Zusammenfassung

 
Überblick

Asbest – das Material der 1.000 Möglichkeiten, das Wundermaterial des 20. Jahrhunderts – hat wie wohl kein anderer Stoff den Wechsel vom Wunder zum Albtraum vollbracht. Zwischen etwa den 1960ern bis hin in die frühen 1990er ist es in vielen Häusern verbaut worden. Der Anwendungsbereich umfasst Zusätze als Brandschutz in Putz, Klebern, Zement, Isolierungen und noch viele weitere Verwendungen. Durch die Fasereigenschaften wurden die mechanische Belastbarkeit und der Brandschutz der Materialien erhöht, mit dem Ergebnis, dass Asbest als Universallösung für Baumaterialien galt. Leider sind die Fasereigenschaften auch für das hohe Risiko von Asbest verantwortlich – die Fasern lösen in der Lunge und am Rippenfell entzündliche Prozesse (Asbestose) aus und führen zu Lungenkrebs und Mesotheliomen sowie zu Ovarialtumoren. Die durch Asbest bedingten Erkrankungen bilden immer noch den Hauptanteil an den chemikalienbezogenen tödlichen Fällen bei den Berufsgenossenschaften, etwa 2.000 ehemalige Asbestarbeiter sterben immer noch jedes Jahr an den Folgen einer Asbestexposition.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Grundsätzlich sind sowohl nach REACH als auch nach der Gefahrstoffverordnung (Anhang I Nr. 2 sowie Anhang II Nr. 1) sämtliche Verwendungen von Asbest sowohl in Deutschland als auch in ganz Europa verboten. Ausgenommen davon sind ASI-Arbeiten an bestehenden Asbestprodukten. ASI steht für Abriss, Sanierung und Instandhaltung. Die Gefahrstoffverordnung zusammen mit der TRGS 519 definiert diese Begriffe in Bezug auf Tätigkeiten mit Asbest und asbesthaltigen Materialien. Diese Definitionen stimmen nicht vollständig mit den typischerweise im Bauwesen verwendeten Definitionen der identischen Begriffe überein. Daher ist gerade in der Kommunikation im Bausektor, wo man vor allem mit Asbest in Berührung kommt, Vorsicht geboten. Die Gefahrstoffverordnung mit den spezifischen Auslegungen in der TRGS 519 enthält die aus Gefahrstoffsicht zu beachtenden Regeln.

Neben diesen Regeln sind natürlich auch noch die Vorgaben des Baurechts und des Abfallrechts zu beachten.

1 Grundlagen

1.1 Bedeutung der Sicherheitsfachkraft (Sifa)

Die Gefährdungsbeurteilung von Asbest fordert neben der Fachkunde zur Gefährdungsbeurteilung, die jede Sifa besitzt, die Sachkunde nach TRGS 519 sowie eine der Tätigkeit entsprechende Ausbildung (die eine Sifa normalerweise auch hat).

Im Gegensatz zu den Anforderungen bei fast allen anderen Stoffen benötigt eine Sifa mit der Sachkunde also eine Zusatzqualifikation.

1.2 Arbeitsmedizin

Bei Tätigkeiten mit Asbest handelt es sich um Tätigkeiten mit einem nachgewiesenen Humankanzerogen. Daher ist die Beteiligung des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung notwendig. Dieser hat insbesondere sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig durch das Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung belastet werden. Es obliegt dem Betriebsarzt, über die chronischen Risiken zu informieren. Zudem muss er sicherstellen, dass die Arbeitnehmer verstehen, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen, inklusive der hygienischen Regeln und der Persönlichen Schutzausrüstung, essenziell sind, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen.

1.3 Technische Regel zu Gefahrstoffen 519

Die TRGS 519 legt die Gefahrstoffverordnung für Tätigkeiten mit Asbest aus und enthält alle generellen Regeln zum Umgang mit Asbest. Neben der TRGS 519 enthält die TRGS 517 weitere Regeln für Tätigkeiten mit mineralischen Produkten, die Asbest enthalten können. Diese sind aber nicht das Thema dieses Beitrags.

1.4 Gefahren von Asbest

Asbest ist ein hoch potentes Humankanzerogen. Es ist legal als Carc. 1A eingestuft und verursacht Lungen- und Rippenfellkrebs bei inhalativer Aufnahme. Die Latenzzeit bis zur Erkrankung beträgt üblicherweise 20–35 Jahre. Asbestfasern sind sehr fein und extrem lungengängig. Für Asbest existiert eine Exposition-Risiko-Beziehung (ERB) und in der TRGS 910 ist eine Akzeptanzkonzentration von 10.000 Fasern/m3 und eine Toleranzkonzentration von 100.000 Fasern/m3 festgelegt. Schon bei normalen Handwerkstätigkeiten ohne passende Schutzmaßnahmen können Luftkonzentrationen weit jenseits der Toleranzkonzentration auftreten.

Die Reaktionen auf den Fund von asbesthaltigen Materialien sind konträr. Die eine Seite verfällt sofort in Panik und sieht sich selbst und alle Personen in der Umgebung in tödlicher Gefahr, während die andere Seite mit den Achseln zuckt und das Problem ignoriert. Beide Reaktionen sind falsch: Asbest ist ein großes Risiko, wenn Fasern freigesetzt werden, aber eine Freisetzung und somit ein Risiko liegt nur bei mechanischer Beanspruchung vor. Der reine Aufenthalt in einem mit Asbest belasteten Gebäude führt somit nicht zu einer Gefährdung. Andererseits ist ein Ignorieren bei mechanischer Bearbeitung fatal und mitverantwortlich für die hohe Anzahl an Erkrankungen und Todesfällen.

1.5 Identifizieren von Asbest

Der wichtigste Schritt, um asbestbezogene Risiken eindämmen zu können, ist, das Vorhandensein von Asbest festzustellen. Dabei erfordert das Identifizieren von asbesthaltigen Produkten Erfahrung und einen Grundverdacht. Der Grundverdacht sollte zunächst bei allen Häusern beste...

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