Das 1. Merkmal des Grundbegriffs der Überstunde ist die Anordnung des Arbeitgebers. Freiwillig geleistete Arbeitsstunden sind damit grundsätzlich keine Überstunden. Die Anordnung von Überstunden kann durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen und unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften – insbesondere des Arbeitszeitgesetzes – erfolgen. Eine Einschränkung dahingehend, dass Überstunden nur in dringenden Fällen angeordnet werden dürfen und möglichst gleichmäßig auf die Arbeitnehmer zu verteilen sind, besteht im Geltungsbereich des TVöD nicht.

Neben einer ausdrücklichen Anordnung des Arbeitgebers kann allerdings die Anordnung einer Überstunde auch durch eine stillschweigende (konkludente) Vereinbarung zustande kommen.

Nach der Rechtsprechung muss der Arbeitnehmer im Prozess darlegen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeit notwendig oder vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet worden sind.[1]

In einem neuen Urteil hat das BAG klargestellt, dass die bisherigen entwickelten Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die Leistung von Überstunden durch die auf Unionsrecht beruhende Pflicht zur Einführung eines Systems zur Messung der vom Arbeitnehmer geleisteten täglichen Arbeitszeit (s. oben unter Ziff. 1.2.1) nicht verändert wird.[2]

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht Hamm[3] dieses Erfordernis dahingehend präzisiert, dass die Entstehung eines Überstundenvergütungsanspruchs auch im Fall einer konkludenten Anordnung eine rechtsgeschäftliche Überstundenabrede voraussetzt.

Insbesondere bei Gleitzeitmodellen (zu deren Zulässigkeit nach dem TVöD vgl. Ziff. 2.4.1) wird es regelmäßig an einer Überstundenabrede fehlen. Der Arbeitgeber kann hier davon ausgehen, dass zusätzlich geleistete Arbeitsstunden innerhalb des Gleitzeitrahmens vom Beschäftigten ausgeglichen werden. Besteht hierzu wegen eines erhöhten Arbeitsanfalls allerdings keine Möglichkeit und weist die/der Beschäftigte den Arbeitgeber hierauf hin, so deutet dies auf das Zustandekommen einer Überstundenabrede. Die Darlegungs- und Beweislast trägt in diesem Zusammenhang die/der Beschäftigte.

Auch das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden[4], dass es sich bei einem mit Billigung des Vorgesetzten angewachsenen Zeitguthaben nicht um angeordnete oder gebilligte Überstunden handelt und deshalb kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Barabgeltung für ein Gleitzeitguthaben besteht.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat entschieden[5], dass Arbeitnehmer im Regelfall rechtsmissbräuchlich handeln, wenn sie Gleitzeitguthaben in nicht unerheblicher Höhe ansammeln, ohne den geringsten Versuch zu unternehmen, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen Zeitausgleich zu sorgen.

In seiner Entscheidung vom 10.4.2013[6] fasst das BAG seine Grundsätze zur Geltendmachung und Erfüllung von Überstunden noch einmal konkret zusammen. Der Anspruch auf Vergütung von Überstunden setzt danach neben deren Leistung voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Arbeitnehmer. Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Für eine konkludente Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte. Mit der ausdrücklichen oder konkludenten Billigung von Überstunden ersetzt der Arbeitgeber die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Überstunden. Die Billigung muss nicht ausdrücklich erfolgen und kann insbesondere anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber oder ein für ihn handelnder Vorgesetzter des Arbeitnehmers eine bestimmte Anzahl von Stunden abzeichnet und damit sein Einverständnis mit einer Überstundenleistung ausdrückt. Die widerspruchslose Entgegennahme der vom Arbeitnehmer gefertigten Arbeitsaufzeichnungen reicht allerdings nicht aus. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben habe, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden zu sein.

Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden fürderhin zu unterbinden. Dazu muss der Arbeitnehmer vortragen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist. Erst wenn dieses feststeht, ist es Sache des Arbeitgebers darzulegen, welche Maßnahmen er zur Unterbindung der von ihm nicht gewollten Überstundenleistung erg...

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