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BFH Urteil vom 29.03.1962 - VI 254/61 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Für Hausgehilfinnen, die auch im Betrieb des Dienstherrn beschäftigt werden, können die vollen Pauschbeträge für Hausgehilfinnen im Sinne des § 33 a Abs. 3 EStG 1958 abgesetzt werden, sofern nicht mehr als 20 v. H. des effektiven Lohnes auf die Tätigkeit im Betrieb entfällt.

 

Normenkette

EStG § 33a/3

 

Tatbestand

Der Bf., ein Arzt, ist mit einer ärztin verheiratet und hat drei Kinder, die in den Jahren 1954, 1956 und 1957 geboren sind. Er hat im Streitjahr 1958 für eine Hausangestellte 3.392 DM aufgewendet und davon die Hälfte als Betriebsausgaben bei den Praxiseinnahmen abgesetzt. Das Finanzamt und das Finanzgericht haben den Abzug zugelassen. Die Hausangestellte hatte neben den Arbeiten im Haushalt fünf Praxisräume von insgesamt 107 qm im Erdgeschoß des Hauses des Bf. zu reinigen; außerdem hatte sie die Arbeitskleidung von drei in der Arztpraxis beschäftigten Personen zu waschen, die Heizung des Hauses zu besorgen und einige in der Praxis anfallende Nebenarbeiten zu erledigen. Die Hausangestellte ist in die Hausgemeinschaft aufgenommen und erhält freie Station.

Das Finanzgericht hat gemäß § 33 a Abs. 3 Ziff. 1 EStG 1958 dem Bg. den vollen Hausgehilfinnenfreibetrag von 900 DM gewährt. Es führte aus, die Angestellte sei in die häusliche Gemeinschaft des Arzthaushaltes aufgenommen und verrichte dort gegen Entgelt Hausarbeiten; die Verkehrsanschauung sehe in ihr eine Hausgehilfin, auch wenn sie einen wesentlichen Teil ihrer Arbeitszeit für die Reinigung der Praxisräume usw. verwende; es sei nicht erforderlich, daß eine Hausgehilfin mindestens acht Stunden für den privaten Haushalt tätig sei.

Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung des Begriffs "Hausgehilfin". Hausgehilfin sei nur eine Angestellte, die ausschließlich mit im Haushalt anfallenden Arbeiten beschäftigt werde. Nur stundenweise beschäftigte Kräfte, wie Aufwartefrauen und Angestellte mit gemischter Tätigkeit, die wie im Streitfall ihre Arbeitskraft zwischen Haushalt und Betrieb teilten, seien keine Hausgehilfinnen im steuerlichen Sinne. Gewerbetreibende und freiberuflich Tätige könnten nicht in einem weiteren Umfang eine Vergünstigung für die Beschäftigung von Hausgehilfinnen erhalten als Lohnsteuerpflichtige, die auch keine Aufteilung vornehmen könnten. Der Bg. dürfe hier nur den in Abschn. 192 Abs. 2 Satz 3 EStR 1958 festgelegten Betrag von 450 DM für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe absetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.

Die in § 33 a Abs. 3 EStG 1955 (1958) gewährte Steuervergünstigung bei Beschäftigung einer Hausgehilfin war für die Zeit vor 1955 in den EStR enthalten (EStR 1939 Abschn. 83; EStR 1941 Abschn. 128; EStR 1950, 1951 und 1952 Abschn. 212; EStR 1953 Abschn. 152). Nach diesen Verwaltungsanweisungen wurde eine Steuerermäßigung für eine Hausgehilfin nicht gewährt, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen für die Hausgehilfin als Betriebsausgaben geltend machte, weil diese gleichzeitig zum Teil in seinem Haushalt und zum Teil in seinem Betrieb beschäftigt gewesen war (EStR 1941 Abschn. 128 Abs. 3, EStR 1951/1952 Abschn. 212 Abs. 4). Nach den Verwaltungsanordnungen aus der Zeit vor 1955 war es somit in weitem Umfange der Entscheidung des Steuerpflichtigen überlassen, ob er steuerlich die Aufwendungen für eine Hausangestellte als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG oder als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG berücksichtigt haben wollte. Entschied sich der Steuerpflichtige dafür, Aufwendungen für die Hausangestellte als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG geltend zu machen, so konnte er den steuermindernden Pauschbetrag für die Beschäftigung einer Hausgehilfin nach § 33 EStG nicht daneben verlangen.

