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BVerwG Beschluss vom 26.03.1999 - 5 B 65.98

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Verfahrensgang

Niedersächsisches OVG (Urteil vom 25.03.1998; Aktenzeichen 4 L 1864/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulasssung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. März 1998 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vorgetragenen Gründe rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. „Ob für die sozialhilferechtliche Erstattung von Umzugskosten auch eine damit einhergehende konkrete Durchführung eines Umzugs notwendig ist oder ob es auch dann – wie vorliegend – zu einem Anspruch des Hilfeempfängers auf Erstattung von Umzugskosten kommen kann, wenn der der Berechnung zugrunde liegende Umzug tatsächlich gar nicht durchgeführt wurde”, würde sich in einem Revisionsverfahren entweder gar nicht erst stellen, oder wäre jedenfalls nicht in einer Weise zweifelhaft, daß zur Klärung dieser Frage ein Revisionsverfahren durchgeführt werden müßte.

Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist die Klägerin tatsächlich (wenn auch unter Verursachung von u.U. unnötigen Kosten) umgezogen. Die Beschwerde unterstellt demgegenüber unzutreffend, daß „der der Berechnung zugrunde liegende Umzug tatsächlich gar nicht durchgeführt wurde”. Bei den Kosten eines Umzugs, die wegen einer größeren Entfernung der neuen Unterkunft zur bisherigen Unterkunft höher sind als sozialhilferechtlich nötig, handelt es sich nicht um einen „anderen”, sondern nur um einen sozialhilferechtlich (möglicherweise) überhöhten Umzugskostenbedarf. Dies wird beispielsweise schon an entstandenen Renovierungskosten (sei es am bisherigen, sei es am neuen Wohnort), an – vom Umzugsort unabhängigen – Packerkosten, Kosten von Hilfspersonen, an von der Menge des Umzugsgutes abhängigen Kosten, aber selbst bei den entfernungsbedingten „Mindestkosten” deutlich (insbesondere, wenn ein „angemessen naher” potentieller Wohnort auf der Strecke zum neuen Wohnort liegt). Diese Dar- und Klarstellung muß nicht einem Revisionsverfahren vorbehalten werden.

Auch auf einen insgesamt überhöhten Umzugskostenbedarf muß sich der Sozialhilfeträger angesichts der gesetzlichen Verbürgung eines Wunschrechts des Sozialhilfeempfängers einlassen, wenn er dadurch nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten belastet wird (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG). Ist der Hilfeempfänger in der Lage, aus eigenen Mitteln, etwa wie die Klägerin des vorliegenden Verfahrens aus dem ihr nach § 23 Abs. 2 BSHG zustehenden Mehrbedarfszuschlag, den überhöhten Teil des Umzugskostenbedarfs abzudecken, reduziert sich der aus Mitteln der Sozialhilfe zu finanzierende Umzugskostenbedarf auf das sozialhilferechtlich Angemessene und belastet den Sozialhilfeträger nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten. Auch dies ist nicht revisionsgerichtlich klärungsbedürftig.

Gleiches gilt, wenn die Rüge der Beschwerde dahin gehend zu verstehen sein sollte, daß das Oberverwaltungsgericht für die Berechnung eines Kostenübernahmeanspruchs die erforderlichen Kosten geschätzt und d e s h a l b abstrakt ermittelte Kostenpositionen zugrunde gelegt hat: Derartiges entspricht seiner richterlichen Aufgabe, den Umfang des im Sinne von § 1 Abs. 2, 12 Abs. 1 BSHG sozialhilferechtlich „Notwendigen” zu bestimmen, wobei der Individualisierungsgrundsatz (§ 3 Abs. 1 BSHG) eine generalisierende und pauschalierende Bemessung nach der Rechtsprechung des Senats nicht von vornherein ausschließt, sondern im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und der Gleichbehandlung zuläßt (Beschluß vom 7. April 1995 – BVerwG 5 B 36.94 – ≪Buchholz 436.0 § 85 BSHG Nr. 13 S. 2≫). Auch in dieser Hinsicht ist die Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht erforderlich.

Die vom Beklagten des weiteren aufgeworfene Frage, „ob es (zur Darlegung eines Umzugskostenübernahmeanspruchs) genügt, wenn der umziehende Sozialhilfeempfänger sich darauf beruft, es stünden für den Umzug weder Freunde noch Bekannte zur Verfügung …”, betrifft die zur Ermittlung der Höhe eines Kostenübernahmeanspruchs im Einzelfall in tatsächlicher Hinsicht in Betracht kommenden Erkenntnisgrundlagen. Weder enthält das Berufungsurteil hierzu – insbesondere etwa zur Beweislast – generalisierende Ausführungen, denen eine revisionsgerichtlich klärungsfähige und -bedürftige Rechtsfrage entnommen werden könnte noch zeigt die Beschwerdeschrift eine solche auf. Die Rüge einer „aus Sicht des Beklagten unbefriedigenden Behandlung dieser Rechtsfrage” durch das Berufungsgericht genügt zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht.

Was die Aufklärungsrüge des Beklagten betrifft, der geltend macht, hier hätten die Umzugskosten durch Mithilfe von Freunden, Bekannten und Verwandten geringer gehalten werden können, so hat er als Verfahrensrüge erhoben, was (als Frage einer Verteilung der subjektiven und objektiven Beweislast nach „Einflußsphären”) eine Frage des materiellen Rechts ist. In eine Grundsatzrüge läßt sich die Verfahrensrüge schon deswegen nicht umdeuten, weil die Frage der Beweislastverteilung nach „Sphären” in genereller Hinsicht keiner revisionsgerichtlichen Klärung bedarf, sondern als allgemeine Frage des Beweisrechts unstreitig (vgl. BVerwGE 55, 288 ≪297≫; 70, 143 ≪148≫; 80, 290 ≪297≫) und als spezielle Frage danach, ob die Klägerin für ihren Umzug auf ein gewerbliches Umzugsunternehmen angewiesen war, nur für diesen Einzelfall von Bedeutung ist. Wenn die Beschwerde die Bewertung des Berufungsgerichts nicht gelten lassen will, daß die Klägerin die Unmöglichkeit, den Umzug allein mit privaten Helfern durchzuführen, „plausibel erklärt” habe (S. 8 des Berufungsurteils), so wendet sie sich gegen die Sachverhaltswürdigung und Handhabung des Beweisrechts in Anbetracht der Umstände des vorliegenden konkreten Falles. Weder eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch das Vorliegen eines Verfahrensfehlers i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO läßt sich aber auf diese Weise darlegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Säcker, Dr. Pietzner, Dr. Rothkegel

 

Fundstellen

FEVS 2000, 49

info-also 2000, 93

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