Leitsatz (amtlich)
Eine gestundete Kaufpreisforderung, die innerhalb eines Jahres nach Verwirklichung des Grunderwerbsteuertatbestandes fällig wird, ist als Gegenleistung mit dem Nennwert zu bewerten.
Normenkette
GrEStG 1940 § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1; BewG 1974 § 12 Abs. 3, § 17 Abs. 2, 3 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 1. August 1980 ein bebautes Grundstück. Der Besitz sowie die Nutzungen und Lasten gingen am gleichen Tag über. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 1 100 000 DM, von dem 800 000 DM bis zum 15. Dezember 1980 und 200 000 DM bis zum 1. Juli 1981 gestundet waren.
Zwischen den Kaufvertragsparteien wurde gleichzeitig ein Mietvertrag abgeschlossen, ausweislich dessen die Klägerin der Verkäuferin (einer Bank) das Grundstück vermietete. Die Mietzeit sollte am 1. August 1980 beginnen und zwei Monate nach Ablauf des Monats enden, in dem die Verkäuferin das Grundstück geräumt habe. Die Vertragsparteien gingen davon aus, daß die Räumung etwa zum 30. September 1981 erfolgen werde. Spätestens sollte das Grundstück jedoch bis zum 31. Dezember 1981 geräumt werden.
Das beklagte Finanzamt (FA) setzte gegen die Klägerin aus einer Gegenleistung von 1 100 000 DM eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 77 000 DM fest.
Nach erfolglosem Einspruch hat die Klägerin Klage erhoben und geltend gemacht, daß sie nur 1 000 000 DM habe zahlen wollen. Der Vorstand der Verkäuferin, der an einen Aufsichtsratsbeschluß gebunden gewesen sei, habe aber auf einem Kaufpreis von 1 100 000 DM bestehen müssen. Um gleichwohl der Klägerin entgegenzukommen, seien erhebliche Kaufpreisteile gestundet worden und die Mietdauer über den Zeitpunkt der Räumung des Grundstücks hinausgeschoben worden.
Die Klägerin hat beantragt, die Grunderwerbsteuer auf 71 531,25 DM herabzusetzen.
Das Finanzgericht (FG) hat dahin entschieden (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1983, 187), daß die Grunderwerbsteuer auf 76 008,30 DM herabgesetzt werde. Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Gekürzt hat es den nominellen Kaufpreis lediglich um zwei Monatsmieten für die Zeit von der Räumung des Grundstücks bis zum Ende des Mietvertrages. Insoweit hat es eine verdeckte Kaufpreisminderung angenommen.
Mit ihrer Revision hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, daß der Kaufpreis unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 12,5 v. H. abzuzinsen sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen.
Vereinbart worden ist eine Gegenleistung von 1 100 000 DM. Diese ist (unter Berücksichtigung der vom FG angenommenen Kaufpreisminderung) mit dem Nennwert zu bewerten. Eine Abzinsung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zulässig. Dies ergibt sich aus dem im vorliegenden Fall anwendbaren § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Art. 2 des Vermögensteuer-Reformgesetzes vom 17. April 1974 (BewG). Nach dieser Vorschrift sind unverzinsliche Forderungen oder Schulden, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden, unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 v. H. abzuzinsen. Hieraus folgt, daß eine Abzinsung nicht vorzunehmen ist, wenn die Laufzeit wie im vorliegenden Fall weniger als ein Jahr beträgt.
Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber bei kurzfristig fällig werdenden Forderungen und Schulden eine Abzinsung nicht zugelassen hat. Die übereinstimmende Behandlung der sofort fälligen Forderungen und der kurzfristig fällig werdenden Forderungen würde nur dann gegen den Gleichheitssatz verstoßen können, wenn die Verschiedenheit der durch den Gesetzgeber gleich geregelten Fälle so bedeutsam wäre, daß ihre Gleichbehandlung bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unerträglich schiene (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 12. Januar 1967 1 BvR 169/63, BVerfGE 21, 73, 84). Dies aber ist nach der Auffassung des erkennenden Senats nicht der Fall.
Daß § 12 Abs. 3 BewG im vorliegenden Fall anwendbar ist, ergibt sich aus § 17 Abs. 2, 3, Satz 1 BewG. Die Neufassung des § 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die Anwendung der Reichsabgabenordnung und anderer Abgabengesetze (AO-AnwG) durch das Gesetz vom 20. Dezember 1976 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt - GVBl -, 325, BStBl I 1977, 2), durch das der Hinweis im bisherigen Recht auf die allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG entfiel, hat nicht etwa zur Folge gehabt, daß die allgemeinen Bewertungsvorschriften nicht mehr anwendbar sind. Der Hinweis konnte deshalb entfallen, weil bereits seit der Neufassung des § 17 Abs. 2, 3 BewG durch das Vermögensteuer-Reformgesetz eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Anwendung der allgemeinen Bewertungsvorschriften im Grunderwerbsteuerrecht vorhanden war (so auch die Auffassung der niedersächsischen Landesregierung, vgl. Landtags-Drucksache 8/2000, zu Art. 1 Nr. 1).
Auf § 109 Abs. 4 BewG vermag die Klägerin sich nicht mit Erfolg zu berufen. Diese Vorschrift gehört zum ersten Abschnitt der besonderen Bewertungsvorschriften, der gemäß § 17 Abs. 2 BewG nur nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze für die Grunderwerbsteuer galt. Die hier angesprochene nähere Regelung ist in § 12 des früher in Niedersachsen geltenden Grunderwerbsteuergesetzes enthalten gewesen. Danach war nur der Ansatz der Grundstückseinheitswerte in den vorgesehenen Fällen zulässig. Die Vorschriften über die Bewertung des Betriebsvermögens waren für die Grunderwerbsteuer bedeutungslos.
Fundstellen
Haufe-Index 426062 |
BStBl II 1985, 105 |
BFHE 1985, 171 |