Nach der Entscheidung des Senats VI 260/57 U vom 13. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 170, Slg. Bd. 68 S. 443) ist Hausgehilfin im Sinne des § 33 a Abs. 3 EStG 1955 eine Frau, die mit hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt wird und in die häusliche Gemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommen oder im Durchschnitt mindestens acht Stunden täglich in seinem Haushalt beschäftigt ist. Nicht erforderlich ist, daß sie ausschließlich einfache häusliche Arbeiten verrichtet. Der Senat ist dabei davon ausgegangen, daß die Hausgehilfin im wesentlichen durch die häuslichen Arbeiten voll ausgelastet ist und nicht zu anderen Arbeiten herangezogen wird. Wird die Hausangestellte auch im Betrieb des Steuerpflichtigen beschäftigt, übt sie also eine gemischte Tätigkeit aus, so ist es nicht angebracht, auch bei nur geringfügiger Beschäftigung im Betrieb ohne weiteres die Steuervergünstigungen des § 33 a Abs. 3 EStG zu versagen, sofern der Steuerpflichtige von seinem Recht Gebrauch macht, einen Teil seiner Aufwendungen für die Hausgehilfin als Betriebsausgaben zu verrechnen (siehe dazu Urteil des Bundesfinanzhofs I 105/57 U vom 10. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 70, Slg. Bd. 66 S. 178). Der Senat hält es in sinngerechter Auslegung des Gesetzes für vertretbar, eine Hausangestellte mit gemischter Tätigkeit steuerlich dann noch als Hausgehilfin zu behandeln und den vollen Pauschbetrag des § 33 a Abs. 3 EStG abzusetzen, wenn bis zu 20 v. H. des effektiven Lohnaufwandes auf Arbeiten für den Betrieb des Steuerpflichtigen entfällt. Setzt der Steuerpflichtige aber mehr als 20 v. H. des effektiven Lohnes der Hausgehilfin für die Arbeit im Betrieb ab, so entfällt die Anwendbarkeit des § 33 a Abs. 3 EStG; die Beschäftigte ist dann keine Hausgehilfin im Sinne des § 33 a Abs. 3 EStG mehr. Das Finanzamt kann sie allenfalls als Haushaltshilfe im Sinne von Abschn. 192 Abs. 2 Satz 3 EStR 1958 behandeln.

Der Bg. hat hiernach, da er 50 v. H. seiner Aufwendungen über den Betrieb verrechnet hat, keinen Anspruch auf die Hausgehilfinnenvergünstigung des § 33 Abs. 3 EStG. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben.

Die Bundesregierung erkennt über die gesetzliche Regelung des § 33 a Abs. 3 EStG hinaus auch die Kosten für eine nur stundenweise beschäftigte Haushaltshilfe unter bestimmten Voraussetzungen bis zur halben Steuerermäßigung für eine Hausgehilfin als außergewöhnliche Belastung an (Abschn. 192 Abs. 2 Satz 3 EStR 1958). Die Rechtsgrundlage für diese Verwaltungsanweisung kann zweifelhaft sein. Der Senat sieht von einer Nachprüfung in dieser Hinsicht ab, weil das Finanzamt dem Bg. diese Vergünstigung im Veranlagungsverfahren gewährt hat und der Vorsteher des Finanzamts bereit ist, dem Bg. auch weiterhin die Vergünstigung aus Abschn. 192 Abs. 2 Satz 3 EStR 1958 zu gewähren.

Die Sache ist deshalb spruchreif. Unter Aufhebung der Vorentscheidung war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410423

BStBl III 1962, 346

BFHE 1963, 213

BFHE 75, 213

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