Rz. 224
In der Praxis sicher weit relevanter ist der Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitsnehmers, wenn dieser die Berechtigung einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung bestreitet.
Rz. 225
Soweit der Weiterbeschäftigungsanspruch entweder im Wege einer einstweiligen Anordnung oder aber im Wege einer Entscheidung in der Hauptsache tituliert ist, handelt es sich grundsätzlich um eine unvertretbare Handlung i.S.v. § 888 ZPO. Nur der Arbeitgeber selbst und höchstpersönlich ist in der Lage, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigten, d.h. ihn an seinem bisherigen Arbeitsplatz mit Tätigkeiten zu versehen, die seinem bisherigen Tätigkeitsfeld entsprechen.
a) Bestimmtheit des Titels
Rz. 226
Als Vollstreckungstitel kommt jedes vorläufig vollstreckbare Urteil des Arbeitsgerichtes einschließlich eines Versäumnisurteils oder auch ein Beschluss im einstweiligen Verfügungsverfahren in Betracht.
Rz. 227
Im Hinblick auf die Zwangsvollstreckung muss schon im Erkenntnisverfahren beachtet werden, dass die Pflicht zur Weiterbeschäftigung im Einzelnen bestimmt bezeichnet sein muss, d.h. aus dem Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung muss hervorgehen, welche Aufgabe der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu übertragen hat. Der Inhalt der titulierten Weiterbeschäftigungspflicht kann nicht im Vollstreckungsverfahren geklärt werden. Um diesen Gesichtspunkten gerecht zu werden, ist es nach Auffassung des BAG erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Titel ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Titel demgegenüber nicht enthalten. Dafür reicht es aus, wenn das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, sich aus dem Titel ergibt oder sich in vergleichbarer Weise ergibt, worin die Tätigkeit bestehen soll. Andererseits können die Arbeitsbedingungen, unter denen die ausgeurteilte Weiterbeschäftigung zu erfolgen hat, nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren geklärt werden. Maßstab sind letztlich die Anforderungen an einen bestimmten Antrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Rz. 228
Ein Titel der eine Weiterbeschäftigung "zu unveränderten Arbeitsbedingungen" ausspricht, ist nur dann hinreichend bestimmt und damit als Titel in der Zwangsvollstreckung geeignet, wenn sich die bisher von dem Arbeitnehmer verrichtete Tätigkeit aus dem Tatbestand des Urteils gibt und hierüber kein Streit herrscht. So hat das LAG Rheinland-Pfalz etwa die bloße Bezeichnung der Tätigkeit als "Lagerleitung" für unzureichend erachtet. Ein Weiterbeschäftigungstitel, mit dem ein Arbeitgeber verurteilt wird, einen Arbeitnehmer "als Arbeiter" weiter zu beschäftigen, war dem LAG Baden-Württemberg für eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO jedenfalls dann ausreichend bestimmt, wenn die Art der Tätigkeit arbeitsvertraglich nicht näher konkretisiert war und diese nie im Streit stand. Die geschuldeten Handlungen für die Weiterbeschäftigung, die aus dem Vollstreckungstitel herzuleiten sind, ergeben sich bei einem Urteil aus dessen Tenor. Der Tatbestand und die Entscheidungsgründe können jedoch zur Auslegung hinzugezogen werden.
Rz. 229
Praxishinweis
Möchte der Arbeitgeber in Erfüllung der Weiterbeschäftigungspflicht den Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz versetzen oder mit anderen als in dem Vollstreckungstitel bezeichneten Tätigkeiten beauftragen, so kann der Arbeitgeber seine diesbezügliche materiell-rechtliche Position allein im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend machen. Gleiches gilt hinsichtlich anderer materiell-rechtlicher Einwendungen wie etwa einer weiteren Kündigung.
Rz. 230
Die Vollstreckung des Beschäftigungsanspruches kann nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG nur ausgeschlossen werden, wenn die Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber einen drohenden und nicht zu ersetzenden Nachteil erbringt und dies glaubhaft gemacht werden kann. Anderes soll allerdings gelten, wenn der Arbeitgeber erfolgreich materielle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Einspruch geltend macht, die erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstanden sind. In diesem Fall ist die Zwangsvollstreckung auch dann einzustellen, wenn kein besonderer nicht zu ersetzender Nachteil ersichtlich ist. In jedem Fall ist Voraussetzung, dass die Einwendungen gegen den titulierten Anspruch überwiegende Aussichten auf Erfolg bieten.