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BFH Urteil vom 09.03.1962 - I 203/61 S

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gewährt die Kapitalgesellschaft A der von demselben Gesellschafter beherrschten Kapitalgesellschaft B ein zinsloses Darlehen, so führt die Annahme der verdeckten Gewinnausschüttung zu dem Ergebnis, daß sich der Gewinn der Kapitalgesellschaft A um den Betrag der angemessenen Zinsen erhöht, bei dem Gesellschafter sich die unterstellte Ausschüttung und die unterstellte Zinszahlung ausgleichen und bei der Kapitalgesellschaft B keine unterstellten Zinszahlungen als Betriebsausgaben abgezogen werden.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2; EStG § 20 Abs. 1 Ziff. 1

 

Tatbestand

In der Rb. über die Körperschaftsteuer 1955 ist im zweiten Rechtsgang noch streitig, ob in der Zinslosigkeit des von der beschwerdeführenden GmbH der B-GmbH gewährten Kredits eine verdeckte Gewinnausschüttung lag.

Die Anteile der B-GmbH gehörten ebenso wie die Anteile der Bfin. dem Ehepaar X. Aus der Lieferung von Waren an die B-GmbH hatte die Bfin. bis Mitte Juni 1954 eine Forderung von 44 480 DM. Zu dieser Zeit hörten die Lieferungen auf, weil die B-GmbH die ihr bisher von der Bfin. gelieferten Waren selbst herstellte. Der Saldo von 44 480 DM erhöhte sich im wesentlichen durch Zahlungen der Bfin. an Dritte im Namen und für Rechnung der B-GmbH bis auf 125 868 DM am 31. Dezember 1955. Im ersten Halbjahr 1956 deckte die B-GmbH ihre Schuld in Teilbeträgen ab.

Finanzamt und Finanzgericht sahen in der Unverzinslichkeit dieser Kreditgewährung eine verdeckte Gewinnausschüttung, die sich nach einem Zinssatz von 8 v. H. für 1954 auf 1900 DM und für 1955 auf 6000 DM berechnete und bei der Bfin. wegen ihres Verlustes 1954 erst im Streitjahr 1955 in einer Erhöhung des Gewinns um 7 600 DM auswirkte. Das Finanzgericht kam auf Grund des unstreitigen Sachverhalts zu dem Ergebnis, daß die Bfin. im Interesse ihrer Gesellschafter den Auf- und Ausbau der B-GmbH mit der Kreditgewährung habe finanzieren wollen und daß die Bfin. einem ihr fremd gegenüberstehenden Abnehmer einen solchen Kredit jedenfalls von dem Zeitpunkt ab nicht mehr gewährt hätte, in dem die Lieferungen und damit die Geschäftsverbindung mit dem Abnehmer beendet worden seien. Von diesem Zeitpunkt ab hätte die Bfin. einem Fremden gegenüber auf baldige Bezahlung ihrer Warenforderungen bestanden, Zinsen berechnet und keinenfalls weitere Kredite gewährt.

Die Bfin. war der Auffassung, daß es ihr überlassen bleiben müsse, zu entscheiden, welchem Abnehmer sie Warenforderungen zinslos stunde. Solche Stundungen habe sie auch fremden Abnehmern gewährt und selbst zinslosen Kredit von ihren Lieferanten in Anspruch genommen. Außerdem fehle es an einer Vorteilsgewährung, die die Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist nicht begründet.

Die Feststellung des Finanzgerichts, daß die Bfin. einem ihr fremd gegenüberstehenden Abnehmer jedenfalls von dem Zeitpunkt ab, in dem die Warenlieferungen eingestellt wurden, keinen zinsfreien Lieferantenkredit mehr gewährt und auf eine baldige Bezahlung der Warenschuld bestanden hätte, liegt auf tatsächlichem Gebiet und ist für den Senat bindend, wenn kein Rechtsirrtum oder ein Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten vorliegt (§§ 288 Ziff. 1, 296 Abs. 1 AO). Das ist nicht der Fall. Es widerspricht der Lebenserfahrung, anzunehmen, daß die Bfin. bei gleichem Tatbestand einem Fremden nicht nur die Warenforderungen zinslos gestundet, sondern ihm darüber hinaus einen noch sehr erheblichen zinsfreien Kredit gewährt hätte. Die Tatbestandsfeststellung des Finanzgerichts rechtfertigt die Annahme der verdeckten Gewinnausschüttung und die entsprechende Gewinnerhöhung 1955 (ß 6 Abs. 1 Satz 2 KStG 1955). Die verdeckte Gewinnausschüttung führt zur Unterstellung eines bestimmten steuerlichen Tatbestandes, nämlich der Zinszahlung durch das Ehepaar X an die Bfin., der Gewinnausschüttung durch die Bfin. an das Ehepaar X und der Weitergabe des zinslosen Darlehens durch das Ehepaar X an die B-GmbH. Diese sich aus § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG ergebende Fiktion hat zur Folge, daß sich beim Ehepaar X unterstellte Einnahmen und Ausgaben ausgleichen und bei der B-GmbH entgegen der Auffassung des Betriebsprüfers keine fingierten Zinsen abgezogen werden dürfen. Die überlassung des zinslosen Darlehens an die B-GmbH durch das Ehepaar X führt zu keiner Einlage (Urteil des Bundesfinanzhofs I 131/59 S vom 8. November 1960, BStBl 1960 III S. 513, Slg. Bd. 71 S. 706).

 

Fundstellen

Haufe-Index 410407

BStBl III 1962, 338

BFHE 1963, 193

BFHE 75, 193

BB 1962, 831

DB 1962, 1098

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