Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Beschluss vom 14.07.2009 - VIII ZR 295/08

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Leitsatz (amtlich)

Dem Antrag einer Partei auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens hat das Gericht grundsätzlich zu entsprechen, auch wenn es das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und selbst keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht. Ein Verstoß gegen diese Pflicht verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör und führt im Rahmen des § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

 

Normenkette

ZPO § 397 Abs. 1, §§ 402, 544 Abs. 7

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 10.10.2008; Aktenzeichen I-22 U 16/07)

LG Krefeld (Urteil vom 12.07.2006; Aktenzeichen 11 O 151/04)

 

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 10.10.2008 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 115.446,30 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

[1] Die Klägerin ist Maschinenversicherer der A. GmbH & Co. KG, die eine Deponie betreibt. Sie nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht wegen eines Maschinenschadens in Anspruch, der sich am 12.9.2003 an dem Motor einer Gasverstromungsanlage ereignete. Diese Anlage hatte die Beklagte unter gleichzeitigem Abschluss eines Vollwartungsvertrages an die Deponiebetreiberin geliefert. Die Klägerin erbrachte für den Schaden eine Versicherungsleistung i.H.v. 115.460,30 EUR an die Deponiebetreiberin.

[2] Die Parteien streiten darüber, ob der Motorschaden auf einem Sachmangel der von der Beklagten gelieferten Anlage beruht oder darauf zurückzuführen ist, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin sie mit weit überhöhten Schadstoffgehalten im Deponiegas betrieben hat.

[3] Nach der Bedienungsanleitung der Herstellerfirma D. sind Schadstoffwerte bis zu 10 mg/m3 i.N. CH4 für Silizium und bis zu 2.200 mg/m3 i.N. CH4 für Gesamtschwefel zulässig. Demgegenüber hatten die Beklagte und die Deponiebetreiberin - bezogen auf einen Methangasgehalt von 50 % - Grenzwerte von 7,5 mg/m3 Deponiegas für Silizium und 1.500 mg/m3 für Gesamtschwefel vereinbart. Bei entsprechender Umrechnung nach der Bedienungsanleitung des Herstellers ergaben sich daraus Werte von 15 mg/m3 für Silizium und 3.104 mg/m3 für Gesamtschwefel, mithin über den Herstellervorgaben liegende Werte.

[4] Das LG hat die auf Zahlung von 115.460,30 EUR Reparaturkosten sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das Urteil des LG abgeändert und der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.

II.

[5] Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet und führt gem. § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Das Grundrecht auf rechtliches Gehör gebietet es, dass sich das Gericht mit allen wesentlichen Punkten des Vortrags einer Partei auseinandersetzt. Zwar muss es nicht jede Erwägung in den Urteilsgründen ausdrücklich erörtern. Aus dem Gesamtzusammenhang muss aber hervorgehen, dass es die wesentlichen Punkte berücksichtigt und in seine Überlegungen mit einbezogen hat (Senatsbeschluss v. 5.4.2005 - VIII ZR 160/04, NJW 2005, 1950, unter II 2b). Hier hat das Berufungsgericht den Kern des Verteidigungsvorbringens der Beklagten zu den mit der Deponiebetreiberin vereinbarten Schadstoffwerten und zur massiven Überschreitung dieser (erhöhten) Werte durch die Deponiebetreiberin übergangen.

[6] 1. Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten gelieferte Anlage als mangelhaft angesehen, weil sie trotz der im Liefervertrag vereinbarten, über den Herstellervorgaben liegenden Grenzwerte nicht mit einer Gasreinigungsanlage ausgestattet gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Sachverständigen, dass die Zuführung von Gas in vertraglich vereinbarter Qualität und damit auch der Einbau einer Gasreinigungsanlage zum Pflichtenkreis des Deponiebetreibers und nicht des Anlagenbauers gehöre, sei die Beklagte verpflichtet gewesen, eine Gasreinigungsanlage zu planen und einzubauen, weil sich die Lieferpflicht der Beklagten auf die Gesamtkonzeption der Anlage erstreckt habe.

