" … Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Bekl. keine weiteren Invaliditätsleistungen zu erbringen hat. Grundlage für die Berechnung der Invaliditätsleistung sind nach Ziff. 2.1.2.2 AUB 02.02 die Versicherungssumme und der Grad der unfallbedingten Invalidität. Der von der Bekl. ihrer Abrechnung zugrunde gelegte Invaliditätsgrad von 5/20 Beinwert ist nach den überzeugenden Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen zutreffend."

Soweit der Kl. mit der Berufung geltend macht, dass neben den Untersuchungsergebnissen des Sachverständigen Dr. W auch die danach vorgenommene Sprunggelenksversteifung bei der Bemessung des Invaliditätsgrades zu berücksichtigen sei, ist dies aus zwei Aspekten verfehlt:

1. Der Kl. geht unzutreffend davon aus, dass es für die Bemessung seines Invaliditätsgrades auf den Zeitpunkt drei Jahre nach dem Unfall, also auf den 5.5.2011 ankomme.

Auf diesen Stichtag kann es allenfalls dann ankommen, wenn die Klage erhoben wird, solange bedingungsgemäß noch eine Nachprüfung der Invaliditätsfeststellung möglich ist. Eine solche Nachprüfung des Invaliditätsgrades ist (hier nach Ziff. 9.4 AUB 02.02) bis zu drei Jahre nach dem Unfall möglich, wenn der VR sie sich bei der Erstfeststellung vorbehalten hat bzw. wenn der VN sie drei Monate vor Fristablauf geltend macht. Streiten die Parteien über die Erstfestsetzung der Invalidität und ist eine Nachprüfung bedingungsgemäß noch möglich, so sind sie im Hinblick auf Gesundheitsveränderungen bis zum Ablauf der 3-Jahresfrist nicht auf ein außerprozessuales Nachprüfungsverfahren angewiesen, sondern können den Streit über den Invaliditätsgrad aus prozessökonomischen Gründen insgesamt im laufenden Verfahren austragen. Es kommt dann für die Frage der Invaliditätsbemessung auf den Gesundheitszustand am Ende der 3-Jahresfrist an (vgl. BGH VersR 2009, 1213; 2008, 527; Jacob, VersR 2014, 291, 292).

So liegt der Fall hier allerdings nicht. Der Kl. hat die Erstfeststellung seiner Invalidität, die die Bekl. mit Abrechnung vom 15.2.2011 vorgenommen hat, erst mit seiner Klage vom 21.6.2011 angegriffen. Zu diesem Zeitpunkt kam ein Nachprüfungsverfahren nicht mehr in Betracht, weil sich weder die Bekl. ein solches vorbehalten und noch der Kl. drei Monate vor Ablauf der 3-Jahres-Frist geltend gemacht hatte, dass die Invalidität i.S.d. Ziff. 9.4 AUB 02.02 neu festgestellt werden müsse. Der Klägervertreter wandte sich erst am 19.4.2011 und damit nach Ablauf der Dreimonatsfrist an die Bekl. Dabei verlangte er keine Nachprüfung bzw. Neubemessung, sondern wandte sich gegen die von der Bekl. vorgenommene Invaliditätsbemessung. Es ging ihm nur darum, diese Erstfeststellung bzw. die Invaliditätsbemessung von Dr. C in Frage zu stellen, weil er diese für unzutreffend hält. Insbesondere hat er vorprozessual nicht geltend gemacht, dass seit der Erstfeststellung Gesundheitsveränderungen eingetreten seien, die eine Neufestsetzung rechtfertigten.

Da ein Nachprüfungsverfahren nach alledem bei Klageerhebung bedingungsgemäß nicht mehr in Betracht kam, ist für die Invaliditätsfeststellung nicht auf den Stichtag drei Jahre nach dem Unfallereignis abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der letzten sachverständigen Untersuchung des Kl. durch den Sachverständigen Dr. C am 9.2.2011.

Zwar schreibt Ziff. 2.1.1.1 AUB 02.02. vor, dass die Invalidität binnen eines Jahres eingetreten sein muss, weshalb für die Erstfeststellung grds. auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist (BGH, VersR 1994, 971). Dies ist allerdings nur praktikabel, wenn sich der Gesundheitszustand des Versicherten innerhalb der Jahresfrist so verfestigt hat, dass die Bestimmung eines konkreten Invaliditätsgrades möglich ist – was angesichts langwieriger Heilverläufe häufig nicht der Fall ist. Wartet der VR in einem solchen Fall gem. Ziff. 9.1 AUB den Abschluss des Heilverfahrens ab und stützt seine Invaliditätserklärung auf ein danach im Einvernehmen mit dem Versicherten eingeholtes Gutachten, so ist davon auszugehen, dass sich beide Parteien mit dem Untersuchungszeitpunkt als maßgeblichem Stichtag einverstanden erklären (BGH a.a.O., Rn 20; OLG Hamm VersR 2001, 1549; VersR 1998, 1273).

So liegt der Fall hier: Die Bekl. hat nach Einholung eines ersten Gutachtens ihres Sachverständigen Dr. C die beim Kl. am 13.4.2010 vorgenommene Knochen-Knorpel-Transplantation bzw. den sich anschließenden Heilverlauf abgewartet, um ihre Invaliditätsfeststellung sodann auf die im Einvernehmen mit dem Kl. vorgenommene Untersuchung und Begutachtung am 9.2.2011 zu stützen. Vor diesem Hintergrund ist maßgeblicher Stichtag für die streitgegenständliche Erstfeststellung der 9.2.2011 und nicht der 5.5.2011.

2. Unabhängig vom richtigen Stichtag für die Erstfeststellung verkennt der Kl. außerdem, dass der Bemessung des Invaliditätsgrades zu diesem Zeitpunkt nicht sämtliche Tatsachen zugrunde zu legen sind, die danach bzw. im anhängig gemachten Rechtsstreit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen sind. Zwar sind in der Tats...

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