IFRS IC Meeting Juni 2022 Überblick

Das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) hat eine arbeitsreiche Juni-Sitzung mit dem Ergebnis von 4 Agendaentscheidungen geführt. Weiterhin wurden 2 neue Themen zu IAS 21 – einerseits im Kontext zu IFRS 17 und andererseits zu IAS 29 – erstmalig diskutiert.

Das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) hat in seiner Juni-Sitzung vom 14. bis zum 15. Juni 2022 zu folgenden Themen eine finale Formulierung einer Agendaentscheidung vorgelegt:

Diese finalen Agendaentscheidungen stehen unter dem Vorbehalt des ausbleibenden Vetos seitens des IASB.

Agendaentscheidungen im Überblick

Nachfolgend werden die 4 IFRS IC Agenda Decisions zusammenfassend dargestellt:

  • Cash Received via Electronic Transfer as Settlement for a Financial Asset (IFRS 9): Fraglich war, wann per elektronischer Überweisung erhaltene Bargeldbeträge bilanziell anzuerkennen sind, wenn das elektronische Überweisungssystem mehr als einen Werktag in Anspruch nimmt. Im konkreten Fall war fraglich, ob Forderungen aus LuL zum Zeitpunkt des Beginns des Bargeldtransfers (Bilanzstichtag) auszubuchen sind oder erst zum Zeitpunkt der Abwicklung des Bargeldtransfers (nach dem Bilanzstichtag). Da im Sachverhalt weder ein finanzieller Vermögenswert gekauft noch verkauft wird (kein IFRS 9.3.1.2 regular way contract), ist IFRS 9.3.2.3a) anzuwenden ("when the contractual rights to the cash flows … expire").
  • Negative Low Emission Vehicle Credits (IAS 37): Gegenstand des überarbeiteten Staff paper aus November 2021 ist die Frage, ob durch eine Defizitposition bei Gutschriften für energy credits für produzierte/importierte Fahrzeuge bei einem PKW-Hersteller eine legal liability oder constructive obligation zum Ende einer Berichtsperiode entsteht. Im Kern ist das IFRS IC bei seiner vorläufigen Entscheidung aus Februar geblieben. Es wurde jedoch eine Gliederung für die umfangreiche Entscheidung sowie noch einige Klarstellungen zum finalen Text eingefügt. Nach Ansicht des IFRS IC hat ein Unternehmen, das PKWs produziert oder importiert, deren durchschnittlichen Kraftstoffemissionen über dem staatlichen Zielwert liegen, eine rechtliche Verpflichtung (legal obligation) nach IAS 37. Ob die Inkaufnahme einer Marktzugangsbeschränkung (sanction) eine realistische Alternative zur Beseitigung negativer Gutschriften ist, hängt von der Art der Sanktionen und den besonderen Umständen des Unternehmens ab. Es könnte sich jedoch eine faktische Verpflichtung (constructive obligation) ergeben, sofern (kumulativ)
    • die durchschnittlichen Kraftstoffemissionen über regulatorischen Vorgaben liegen und
    • Maßnahmen ergriffen wurden (z. B. eine öffentliche Erklärung), die bei anderen Parteien berechtigte Erwartungen geweckt haben, diese negativen Kredite zu beseitigen. 
  • SPAC: Classification of Public Shares as Financial Liabilities or Equity (IAS 32): IAS 32 enthält zum adressierten Fall keine Regelung und der Fall ist isoliert betrachtet zu eng gefasst (too narrow), damit der IFRS IC diesen kosteneffizient bearbeiten kann. Die Beurteilung, ob ein Unternehmen ein uneingeschränktes Recht hat, die Lieferung von Barmitteln zu vermeiden, wenn eine vertragliche Verpflichtung im Ermessen der Anteilseigner des Unternehmens liegt, wurde als eine der practise issues identifiziert, die das IASB im FICE (Financial Instruments with characteristics of Equity) Projekt adressieren wird.
  • Transfer of Insurance Coverage under a Group of Annuity Contracts (IFRS 17): Fraglich ist, wie nach IFRS 17.B119(a) die Deckungseinheiten zu ermitteln sind, um die gesamte contractual service margin (CSM) für eine Gruppe von Rentenversicherungsverträgen sachgerecht über die Perioden zu verteilen. Das IFRS IC ist bei der vorläufigen Entscheidung aus Februar 2022 geblieben. Da IFRS 17 keine Methode vorgibt, ist eine Methode zu verwenden, die dem Grundsatz in IFRS 17.B119 entspricht, die in jeder Periode erbrachten Leistungen des Versicherungsvertrags abzubilden. Dies ist nach Ansicht des IFRS IC die Methode der konstanten jährlichen Leistung, da der in jeder Periode gewährte Versicherungsschutz gewährleistet wird.

Erstmalig diskutierte Fälle

Weiterhin wurden die beiden folgenden Fälle erstmalig diskutiert:

  • Consolidation of a Non-Hyperinflationary Subsidiary by a Hyperinflationary Parent (IAS 21/IAS 29): Es stellt sich die Frage, wie ein Mutterunternehmen, dessen funktionale Währung die Währung eines Hochinflationslandes ist, ein ausländisches Tochterunternehmen zu konsolidieren hat, dessen funktionale Währung nicht die Währung eines Hochinflationslandes ist.
  • Multi-currency Groups of Insurance Contracts (IFRS 17/IAS 21): Der Fall betrifft die Bestimmung der Währung, in der ein einzelner Versicherungsvertrag bestimmt wird, wenn der Vertrag Zahlungsströme in mehreren Währungen enthält, und zu welchem Zeitpunkt diese Bestimmung vorgenommen wird. Ebenso, ob das Fremdwährungsrisiko ein Risiko ist, das bei der Bewertung "ähnlicher Risiken" (similar risks) zur Bestimmung von Portfolios von Versicherungsverträgen zu berücksichtigen ist.

Praxis-Tipp: IFRS IC Agenda Decisions sind von bilanzierenden Unternehmen zu beachten

IFRS IC Agenda Decisions haben verbindlichen Charakter, daher sind diese vom bilanzierenden Unternehmen zu beachten und – in angemessener ("sufficient") Zeit – umzusetzen. Die beiden branchenspezifischen Fälle zu IAS 37 und IFRS 17 sind daher von betroffenen Unternehmen auf Anwendbarkeit zu prüfen.


Diese Informationen könnten Sie auch interessieren:

FASB stoppt Projekt zur Einführung der planmäßigen Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts

ESMA-Enforcementreport 2021 veröffentlicht

Schlagworte zum Thema:  IFRS, IAS