Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellung bei Erstkommunion eines Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

  • Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Buchst. i MTB II wird der Arbeiter bei der Erstkommunion eines Kindes unter Fortzahlung des Lohns für einen Arbeitstag von der Arbeit freigestellt.
  • Die am Tag nach der Erstkommunion stattfindenden kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten begründen keinen Freistellungsanspruch; dies gilt auch dann, wenn die Erstkommunion auf einen dienstplanmäßig arbeitsfreien Tag fällt.
 

Normenkette

MTB II § 33 Abs. 2 S. 1 Buchst. i

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 17.01.1992; Aktenzeichen 12 (14) Sa 720/91)

ArbG Bonn (Urteil vom 12.06.1991; Aktenzeichen 3 Ca 963/91)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Januar 1992 – 12/14 Sa 720/91 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger am Tag der kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten, die aus Anlaß der Erstkommunion seiner Tochter stattfanden, Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit zustand.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Arbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) Anwendung, in dessen § 33 Abs. 2 es heißt:

“Der Arbeiter wird vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 aus folgenden Anlässen in nachstehendem Ausmaß unter Fortzahlung des Lohnes von der Arbeit freigestellt:

  • bei der Einsegnung, bei der Erstkommunion, bei einer entsprechenden religiösen oder weltanschaulichen Feier und bei der Eheschließung eines Kindes des Arbeiters – 1 Arbeitstag –,

Fällt in den Fällen der Buchstaben h bis k der Anlaß der Freistellung auf einen arbeitsfreien Tag, entfällt der Anspruch auf Freistellung.”

Am Sonntag, dem 7. April 1991, ging die Tochter des Klägers zur Erstkommunion. Dieser Tag war für den Kläger dienstplanmäßig arbeitsfrei. Der Kläger beantragte für Montag, den 8. April 1991, Arbeitsbefreiung zur Teilnahme an den an diesem Tag stattfindenden kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten. Die Standortverwaltung lehnte den Antrag ab. Der Kläger nahm daraufhin an diesem Tag Erholungsurlaub.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein tariflicher Anspruch auf Arbeitsbefreiung zu, weil die kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten Teil des Kommunionsritus seien. Er könne deshalb für diesen Tag nicht auf Erholungsurlaub verwiesen werden.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß dem Kläger Montag, der 8. April 1991, nicht auf den Erholungsurlaub angerechnet wird,

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Anspruch sei nicht begründet, weil die Erstkommunion auf den Sonntag und damit auf einen für den Kläger arbeitsfreien Tag gefallen sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Klage auf Feststellung, daß dem Kläger die Freistellung von der Arbeit am 8. April 1991 nicht auf den Erholungsurlaub anzurechnen ist, hat keinen Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts läßt sich nicht abschließend beurteilen, ob die Klage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig ist.

Nach dieser Vorschrift ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nur zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung besteht. Ist die Klage auf Feststellung des Bestehens eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur zulässig, wenn sich aus der Feststellung Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben. Andernfalls wird vom Gericht unzulässigerweise ein Rechtsgutachten für einen abgeschlossenen Sachverhalt verlangt (vgl. BAGE 54, 210 = AP Nr. 3 zu § 52 BAT). Die Feststellungsklage eines Arbeitnehmers, daß er an einem bestimmten Tag in der Vergangenheit von der Arbeit ohne Anrechnung auf den Jahresurlaub freizustellen gewesen sei, ist damit unzulässig, wenn sich aus der Feststellung keine Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben (vgl. BAG Urteil vom 8. Dezember 1992 – 9 AZR 113/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Im Streitfall begehrt der Kläger die vergangenheitsbezogene Feststellung, daß er am 8. April 1991 keinen Erholungsurlaub hatte, sondern aufgrund des § 33 Abs. 2 Satz 1 Buchst. i MTB II von der Arbeit freigestellt war. Da der auf Nachgewährung des angewendeten Urlaubstags gerichtete Anspruch des Klägers gemäß § 53 Abs. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 MTB II grundsätzlich am Ende des Kalenderjahres 1991 erloschen ist, könnten sich aus der beantragten Feststellung Rechtsfolgen für die Zukunft nur ergeben, wenn dem Kläger ein Ersatzurlaubsanspruch nach § 280 Abs. 1, § 284 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 BGB zustünde. Dies würde voraussetzen, daß der Kläger die Beklagte in Verzug gesetzt hat. Dies ist nicht durch die Klage geschehen, weil nach § 284 Abs. 1 Satz 2 BGB nur die Erhebung der Leistungsklage nicht jedoch die Erhebung der Feststellungsklage der Mahnung gleichgestellt ist. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger die Beklagte in sonstiger Weise in Verzug gesetzt hat. Damit läßt sich die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht abschließend beurteilen. Dies führt jedoch nicht zur Aufhebung des Berufungsurteils. Vielmehr ist die Revision zurückzuweisen, weil das Berufungsurteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 563 ZPO).