[7] Wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht geltend macht, hatte die Beklagte - schon in der Klageerwiderung - vorgetragen, dass die Anlage auch mit den vereinbarten, (leicht) über den Herstellervorgaben liegenden Schadstoffwerten ohne Gefahr für den Motor betrieben werden könne; der Schaden sei ausschließlich darauf zurückzuführen, dass die Deponiebetreiberin die vereinbarten (erhöhten) Werte massiv überschritten habe. Dieser Vortrag wird durch die von der Beklagten bereits in der ersten Instanz vorgelegte Gasanalyse vom 24.9.2002 bestätigt, auf die die Nichtzulassungsbeschwerde Bezug nimmt. Nach dieser Analyse wurde für Silizium ein Wert von (umgerechnet) 25,98 mg/m3 und für Gesamtschwefel von 6.560 mg/m3 gemessen, so dass die vertraglich vereinbarten Werte um etwa 100 % überschritten wurden. In seinem Ergänzungsgutachten vom 30.6.2007 hat der gerichtliche Sachverständige die von der Beklagten behauptete Schadensursache bestätigt und außerdem ausgeführt, dass die Vereinbarung der ggü. den Herstellerangaben erhöhten Grenzwerte lediglich den bei der Deponieerzeugung allgemein bekannten Schwankungen Rechnung getragen habe. Bei Einhaltung dieser (erhöhten) Grenzwerte sei nur ein gewisser zusätzlicher Wartungsaufwand zu erwarten gewesen, dem die Parteien im Wartungsvertrag bei den Basiskosten kalkulatorisch Rechnung getragen hätten. Der Sachverständige hat ferner auch aus den vor dem Schadensfall angefallenen umfangreichen Reparaturen geschlossen, dass die Schadstoffe weit über den zulässigen bzw. vereinbarten Grenzwerten gelegen haben müssten; die alleinige Schadensursache hat er bei der Deponiebetreiberin gesehen, zu deren Verantwortungsbereich die Einhaltung der erhöhten Grenzwerte beim Betrieb der Anlage gehöre.

[8] 2. Ohne sich mit diesem durch das gerichtliche Gutachten bestätigten zentralen Verteidigungsvorbringen der Beklagten auseinanderzusetzen, hat das Berufungsgericht in seinem Urteil angenommen, dass die Herstellervorgaben bezüglich der Schadstoffwerte in jedem Fall einzuhalten seien und die Beklagte deshalb eine Gasreinigungsanlage hätte planen und einbauen müssen. Dies rügt die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht als Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten.

[9] 3. Ferner ist das Berufungsgericht dem wiederholten, zuletzt in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag der Beklagten auf mündliche Anhörung des Sachverständigen nicht nachgekommen; auch dies verletzt die Beklagte in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör.

[10] a) Dem Antrag einer Partei auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens hat das Gericht grundsätzlich zu entsprechen, auch wenn es das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und selbst keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht. Die Partei hat zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Erläuterung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (BGH, Urt. v. 7.10.1997 - VI ZR 252/96, NJW 1998, 162, unter II 2a; Beschl. v. 22.5.2007 - VI ZR 233/06, NJW-RR 2007, 1294, Tz. 3, st.Rspr.). Beschränkungen des Antragsrechts können sich allenfalls aus dem - hier offensichtlich nicht vorliegendem - Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs oder der Prozessverschleppung ergeben (BGH, Urt. v. 29.10.2002 - VI ZR 353/01, NJW-RR 2003, 208, unter II 1). Das Berufungsgericht durfte die Anhörung des Sachverständigen daher nicht mit der Begründung ablehnen, die von der Beklagten gestellte Frage sei schon im (erstinstanzlichen) Gutachten des Sachverständigen beantwortet worden.

