BGH: Wann die Wasserleitung Gemeinschaftseigentum ist

Versorgungsleitungen, die wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind, stehen zwingend im Gemeinschaftseigentum, soweit sie im Gemeinschaftseigentum verlaufen. Das gilt auch, wenn ein Leitungsstrang ausschließlich der Versorgung einer einzelnen Wohnung dient.

Hintergrund: Streit über Wasserleitung

Die Mitglieder einer WEG streiten darüber, ob eine Wasserleitung dem Sonder- oder Gemeinschaftseigentum zuzuordnen ist.

Zur Wohnung der klagenden Eigentümer (im Folgenden: Eigentümer) gehören Räume im Dachgeschoss. Diese werden durch eine Wasserleitung versorgt, die vor ihrem Eintritt in den Bereich des Sondereigentums in einer Dachabseite verläuft. Die Dachabseite gehört zum gemeinschaftlichen Eigentum. Durch eine Wandöffnung können die Eigentümer den sich in der Dachabseite befindlichen, ausschließlich ihre Einheit versorgenden Teil der Leitung sehen und erreichen.

In der Teilungserklärung heißt es:

„Gegenstand des Sondereigentums sind die in § 3 … bezeichneten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungserbbauberechtigten über das nach § 14 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Mithin gehören zum Sondereigentum:

e) die Wasserleitungen vom Anschluss an die gemeinsame Steigleitung an …“

Nachdem es zu Unstimmigkeiten darüber kam, wer für die Reparatur der Wasserleitung verantwortlich ist, beantragen die Eigentümer festzustellen, dass die in der Dachabseite befindliche Leitung im Gemeinschaftseigentum steht.

Entscheidung: Kein Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen

Der BGH gibt den Eigentümern Recht. Die in der Dachabseite befindliche Wasserleitung steht im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer.

Auf die Regelung in der Teilungserklärung, nach der die Wasserleitungen vom Anschluss an die gemeinsame Steigleitung an zum Sondereigentum gehören, kommt es allerdings nicht an. Durch eine Teilungserklärung kann Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes (§§ 93, 94 BGB), zu denen die innerhalb des Gebäudes verlegten Wasserleitungen zählen, nämlich nicht begründet werden.

Welche wesentlichen Gebäudebestandteile im Sondereigentum stehen, bestimmt sich allein nach den gesetzlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 bis 3 WEG. Der Teilungserklärung kommt dabei nur indirekte Bedeutung zu. Zum einen bestimmt sie, welche Räume Gegenstand des Sondereigentums sind, sodass die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile nach § 5 Abs. 1 WEG kraft Gesetzes ebenfalls Sondereigentum werden. Zum anderen kann sie Bestandteile, die nach § 5 Abs. 1 WEG im Sondereigentum stünden, dem Gemeinschaftseigentum zuordnen.

Den umgekehrten Weg, also die konstitutive Zuordnung von wesentlichen Gebäudebestandteilen zum Sondereigentum durch die Teilungserklärung, sieht das Gesetz hingegen nicht vor. Die Teilungserklärung kann die Grenze zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Sondereigentum nur zugunsten, nicht aber zuungunsten des gemeinschaftlichen Eigentums verschieben. Wesentliche Bestandteile, die nicht kraft Gesetzes im Sondereigentum stehen, sind vielmehr zwingend dem gemeinschaftlichen Eigentum zugeordnet.

Versorgungsleitungen bilden Einheit

Aus § 5 WEG ergibt sich, dass die in der Dachabseite befindliche Leitung im gemeinschaftlichen Eigentum steht.

Nach § 5 Abs. 1 WEG sind Gegenstand des Sondereigentums die zu den im Sondereigentum stehenden Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird.

Wann wesentliche Bestandteile des Gebäudes, die sich zwar im Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden, aber nur einer Sondereigentumseinheit dienen, im Sinne des § 5 Abs. 1 WEG zu den Räumen dieser Einheit „gehören“, ist umstritten. Teils wird ein räumlicher Zusammenhang des Bestandteils zu den Räumen für erforderlich gehalten, teils wird ein rein funktionaler, dienender Zusammenhang für ausreichend erachtet. Denkbar wäre auch, alle wesentlichen Bestandteile des Gebäudes, die sich außerhalb der im Sondereigentum stehenden Räume befinden, als gemeinschaftliches Eigentum anzusehen.

Diese noch ungeklärten Fragen zu § 5 WEG können hier allerdings offenbleiben, denn die Leitung, um deren Zuordnung die Parteien streiten, steht auch dann zwingend im Gemeinschaftseigentum, wenn man davon ausgeht, dass auch wesentliche Gebäudebestandteile, die sich außerhalb von im Sondereigentum stehenden Räumen befinden, sondereigentumsfähig sind. Bei dieser Prämisse folgt dies aus § 5 Abs. 2 WEG, wonach Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums sind.

Versorgungsleitungen lassen sich zwar bautechnisch in viele einzelne Teile zerlegen. Soweit sie sich im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden, sind sie rechtlich jedoch als Einheit anzusehen. Sie bilden ein der Bewirtschaftung und Versorgung des Gebäudes dienendes Leitungsnetz und damit eine Anlage im Sinne von § 5 Abs. 2 WEG. Dass einzelne Teile des Leitungsnetzes, die sich im räumlichen Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums befinden, nur eine Sondereigentumseinheit versorgen, bleibt für ihre dingliche Zuordnung außer Betracht.

Zu dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Versorgungsnetz gehören die Leitungen nicht nur bis zu ihrem Eintritt in den räumlichen Bereich des Sondereigentums, sondern jedenfalls bis zu der ersten für die Handhabung durch den Sondereigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit.

(BGH, Urteil v. 26.10.2012, V ZR 57/12)
 

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