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BGH Urteil vom 19.09.2007 - XII ZR 121/05

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Leitsatz (amtlich)

Zur Wahrung der Schriftform eines Mietvertrages mit einer GmbH als alleiniger Mieterin oder Vermieterin ist es nicht erforderlich, dass die auf deren Seite geleistete Unterschrift mit einem die Vertretung kennzeichnenden Zusatz versehen wird.

Dies gilt auch dann, wenn die GmbH satzungsgemäß von zwei Geschäftsführern gemeinsam vertreten wird, die Unterschrift in der für die GmbH vorgesehenen Unterschriftszeile aber (hier: mit dem Zusatz "i.V.") von einem Dritten stammt. Ob dieser hierzu bevollmächtigt war oder als vollmachtloser Vertreter unterzeichnet hat, ist eine Frage des Zustandekommens des Vertrages, nicht der Wahrung seiner Form (Fortführung des Senatsurteils v. 6.4.2005 - XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 ff.; Abgrenzung zu Senatsurteilen v. 16.7.2003 - XII ZR 65/02, NJW 2003, 3053, 3054; v. 5.11.2003 - XII ZR 134/02, NJW 2004, 1103 f.).

Normenkette

BGB § 550; BGB § 126 Abs. 2 S. 1

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen 20 U 77/04)

LG Berlin (Entscheidung vom 16.02.2004; Aktenzeichen 25 O 483/03)

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des KG in Berlin vom 9.6.2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

[1] Der Kläger (Untervermieter) nimmt die Beklagte als Untermieterin auf Ersatz entgangener Miete für die Monate Mai bis September 2003 in Anspruch, nachdem er den Untermietvertrag der Parteien vom 8.2.2001 im November 2001 wegen Zahlungsverzuges der Beklagten fristlos gekündigt hat.

[2] Der schriftliche Vertrag der Parteien sieht eine Festlaufzeit bis zum 31.12.2010 vor. Als "Mieter" ist darin die beklagte GmbH, "vertreten durch S. C.-S. und Dr. D. S." bezeichnet. Auf Seiten der Beklagten ist der Vertrag über der mit "Mieter" gekennzeichneten Unterschriftszeile mit "i.V. von P." unterzeichnet. Die Parteien streiten darüber, ob dies der Schriftform genügt, oder ob die Beklagte den Vertrag ihrerseits wegen eines Mangels der Schriftform nach § 550 BGB spätestens zum 30.4.2003 hätte kündigen können und deshalb für nach diesem Zeitpunkt entgangene Mieten nicht mehr hafte.

[3] Das LG hat die Schriftform als nicht gewahrt angesehen und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das KG der Klage unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung in Höhe der vereinbarten Nettowarmmiete (5 Monate à 60 m2 x 32,50 DM/m2 = 9.750 DM = 4.985,10 EUR) nebst Zinsen stattgegeben.

[4] Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

[5] Die Revision hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält den Angriffen der Revision stand und lässt auch sonst keine Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen.

[6] 1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, es fehle bereits an einem wirksamen (Unter-)Mietvertrag, weil der Kläger die in den Vorinstanzen bestrittene Vollmacht des den Vertrag für die Beklagte unterzeichnenden Abschlussvertreters von P. nicht nachgewiesen habe. Zu Recht hat das Berufungsgericht dessen Vollmacht dahinstehen lassen, weil die Beklagte den Vertrag, sofern von P. vollmachtloser Vertreter gewesen sei, jedenfalls nachträglich stillschweigend genehmigt habe.

[7] Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob diese Genehmigung - mit dem Berufungsgericht - bereits im Einzug der Beklagten in die Mieträume zu sehen ist, was die Revision angreift. Ein Verhalten der Beklagten, das der Kläger als konkludente Genehmigung des Vertrages ansehen durfte, ist nämlich spätestens darin zu sehen, dass die Beklagte nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers in dessen Schriftsatz vom 9.1.2004 im Mai und Juni 2001 Mietzahlungen geleistet und den Mietvertrag nach ihrem eigenen Vorbringen in der Berufungserwiderung bis zur fristlosen Kündigung des Klägers (November 2001) vollzogen hat. Auch die eigene Abrechnung der Beklagten vom 26.7.2001 über die bisher geschuldeten und beglichenen Mietzahlungen einschließlich Kaution (Bl. 36 der vom LG beigezogenen Akten des Vorprozesses 25 O 190/03 LG Berlin) konnte vom Kläger nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte den Vertrag gegen sich wirken lassen wollte.

[8] 2. Zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass der nach seinen - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen dem Grunde nach unstreitige Anspruch des Klägers auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens sich auch auf die hier streitige Zeit vom Mai bis September 2003 erstreckt und nicht etwa dadurch ausgeschlossen ist, dass die Beklagte ihrerseits das Mietverhältnis wegen eines Formmangels spätestens zum Ende April 2003 nach § 550 BGB hätte kündigen können.