2. Der Anspruch des Klägers auf einen weiteren Tag Urlaub für das Urlaubsjahr 1991 ist jedenfalls durch die Urlaubsgewährung am 8. April 1991 erfüllt und damit erloschen (§ 362 BGB).

a) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Kläger habe keinen tarifvertraglichen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit am Montag, dem 8. April 1991, weil der Tag der Erstkommunion auf einen für den Kläger arbeitsfreien Sonntag gefallen sei und die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 Buchst. i MTB II für die Danksagungsfeierlichkeiten am darauffolgenden Tag keinen Freistellungsanspruch vorsehe.

b) Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Buchst. i MTB II wird ein Arbeiter vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 aus Anlaß der Erstkommunion oder einer entsprechenden religiösen oder weltanschaulichen Feier für einen Arbeitstag unter Fortzahlung des Lohnes von der Arbeit freigestellt. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck dieser Tarifnorm geben einen Anlaß zu der Annahme, daß die Arbeitsbefreiung auch für den Tag der kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten zu erteilen ist.

aa) Der Tag der kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten ist nicht ausdrücklich als Anlaß für eine Freistellung von der Arbeit genannt. Soweit die Tarifvorschrift die Erstkommunion als Freistellungsgrund nennt, kann daraus nicht gefolgert werden, damit seien auch die einen Tag später stattfindenden kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten gemeint. Es ist davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien den Begriff Erstkommunion so verstanden wissen wollen, wie er im Bereich der katholischen Kirche üblich ist. Verwenden Tarifvertragsparteien einen auch sonst üblichen Begriff ohne erläuternden Zusatz, so ist davon auszugehen, daß sie den Begriff im allgemein üblichen Sinn verwenden wollen (ständige Rechtsprechung seit BAGE 5, 338, 341 = AP Nr. 13 zu § 1 TVG Auslegung). Unter der Erstkommunion versteht man das Spenden des so bezeichneten Sakramentes (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Dezember 1992, zum wortgleichen § 52 Rz 70). Die kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten folgen diesem Akt nach. Sie werden daher nicht vom Tarifbegriff der Erstkommunion umfaßt. Als “Danksagungsfeierlichkeiten” setzen sie, wie sich aus ihrer Bezeichnung ergibt, die Sakramentserteilung voraus und sind dieser nach Art und Bedeutung nicht gleichzusetzen. Finden sie an einem Tag nach der Sakramentserteilung statt, ist dieser Tag nicht der Tag der Erstkommunion im Tarifsinne. Für diese Auslegung spricht auch, daß die Tarifvertragsparteien für die Erstkommunion nur einen Tag Arbeitsfreistellung gewährt haben, obwohl davon auszugehen ist, daß ihnen die üblicherweise am Tag danach stattfindenden kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten bekannt waren. Hätten sie auch für diesen Tag eine Freistellung von der Arbeit gewähren wollen, so hätten sie für zwei Tage Arbeitsbefreiung vereinbart. Dies ist jedoch nicht geschehen. Darüber hinaus haben die Tarifvertragsparteien gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 MTB II ausdrücklich festgelegt, daß der Anspruch auf Freistellung entfällt, wenn die Erstkommunion auf einen arbeitsfreien Tag fällt. Auch damit wird klargestellt, daß grundsätzlich nur der Tag der Erstkommunion selbst zur Freistellung führen und dieser Anspruch entfallen soll, wenn der Tag, an dem die Erstkommunion stattfindet, wie im vorliegenden Fall, auf einen arbeitsfreien Tag fällt. Damit kann aus dem Tarifbegriff der Erstkommunion kein Freistellungsanspruch für die kirchlichen Danksagungsfeierlichkeiten hergeleitet werden.

bb) Bei den Danksagungsfeierlichkeiten handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine entsprechende religiöse oder weltanschauliche Feier i. S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 Buchst. i MTB II. Wortlaut und Systematik dieser Tarifbestimmungen zeigen, daß damit eine der Einsegnung (Konfirmation) bzw. Erstkommunion entsprechende Feier einer anderen Religions- oder weltanschauungsgemeinschaft gemeint ist (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, aaO, § 52 Rz 70).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Jobs, Dr. Armbrüster, Ramdohr, Schwarck

 

Fundstellen

Haufe-Index 846769

NZA 1993, 1003

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