Ist das Controlling der natürliche Feind von Innovationen?

Die Frage spiegelt ein altes Klischee vom Controller als Bremser dar. In seinem Vortrag „Effizientes Controlling in Forschung & Entwicklung“ widersprach Dr.-Ing. Gert Müller dieser Frage klar und zeigte, dass Controlling ein „wertvolles Instrument“ in F&E-Prozessen sein kann.

In alle Stufen des Entwicklungsprozesses integriert
Die Wieland-Werke AG ist ein namhafter Hersteller von Halbfabrikaten aus Kupfer und Kupferlegierungen mit rund 6400 Mitarbeitern und 14 Standorten. Die Forschung und Entwicklung im Bereich der Kupfer-Halbzeugherstellung sei in hohem Maße von börsennotierten Rohstoffen abhängig sowie kapital-, energie- und zeitintensiv. So ist beispielsweise für die Entwicklung eines Werkstoffes mit Kosten im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich zu rechnen.
Das Controlling im Hause Wieland ist laut Müller, Vice President Metal der Wieland-Werke AG, als „effektives Instrument auf operativer Ebene“, aber besonders auch auf der strategischen Ebene zur Steuerung und Koordination mehrerer Projekte im Einsatz. Die hohe Bedeutung des Controllings im Innovationsbereich sei daran zu erkennen, dass es eng an die zentrale F&E-Abteilung des Unternehmens angegliedert sei. „Das Controlling begleitet als ganzheitliches Steuerungsinstrument alle Stufen des Entwicklungsprozesses und ist elementarer Bestandteil der rollierenden Portfolio-Planung“, so Müller.

Wie werden Forschung & Entwicklung effektiver?
Müller berichtete von den Diskussionen, die in seinem Unternehmen in den vergangenen Jahren bezüglich der Forschung & Entwicklung geführt worden waren. Der Forderung einer wirkungsvolleren Forschung und Entwicklung folge oft keine Differenzierung, was genau dafür verbessert werden müsse. Dass sowohl Effektivität, Ergebnisqualität, Kosteneffizienz und Zeiteffizienz verbesserungswürdig seien, hält Müller für unmöglich. Der erste und wichtigste Schritt sei deshalb, Sprachregelungen zu finden und sich gemeinsam die bisherigen Leistungen von Forschung & Entwicklung im Unternehmen bewusst zu machen. Dieser Prozess sei zeitintensiv und könne mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Konkrete Zielumsetzungen wie eine Verringerung der Time to Market könnten in einem zweiten Schritt erfolgen. Durch eine serielle anstatt einer parallelen F&E-Arbeit sei bei den Wieland-Werken fast eine Halbierung der Time-to-Market möglich geworden. Um dies zu erreichen, sei eine Priorisierung der Projekte nötig.
Müller konnte dem Publikum zudem zahlreiche Hinweise auf Probleme mitgeben, mit denen er in seiner Tätigkeit zu kämpfen hatte. Ein Beispiel dafür ist die oft fehlende Verknüpfung von Kosten und Nutzen bei der Betrachtung von F&E-Projekten. Der monetäre Nutzen heute wird häufig nicht mit den Entwicklungskosten, die gestern aufgetreten sind, verknüpft. Daran seien schon viele Unternehmen gescheitert.
In seinem Fazit stellte der gelernte Ingenieur Müller nochmals klar, dass er die Auffassung anderer, das Controlling sei der natürliche Feind von Innovationen nicht teile. Vielmehr sei das Controlling immer das, was das Unternehmen selbst daraus mache und könne ein „wertvolles Instrument“ in F&E-Prozessen sein.

Der Referent
Dr.-Ing. Gert Müller ist. Er ist seit seinem Studium der Metallkunde mit anschließender Promotion an der Universität Stuttgart bei der Ulmer Unternehmensgruppe tätig.