[9] Entgegen der Auffassung der Revision steht es der Wahrung der Schriftform nämlich nicht entgegen, wenn ein Mietvertrag auf Seiten einer GmbH als Mieterin (oder Vermieterin) ohne nähere Kennzeichnung des Vertretungsverhältnisses mit dem Zusatz "i.V." unterzeichnet ist, und zwar gleichgültig, ob der Unterzeichnende Geschäftsführer und damit gesetzlicher Vertreter, in anderer Weise Bevollmächtigter oder lediglich vollmachtloser Vertreter war.

[10] a) Unzutreffend ist der Einwand der Revision, im vorliegenden Fall lasse der Zusatz "i.V." nicht erkennen, ob der Unterzeichnende beide im Rubrum des Vertrages benannten Vertreter der Beklagten, nämlich S. C.-S. und Dr. D. S., habe vertreten wollen, oder nur einen von ihnen, so dass es zum formgültigen Abschluss des Vertrages noch der Unterschrift des anderen bedurft hätte.

[11] Da der Unterzeichnende nicht selbst zu den im Vertrag aufgeführten Mietparteien gehörte, wäre auch ohne den Zusatz "i.V." offensichtlich gewesen, dass er nicht im eigenen Namen handelte. Seine Unterschrift in der mit "Mieter" gekennzeichneten Unterschriftszeile ließ vielmehr hinreichend deutlich erkennen, dass er im Namen derjenigen Partei unterzeichnete, die im Mietvertrag als "Mieter" bezeichnet war. Dies war aber die beklagte GmbH und nicht etwa die im Rubrum des Vertrages als deren (allgemeine) Vertreter benannten Personen. Die Annahme, von P. habe lediglich in Untervollmacht einer dieser beiden Personen unterzeichnet, wäre mit der räumlichen Anordnung seiner Unterschrift in der Mitte der mit "Mieter" bezeichneten Unterschriftszeile nicht vereinbar.

[12] Insbesondere kann die Revision sich demgegenüber nicht auf das Senat, Urt. v. 6.4.2005 - XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 ff. berufen. Nach Abschnitt II 2 dieser Entscheidung (a.a.O. S. 2226) ist ein klarstellender Zusatz vielmehr nur erforderlich, wenn lediglich einer von mehreren Vermietern oder Mietern oder einer von mehreren Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterschreibt und deshalb ohne einen solchen Zusatz nicht ersichtlich wäre, ob er diese Unterschrift nur für sich selbst oder aber zugleich in Vertretung der anderen leistet. Derartige Zweifel konnten hier nicht auftreten.

[13] b) Ob der Mietvertrag bereits mit dieser Unterzeichnung wirksam zustande kam oder mangels Vollmacht des Unterzeichnenden erst noch der Genehmigung der von ihm vertretenen Partei bedurfte, ist keine Frage der Schriftform (vgl. Emmerich in Emmerich/Sonnenschein Miete 9. Aufl., § 550 BGB Rz. 8 m.w.N.). § 550 BGB kann und will in erster Linie sicherstellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Vertrag ersehen kann. Sinn und Zweck der Schriftform ist es hingegen nicht, ihm Gewissheit zu verschaffen, ob der Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist und im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs noch besteht oder etwa von den Mietvertragsparteien mündlich aufgehoben wurde (vgl. BGH BGHZ 160, 97, 104 f. und 154, 171, 180). Denn soweit ein Eintritt des Grundstückserwerbers in einen Mietvertrag nicht stattfindet, weil dieser nicht oder nicht mehr besteht, bedarf es auch nicht des Schutzes der Schriftform vor einer langjährigen Bindung an unbekannte Bedingungen. Nichts anderes gilt, soweit die Schriftform auch dazu dient, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den Parteien sicherzustellen und die Parteien vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen.

[14] 3. Die angefochtene Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Prüfung auch im Übrigen stand. Auch die Revision erinnert insoweit nichts.

Fundstellen

  • Haufe-Index 1812633
  • DB 2007, 2531
  • DStR 2007, 1977
  • NJW 2007, 3346
  • NWB 2007, 4247
  • BGHR 2008, 63
  • EBE/BGH 2007, 339
  • DNotI-Report 2007, 174
  • JurBüro 2008, 109
  • NZG 2007, 867
  • NZM 2007, 837
  • WM 2007, 2167
  • ZAP 2007, 1255
  • ZIP 2007, 2079
  • ZMR 2007, 953
  • ZfIR 2008, 101
  • DNotZ 2008, 367
  • MDR 2007, 1414
  • MK 2007, 218
  • NJ 2008, 27
  • GuT 2007, 353
  • Info M 2007, 313
  • MietRB 2008, 7
  • NJW-Spezial 2007, 593
  • NotBZ 2008, 75
  • RÜ 2008, 12
  • IWR 2007, 70
  • LL 2008, 15
  • Mitt. 2008, 45

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