Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragung einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Abt. I des Grundbuchs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft erstreckt sich auch darauf, als Eigentümerin in Abt. I des Grundbuchs eingetragen werden zu können.

2. Die ordnungsgemäße Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Auflassungserklärung kann nachgewiesen werden durch einen Eigentümerbeschluss, durch den der Verwalter zu dem Eigentumserwerb für die Gemeinschaft ermächtigt wird (§ 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG).

3. Ein solcher Eigentümerbeschluss ist von dem Grundbuchamt als wirksam zu behandeln, wenn der Eigentumserwerb im Rahmen der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung liegt. Davon kann bei einem Erwerb einer Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit in der eigenen Anlage ausgegangen werden.

4. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn dem Verwalter eine entsprechende Ermächtigung durch Vereinbarung erteilt wird.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 6 S. 1; GBO § 20

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 16.03.2009; Aktenzeichen 23 T 140/09)

AG Bad Oeynhausen (Beschluss vom 04.02.2009)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG -Grundbuchamt- Bad Oeynhausen vom 4.2.2009 werden aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin der beiden im Rubrum bezeichneten Teileigentumseinheiten (Tiefgaragen-Stellplätze) im Grundbuch eingetragen. Diese gehören zu der Wohnungseigentumsanlage, deren Verband die Beteiligte zu 2) ist. Hintergrund des Erwerbs der Teileigentumseinheiten durch die GbR war der im Rahmen der Bildung der Gemeinschaft getroffene Entschluss, die Stellplätze allen Miteigentümern zuzuordnen.

Die Beteiligten haben durch notariell beurkundete Erklärungen die Auflassung der Teileigentumseinheiten an die Beteiligte zu 2) erklärt und die Eintragung des Eigentumsübergangs in den Grundbüchern bewilligt und beantragt. Nach ihren Darlegungen haben hierbei alle in den Grundbüchern eingetragenen Miteigentümer, alle Gesellschafter der Beteiligten zu 1) sowie die amtierende Verwalterin der Beteiligten zu 2) mitgewirkt. Das Grundbuchamt hat, soweit jetzt noch von Interesse, den Antrag zurückgewiesen, das LG die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten. Hiergegen wenden sie sich mit der weiteren Beschwerde.

II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 78, 80 GBO statthaft sowie formgerecht eingelegt.

Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht, (§ 78 Satz 1 GBO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen. In der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung hingegen nicht stand.

Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen dahingehend begründet, dass die Beteiligte zu 2) trotz ihrer grundsätzlichen Rechtsfähigkeit nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden könne. Zum einen handele es sich bei dem Eigentumserwerb nicht um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern um ein die Grundlagen der Gemeinschaft betreffendes Rechtsgeschäft. Außerdem widerspreche die Eintragung der Gemeinschaft dem Gebot der Wahrung eines klaren und übersichtlichen Grundbuchbestandes. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass aus der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich auch ihre Fähigkeit folgt, als Inhaber eines dinglichen Rechts im Grundbuch eingetragen zu werden (BGH NJW 2005, 2061, 2065 zur Eintragung als Gläubiger einer Zwangshypothek). Diese Sichtweise hat sich der Gesetzgeber im Rahmen der WEG-Reform zu eigen gemacht (vgl. BT-Drucks.16/887 S. 56). Die Fähigkeit, als Eigentümer im Grundbuch, insbesondere in einem Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuch der eigenen Anlage, eingetragen zu werden, kann danach jedenfalls nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung zur Grundbuchfähigkeit des WE-Verbandes stelle ein "beredtes Schweigen" des Gesetzgebers dar, in welchem seine Ablehnung zum Ausdruck komme. Kann die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche dingliche Rechte erwerben, sprechen keine überzeugenden Gründe dafür, ihre Eintragungsfähigkeit als Eigentümerin in Abt. I des Grundbuchs abweichend von einer solchen als Grundpfandrechtsgläubigerin in Abt. III des Grundbuchs zu beurteilen.

Durchgreifende grundbuchverfahrensrechtliche Bedenken gegen die Eintragungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft in Abt. I des Grundbuchs bestehen nicht. Die Bezeichnung der Gemeinschaft als Berechtigte ist nunmehr in § 10 Abs. 6 S. 4 WEG n.F. geregelt. Die Eintragung begründet keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Grundbuchklarheit. Dass die Eintragung einer "In-sich-Mitgliedschaft" für eine mit der neuen Rechtsl...

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