhandlungen über die Einzelheiten notarieller Kaufverträge führen. Die entsprechenden Mehrheitsbeschlüsse über Vorbereitung und Ankauf dieser wertlosen Immobilien wurden angefochten, in 1. und 2. Instanz allerdings ohne Erfolg. Über sofortige weitere Beschwerde wurden vom Senat die Beschlüsse allerdings für ungültig erklärt.
  2. Vorliegend verstoßen diese Beschlüsse gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung im Interesse der Gesamtheit der Eigentümer nach billigem Ermessen aus objektiver Sicht. Insoweit ist nicht nur auf Gesichtspunkte einer Zweckdienlichkeit, sondern auch darauf abzustellen, ob eine beschlossene Maßnahme einen Inhalt hat, der mit der Grundordnung des Gemeinschaftsverhältnisses vereinbar ist, oder ob er den danach zulässigen Rahmen der Verwaltung sprengt (h.M.). Die Frage des unbestimmten Rechtsbegriffs einer "ordnungsgemäßen Verwaltung" ist auch eine Rechtsfrage, die der unbeschränkten Nachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegt.
  3. Zwar kann im Einzelfall die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums auch den Erwerb von Sondereigentum umfassen und einen Wohnungserwerb erforderlich machen (vgl. OLG Celle, FGPrax 2008 S. 143 und OLG Hamm, FGPrax 2010 S. 12). Angesichts des regelmäßig erheblichen finanziellen Aufwands für den Erwerb, der umzulegenden Folgekosten und des Mehraufwands, der innerhalb des Wirtschaftswesens entsteht, wird ein solcher Immobilienerwerb gerade auch in eigener Anlage grundsätzlich allerdings nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn ganz gewichtige, über bloße Zweckmäßigkeitserwägungen hinausreichende Gemeinschaftsinteressen für einen solchen Erwerb sprechen. Der Erwerb muss zur Erhaltung, Sicherung, Verbesserung oder zur gewöhnlichen Nutzung des Gemeinschaftseigentums oder des Verwaltungsvermögens erforderlich und geeignet sein (vgl. auch Basty, ZWE 2009, S. 253, 256); im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen jedoch zu verneinen, da die Erwerbe nicht in erster Linie der Verwaltung bzw. Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen sollten. Es ging vielmehr um wirtschaftlich wertlose und nicht veräußerbare Einheiten mit nachfolgend entsprechend höheren Hausgeldbelastungen der einzelnen Eigentümer nach § 16 Abs. 2 WEG. Insoweit ging es der Eigentümermehrheit ersichtlich allein darum, zahlungsunfähige Miteigentümer aus der Gemeinschaft zu entfernen, mehr oder weniger gegen symbolische Kaufpreise und unter gleichzeitiger Freistellung von allen rückständigen Zahlungsverpflichtungen (!). Dies kommt einer schlichten Entlassung aus dem Verband gleich und entspricht in wirtschaftlicher Hinsicht einem rechtlich nicht zulässigen Verzicht auf das Eigentum, der überdies durch die Befreiung von allen in der Vergangenheit gegenüber der Gemeinschaft entstandenen Verpflichtungen prämiert werden sollte.
  4. In gleicher Weise entsprach auch die Beschlussfassung auf Aufnahme auf den Erwerb gerichteter kostenträchtiger Verhandlungen nicht Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss v. 12.8.2010, I-15 Wx 63/10

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