1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 113 BGB verleiht dem Minderjährigen für die Eingehung, Aufhebung oder Erfüllung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses die volle Geschäftsfähigkeit. Der gesetzliche Vertreter ist – anders als bei Vorliegen eines Generalkonses i. S. v. § 107 BGB – nicht mehr zum Abschluss von Rechtsgeschäften befugt.

2 Voraussetzungen

 

Rz. 2

Die Norm fordert die Ermächtigung des Minderjährigen durch den gesetzlichen Vertreter. Die Ermächtigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige und formfreie Willenserklärung, die an den Minderjährigen zu richten ist. Zwar kann sie konkludent erteilt werden, jedoch muss erkennbar sein, dass der gesetzliche Vertreter die Arbeitsaufnahme in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis billigt. Resignierendes Dulden reicht nicht aus.[1]

 

Rz. 3

Liegt eine Ermächtigung vor, kann sie vom gesetzlichen Vertreter ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Möglich ist auch eine von vornherein auf eine bestimmte Art der Arbeitstätigkeit oder auf spezielle künftige Arbeitgeber beschränkte Ermächtigung (Abs. 2).[2] Sowohl Rücknahme als auch Einschränkung unterliegen den gleichen Grundsätzen wie die Erteilung. Ebenso wie diese stellen sie einseitige, empfangsbedürftig Willenserklärungen dar, die formfrei gegenüber dem Minderjährigen abzugeben sind. Hinsichtlich der Rücknahme und Einschränkung ist dem gesetzlichen Vertreter ein Ermessen eingeräumt, bei dessen Ausübung er sich aber von seinen Erziehungs- und Sorgepflichten leiten lassen muss.[3]

 

Rz. 4

Handelt es sich bei dem gesetzlichen Vertreter um einen Vormund, kann die Ermächtigung nach § 113 Abs. 3 BGB bei Verweigerung auf Antrag des Minderjährigen durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Liegt die Ermächtigung im Interesse des Mündels, ist dem Antrag stattzugeben (Abs. 3 Satz 2).

 

Rz. 5

Der gesetzliche Vertreter muss den Minderjährigen dazu ermächtigen, in Dienst oder Arbeit zu treten. Darunter fallen alle Dienst-, Arbeits- und Werkverhältnisse. Ob es sich um unselbstständige Tätigkeiten handelt, ist unerheblich, sodass auch der selbstständige Handelsvertreter[4] von § 113 BGB erfasst wird.[5] Keine Anwendung findet die Vorschrift auf Berufsbildungsverhältnisse.[6] Hier steht nicht der Erwerbs-, sondern der Ausbildungszweck im Vordergrund.[7] Gleiches gilt für Praktikanten- und Volontärverhältnisse.

 

Rz. 6

Auf Beamten- und Wehrdienstverhältnisse wird § 113 BGB entsprechend angewandt.[8]

[1] BAG, Urteil v. 19.7.1974, 5 AZR 517/73, DB 1974 S. 2062.
[2] Soergel/Hefermehl, § 113 BGB, Rz. 8.
[3] MünchKomm/Spickhoff, § 113 BGB, Rz. 40; Staudinger/Klumpp, § 113 BGB, Rz. 41.
[7] Erman/Müller, § 113 BGB, Rz. 5; Palandt/Ellenberger, § 113 BGB, Rz. 2.
[8] BVerwG, Urteil v. 6.11.1969, II C 110.67, BVerwGE 34 S. 168; s. auch OVG NRW, Urteil v. 30.10.2019, 1 E 766/19, BeckRS 2019, 26345.

3 Rechtsfolge

 

Rz. 7

Eine wirksame Ermächtigung führt zu einer partiellen, sachlich abgegrenzten Geschäftsfähigkeit des Minderjährigen. Ausgenommen sind jedoch den Minderjährigen übermäßig belastende Vereinbarungen, hier muss der Minderjährigenschutz berücksichtigt werden.[1]

[1] ErfK/Preis, § 113 BGB, Rz. 7; Brill, BB 1975, S. 287.

3.1 Rechtsgeschäfte mit dem Arbeitgeber

 

Rz. 8

Erfasst werden zunächst alle Rechtsgeschäfte mit dem Arbeitgeber, die unmittelbar mit der Durchführung und Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses in Zusammenhang stehen. Neben dem selbstständigen Abschluss eines Dienst- oder Arbeitsvertrags ist der Minderjährige berechtigt, Vereinbarungen über Lohn und sonstige Arbeitsbedingungen zu treffen. Gleichzeitig kann er seinen Lohn mit befreiender Wirkung für den Arbeitgeber in Empfang nehmen sowie in Form von Stundung, Aufrechnung, Vergleich oder Verzicht über den Lohnanspruch verfügen.[1] Möglich ist zudem die selbstständige Kündigung des Dienst- oder Arbeitsvertrags, bzw. die wirksame Entgegennahme einer Kündigung seitens des Vertragspartners. Auch der Abschluss eines Aufhebungs- oder Änderungsvertrags bedarf keiner zusätzlichen Zustimmung.[2] Nicht von § 113 BGB erfasst werden allerdings außergewöhnliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei Wettbewerbsverboten und Vertragsstrafen hängt deren Wirksamkeit von ihrer Üblichkeit in der jeweiligen Branche ab.[3]

[1] Erman/Müller, § 113 BGB, Rz. 7 ff.
[2] ErfK/Preis, § 113 BGB, Rz. 10; MünchKomm/Spickhoff, § 113 BGB, Rz. 23.
[3] MünchKomm/Spickhoff, § 113 BGB, Rz. 21, 24.

3.2 Rechtsgeschäfte mit Dritten

 

Rz. 9

Entgegen dem Wortlaut erstreckt sich die Teilgeschäftsfähigkeit des Minderjährigen auch auf solche Rechtsgeschäfte, die das Dienst- oder Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar betreffen, jedoch notwendige Folge der Durchführung des Vertrags sind bzw. die den Minderjährigen in die Lage versetzen sollen, ein Arbeitsverhältnis in gewissem Umfang selbstständig zu begründen, inhaltlich frei zu gestalten und zu erfüllen.[1]

 
Praxis-Beispiel

So kann der Minderjährige u. a. zum Erreichen des Arbeitsplatzes notwendige Beförderungsverträge,...

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