OFD Hannover, 11.4.2002, S 0015 - 85 - StH 561/S 0550 - 470 - StO 322

 

1. Allgemeines

§ 1 Satz 2 InsO stellt als eines der Verfahrensziele heraus, dass dem redlichen Schuldner die Gelegenheit gegeben wird, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien. Dadurch soll dem Schuldner erstmals ein Weg eröffnet werden, aus der „Nachhaftung” für Schulden herauszukommen.

Die grundsätzlichen Regelungen hierzu finden sich in den §§ 286 bis 303 InsO. Ausgenommen hiervon sind die Insolvenzverfahren, die mit einem Insolvenzplan § 217 ff. InsO) abgeschlossen werden. Hier tritt eine Restschuldbefreiung von Gesetzes wegen ein § 227 Abs. 1 InsO), soweit der Insolvenzplan keine abweichende Regelung vorsieht.

Von dem in den §§ 286 bis 303 InsO geregelten Verfahren ist darüber hinaus das Verbraucherinsolvenzverfahren der §§ 304 ff. InsO zu unterscheiden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 304 InsO (natürliche Person, die zum Zeitpunkt der Antragstellung keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt) wird zunächst der außergerichtlichen Einigung bzw. dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan Vorrang vor der gesetzlichen Restschuldbefreiung eingeräumt.

 

2. Voraussetzungen

 

2.1 Antragstellung des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung §§ 286, 287 InsO)

Begünstigter Personenkreis:

  • natürliche Person (Unternehmer, Verbraucher oder persönlich haftender Gesellschafter)

Zeitpunkt:

  • in Verbindung mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. zwei Wochen nach Hinweis des Gerichts § 287 Abs. 1 InsO)
 

2.2 Inhalt des Antrags

Dem Antrag ist die Erklärung beizufügen, dass der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt (Schuldner und Gläubiger, z.B. das FA, haben ein Vorschlagsrecht, vgl. § 288 InsO). Hatte der Schuldner diese Forderungen bereits vorher an einen Dritten abgetreten oder verpfändet, so ist in der Erklärung darauf hinzuweisen (vgl. insoweit § 114 InsO).§ 287 Abs. 3 InsO stellt sicher, dass etwaige in den Arbeitsverträgen vorgesehenen Abtretungsverbote die Abtretung nicht hindern. Entgegenstehende Abtretungsverbote gelten insoweit als unwirksam.

Bei Gewerbetreibenden ohne abtretbare Bezüge hat der Schuldner Beträge an den Treuhänder mindestens in der Höhe zu zahlen, die er bei Ausübung eines angemessenen Dienstverhältnisses aufzubringen hätte § 295 Abs. 2 InsO; Tz. 3.4).

 

2.3 Restschuldbefreiung bei Einstellung des Verfahrens

Im Falle der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann gemäß § 289 Abs. 3 InsO Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 InsO verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 InsO erfolgt (Deckung lediglich der Massekosten (Gerichtskosten, Ansprüche des Insolvenzverwalters sowie der Mitglieder des Gläubigerausschusses), nicht aber der sonstigen Masseverbindlichkeiten).

 

2.4 Versagung der Restschuldbefreiung

Die Restschuldbefreiung ist dem Insolvenzschuldner nach § 209 InsO zu versagen, wenn folgende, abschließend aufgezählte Gründe vorliegen:

  • Rechtskräftige Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat nach den §§ 283 bis 283c StGB.
  • In den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtig oder unvollständig gemachten Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse zur Erlangung eines Kredits oder öffentlicher Mittel oder um Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden (Tz. 3.1 zur praktischen Umsetzung im FA).
  • Erteilung einer Restschuldbefreiung oder deren Versagung nach den §§ 296, 297 InsO in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag.
  • Im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag vorsätzliche oder grob fahrlässige Beeinträchtigung der Befriedigung der Gläubiger durch Verschwendung von Vermögen, Verzögerungen der Einleitung des Insolvenzverfahrens ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage oder Begründung unangemessener Verbindlichkeiten.
  • Vorsätzlich oder grob fahrlässige Verletzung der Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten im Verfahren §§ 97, 98 InsO).
  • Vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben in den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens.
 

3. Verfahren

 

3.1 Prüfung des Vorliegens von Versagungsgründen

Hat der Schuldner im Rahmen des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung beantragt, hat das FA zu prüfen, ob einer der Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO vorliegt. Bejahendenfalls hat es im Schlusstermin § 197 InsO) den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen und hierbei den Versagungsgrund glaubhaft zu machen.

Das FA hat insbesondere zu prüfen, ob ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorliegt. Ein solcher ist beispielsweise gegeben b...

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