Das Tätigkeitsmerkmal "selbstständige Leistungen" ist in den Entgeltgruppen 7, 8, 9a und 9b Fallgr. 3 des Teils I der Entgeltordnung vorgesehen.

Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff der selbstständigen Leistungen in der Protokollerklärung Nr. 4 zu Teil I definiert. Dort heißt es:

"Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen."

 
Hinweis

Beachten Sie, dass sich der tarifliche Begriff der "selbstständigen Leistungen" grundlegend von dem Begriff „selbstständiges Arbeiten” im Sinne des üblichen Sprachgebrauches unterscheidet. Selbstständig arbeiten, d. h. ohne direkte Anleitung, Aufsicht oder Weisung tätig zu sein, bedeutet nicht selbstständige Leistungen im Sinne des Tarifmerkmals.[1]

Unter selbstständiger Leistung ist eine Gedankenarbeit zu verstehen, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, wie insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses eine eigene geistige Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Eine leichte geistige Arbeit genügt nicht. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen sind ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Vom Beschäftigten werden Abwägungsprozesse verlangt, es werden Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt. Der Beschäftigte muss also unterschiedliche Informationen verknüpfen, untereinander abwägen und zu einer Entscheidung kommen. Dieser Prozess geistiger Arbeit kann bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen.[2] Anschaulich hat das BAG hierzu ausgeführt: "Geistige Arbeit wird also geleistet, wenn der Angestellte sich bei der Arbeit fragen muss, wie es nun weitergeht, worauf es nun ankommt, was als nächstes geschehen muss."[3]

So liegen selbstständige Leistungen z. B. dann vor, wenn der Beschäftigte alternativ entscheiden muss, welche Rechtsvorschriften im Einzelfall anzuwenden sind. Des Weiteren, wenn vorgegebene oder zu ermittelnde Daten und Fakten im Rahmen von Fachkenntnissen in ein neues Ergebnis umgewandelt werden.

Allein der Umstand, dass es sich bei der Ausübung der Tätigkeit um Normvollzug handelt, steht dem Vorliegen von selbstständigen Leitungen nicht entgegen. Dies gilt insbesondere, wenn die zu vollziehenden Normen unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten und/oder Ermessensspielräume eröffnen. Etwas anderes kann aber gelten, wenn es für den Vollzug detaillierte Handlungsanweisungen gibt, die die Beurteilungs- und Ermessensspielräume maßgebend einschränken und die erforderlichen Abwägungsprozesse – im Wesentlichen- vorwegnehmen.[4]

Die Unterschriftsbefugnis ist kein notwendiges Erfordernis der Selbstständigkeit.[5] Besteht allerdings eine Unterschriftsbefugnis, ist i. d. R. davon auszugehen, dass auch eine selbstständige Leistung vorliegt. Denn die Unterschriftsbefugnis ist ein Kennzeichen dafür, dass der Unterschreibende die eigentliche Verantwortung nicht nur nach außen, sondern auch im Innenverhältnis übernimmt und dass die Arbeiten des Angestellten, der zur Unterschrift nicht befugt ist, nur unselbstständige Vorarbeiten sind, die von dem zur Unterzeichnung Befugten nachgeprüft und abgeändert werden. Denkbar ist allerdings auch, dass die von dem nicht unterschriftsberechtigten Beschäftigten geleisteten Arbeiten durch den Unterschreibenden praktisch nicht durch Einzelanweisungen gelenkt oder kontrolliert werden und dass nur der Ordnung halber nach außen hin eine Unterschriftsbefugnis erteilt ist. Dann steht die fehlende Unterschriftsbefugnis dem Vorliegen von selbstständigen Leistungen nicht entgegen. Nicht maßgebend ist, ob der Beschäftigte einer Aufsicht, Überwachung oder Kontrolle untersteht. Denn der Begriff "selbstständige Leistungen" stellt nicht auf Aufsicht, Überwachung oder Kontrolle ab, sondern auf die Leistungen und Kenntnisse. Selbstständige Leistungen werden nicht dadurch zu unselbstständigen Leistungen, dass, nachdem sie vollbracht sind, eine Aufsicht, Überwachung oder Kontrolle einsetzt.[6]

Auch die Verwendung von Formularen[7] sowie die wiederholte Bearbeitung ähnlich oder identisch gelagerter Fälle steht der Annahme einer selbstständigen Leistung nicht entgegen.[8] Andererseits gibt es dort, wo der "richtige Weg" bis in alle Einzelheiten durch bindende Vorschriften, wie z. B. Arbeitsanweisungen oder Infoblätter vorgezeichnet ist, sodass für einen irgendwie gearteten Gestaltungsspielraum kein Raum bleibt, keine selbstständige Leistung. In diesen Fällen hat der Beschäftigte keine eigene Beurteilung mehr vorzunehmen, sondern die in den Arbeitsanweisungen oder Infoblättern vorweggenommene Abwägung lediglich noch umzusetzen.[9] Auch sind Kenntnisse über den Verfahrensablauf und Erfahrungswissen den "Fachkenntnissen" zuzurechnen und haben begrifflich n...

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