[11] b) Überdies hatte der Sachverständige die Frage, ob die Anlage trotz der vereinbarten (erhöhten) Schadstoffwerte dem Stand der Technik entsprach - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - keineswegs in seinem erstinstanzlichen Gutachten ausreichend und in dem Sinne beantwortet, den das Berufungsgericht seinen Ausführungen beigemessen hat. Denn in seinem vor dem LG erstatteten Gutachten war der Sachverständige - irrtümlich - davon ausgegangen, dass die Parteien noch niedrigere (also strengere) Schadstoffwerte als vom Hersteller angegeben vereinbart hätten. Erst in seinem in der Berufungsinstanz erstatteten Ergänzungsgutachten hat sich der Sachverständige näher mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass der Liefervertrag eine gewisse Überschreitung der vom Hersteller genannten Schadstoffwerte vorsah; insoweit hat er aber - wie ausgeführt - die Fehlerfreiheit der Anlage auch unter diesem Gesichtspunkt ausdrücklich bejaht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2205089

NJW 2009, 3660

BGHR 2009, 1119

BauR 2009, 1773

EBE/BGH 2009

FamRZ 2009, 1747

NJW-RR 2009, 1361

IBR 2009, 619

ZAP 2009, 1242

AnwBl 2009, 804

AnwBl 2010, 6

MDR 2009, 1126

VersR 2010, 1240

WuM 2009, 539

GuT 2009, 323

r+s 2011, 408

DS 2009, 350

GuG 2010, 121

Mitt. 2009, 573

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Teilungserklärung, Aufteilungsplan und Gemeinschaftsordn ... / 7.1 Überblick
    1
  • Besteuerung einer Fotovoltaikanlage / 8.3.4 Aufwendungen für das Dach
    0
  • Datenschutz: Rechtsgrundlagen, Grundbegriffe und Grundpr ... / 1 Rechtsgrundlagen für den Datenschutz in Deutschland
    0
  • Datenschutz (ZertVerwV) / 6 Informationspflichten
    0
  • Dauerwohnrecht / 2 Begründung des Dauerwohnrechts
    0
  • Förderprogramme zur Finanzierung energetischer Maßnahmen / 2.1.2.3 Darlehenskonditionen
    0
  • Gemeinschaftliches Eigentum: Erhaltungspflicht / 1 Leitsatz
    0
  • Grüner Mietvertrag (Green Leases): Anwendungsbereiche un ... / 10.5 Green-Lease-Formulierungsvorschlag
    0
  • Grüner Mietvertrag (Green Leases): Anwendungsbereiche un ... / 11.1 Innenraumqualität
    0
  • Heizkostenverordnung (ZertVerwV) / 1.4 Erfasste Kosten
    0
  • Informations- und Auskunftspflichten bei der Datenerhebung / 1.3 Mitzuteilende Informationen nach Art. 13 Abs. 1 DSGVO
    0
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt VerwalterPraxis Gold
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Immobilien
Haufe Shop: Betriebskosten in der Praxis
Betriebskosten in der Praxis
Bild: Haufe Shop

Fehlerhafte Betriebskostenabrechnungen sind der häufigste Streitpunkt mit Mieter:innen. Das Buch unterstützt Sie bei Ihrer Betriebskostenabrechnung und hilft, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Jetzt in der aktualisierten 11. Auflage!


Zivilprozessordnung / § 397 Fragerecht der Parteien
Zivilprozessordnung / § 397 Fragerecht der Parteien

  (1) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich erachten.  (2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten und hat ihren Anwälten auf ...

4 Wochen testen


Newsletter Immobilien
Newsletter ImmobilienVerwaltung

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Immobilienverwaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Rechtsprechung
  • Miet- und Wohnungseigentumsrecht
  • energetische Sanierung
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Immobilien Archiv
Haufe Group
L'Immo-Podcast: Alle Folgen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Haufe Akademie rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Immobilien Shop
Immobilien Lösungen Immobilien-Verwaltung Produkte Wohnungswirtschaft Lösungen Private Vermietung Produkte Alle Immobilien Produkte
 

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren