Voraussetzung für die Gewährung von Sonderurlaub ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes aufseiten der bzw. des Beschäftigten. Damit wird klargestellt, dass nicht jedes persönliche Interesse der/des Beschäftigten ausreicht, um dauerhaftes Fernbleiben vom Dienst zu rechtfertigen. Vielmehr muss das mit der Freistellung verfolgte Ziel auch bei objektiver Betrachtungsweise hinreichend gewichtig und schutzwürdig sein.[1] Ob ein wichtiger Grund i. S. v. § 28 TVöD vorliegt oder nicht, ist somit nach der objektivierten Interessenlage des Beschäftigten zu beurteilen.

Als wichtiger Grund sind u. a. anzuerkennen:

  • Berufsqualifizierender Abschluss bzw. Aufnahme oder Fortführung eines Fach- oder Hochschulstudiums,

     
    Praxis-Beispiel

    Ein teilzeitbeschäftigter Grundschullehrer möchte auf der Grundlage seines Abschlusses der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen Sonderurlaub für den beamtenrechtlichen Vorbereitungsdienst für die Laufbahn als Realschullehrer in Anspruch nehmen.[2]

  • Promotion, Besuch von Fortbildungsveranstaltungen,[3]

     
    Praxis-Beispiel

    Eine Beschäftigte, die eine Fortbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin anstrebt, hat grundsätzlich einen wichtigen Grund vorzuweisen. Ist es ihr jedoch aufgrund der Familienverhältnisse und sonstigen Verpflichtungen möglich, auch Abendkurse zu besuchen, so ist dies im Einzelfall trotz der längeren Ausbildungszeit ein Fall, in dem kein wichtiger Grund gegeben ist.

  • Umschulung, wenn der Arbeitnehmer in seiner bisherigen Tätigkeit dauerhaft arbeitsunfähig gewesen ist. Dies gilt selbst dann, wenn mit dem erstrebten Abschluss die Weiterbeschäftigung bei dem den Sonderurlaub gewährenden Arbeitgeber unsicher oder ausgeschlossen erscheint,[4]
  • Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation, die nicht von § 22 TVöD i. V. m. § 9 EFZG erfasst werden,
  • Kurzwehrdienst ausländischer Beschäftigter, für die weder die Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes noch die einschlägigen Vorschriften des EG-Rechts Anwendung finden,[5]
  • Teilnahme an Rehabilitationslehrgängen wie z. B. Mobilitätstraining für Blinde, Geh- und Armschullehrgänge von schwer behinderten Bediensteten,
  • Entsendung von Beschäftigten in öffentliche, zwischen- oder überstaatliche Organisationen,
  • Freistellung für Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern z. B. aufgrund eines im dienstlichen oder betrieblichen Interesse liegenden Personalabbaus,
  • Übernahme von Aufgaben der Entwicklungshilfe,
  • Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres,
  • Kollision der Arbeitspflicht mit einer weiteren öffentlich-rechtlichen oder in sonstiger Weise anerkennenswerten Pflicht,[6]
  • politisches Mandat.[7]

Familiäre Gründe des Beschäftigten:

Ebenfalls einen wichtigen Grund i. S. d. § 28 TVöD dürfte die früher in § 50 Abs. 1 BAT geregelte und praktisch bedeutsame Betreuung oder Pflege von mindestens einem Kind unter 18 Jahren oder eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen darstellen. Obwohl in § 28 TVöDnicht mehr ausdrücklich erwähnt, ist davon auszugehen, dass dieser Sonderfall der Beurlaubung aus familiären Gründen vor dem Hintergrund der objektivierten Interessenlage des Beschäftigten auch weiterhin als schutzwürdig anzusehen ist.[8] Dies gilt umso mehr, als der politische Stellenwert und die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Kindererziehung und privaten Pflege in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen haben. Für eine Subsumtion der bisher unter dem Stichwort "familiäre Gründe" gefassten Gründe unter die Generalklausel § 28 TVöD spricht schließlich auch, dass unter der bis zum 1.1.1996 geltenden Vorgängerregelung des § 50 Abs. 1 BAT, die wie § 28 TVöD als Generalklausel ausgestaltet war, die Betreuung von Kindern unter Hinweis auf Art. 6 GG als wichtiger Grund anerkannt wurde.[9]

Kindesbetreuung

Vom Vorliegen eines wichtigen Grundes ist deshalb nach wie vor auszugehen, wenn der Beschäftigte ein minderjähriges Kind tatsächlich betreut oder pflegt. Der Begriff "Kind" ist im TVöD nicht definiert. Entsprechend den Überleitungstarifverträgen TVÜ-Bund und TVÜ-VKA (dort jeweils § 11) kann jedoch insoweit auf das Bundeskindergeldgesetz und damit auf die in § 2 BKGG enthaltene Legaldefinition Bezug genommen werden. Die Betreuung oder Pflege eines Kindes kann der Beschäftigte demnach dann als "wichtigen Grund" i. S. d. § 28 TVöD geltend machen, wenn es sich handelt um:

  • im ersten Grad mit dem Beschäftigten verwandte Kinder (eheliche, für ehelich erklärte, nichteheliche Kinder sowie angenommene Kinder nach § 1754 BGB),
  • Kinder des anderen Ehegatten, sofern sie in den Haushalt des Beschäftigten aufgenommen sind,
  • Pflegekinder, d. h. in Anlehnung an § 32 Abs. 1 Ziffer 2 EStG solche Personen, mit denen der Beschäftigte durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinen Haushalt aufgenommen hat und mindestens zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhält und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zwischen diesen Personen und ihren Eltern nicht mehr besteht,
  • von ...

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