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BFH Urteil vom 07.02.1964 - VI 19/63 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff "Entnahme" im Sinne von § 6 Abs. 1 Ziff. 4 und § 10 a EStG 1957.

Eine Entnahme liegt nicht vor, wenn ein Steuerpflichtiger aus seinem Einzelunternehmen Vermögensgegenstände in eine OHG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten einbringt.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 6/1/4, § 6/1/5, § 10a

 

Tatbestand

Die beschwerdeführende Ehefrau (Bfin.) betreibt ein Textilgeschäft. Ihren Gewinn ermittelte sie durch Vermögensvergleich nach § 5 EStG in Verbindung mit §§ 38 ff. HGB. Zum 1. Januar 1958 gründete sie mit dem Kaufmann G. eine OHG. Der Gesellschaftsvertrag vom 31. Dezember 1957 sah vor, daß die Bfin. bestimmte Wirtschaftsgüter ihres Einzelunternehmens, besonders die Waren und die Geschäftseinrichtung, in die OHG einzulegen hatte; 50 v. H. des Gesamtwertes dieser Wirtschaftsgüter waren ihrem Kapitalkonto gutzubringen; der Rest sollte als Kaufpreisschuld der OHG an das Einzelunternehmen der Bfin. ausgewiesen werden. Die Bfin. verpflichtete sich weiter, ab 1. Januar 1958 nicht mehr werbend für ihr Einzelunternehmen aufzutreten und dieses Unternehmen nur noch abzuwickeln. Die Eröffnungsbilanz der OHG zum 1. Januar 1958 wies unter den Aktiven den Warenbestand, der zum 31. Dezember 1957 bei dem Einzelunternehmen mit 142.224 DM zu Buche gestanden hatte, mit 160.674 DM aus. Die Büro- und Geschäftsausstattung sowie das sonstige Anlagevermögen des Einzelunternehmens im Buchwert von 3.801 DM wurden von der OHG mit 7.228 DM übernommen. Die Außenstände von 118.507 DM und die Schulden von 97.552 DM wurden in die OHG nicht eingebracht. Die OHG trat auch nicht in die von dem Einzelunternehmen abgeschlossenen Heimarbeitsverträge ein. Die Gesellschafter beschlossen am 27. Oktober 1959, den Wert des eingebrachten Warenbestandes zum 1. Januar 1958 auf den Buchwert des Einzelunternehmens vom 31. Dezember 1957, also auf 142.224 DM herabzusetzen und das Geschäftskapital entsprechend zu berichtigen.

Die Bfin. beantragte für das Streitjahr 1957, ihr die Vergünstigung des nicht entnommenen Gewinns gemäß § 10 a EStG 1957 mit dem Höchstbetrag von 20.000 DM zu gewähren. Das Finanzamt lehnte das ab, weil die Bfin. im Streitjahr 1957 durch die übertragung der Wirtschaftsgüter auf die OHG aus dem Einzelunternehmen Entnahmen gemacht habe, die ihren Gewinn für 1957 weit überschritten hätten. Es nahm aus diesem Grund auch eine Nachversteuerung gemäß § 10 a Abs. 2 EStG 1957 in Verbindung mit § 46 EStDV 1957 für die Jahre 1954 bis 1956 vor. Demgegenüber führte die Bfin. aus, die in die OHG eingelegten Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens seien nicht im Jahre 1957, sondern allenfalls erst im Jahre 1958 aus dem Einzelunternehmen entnommen worden. Der Einspruch und die Berufung hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht nahm an, das Einzelunternehmen sei zum 31. Dezember 1957 aufgelöst worden. Den rechtsgeschäftlichen Schlußakt bilde die Entnahme der Wirtschaftsgüter, die in das Betriebsvermögen der OHG überführt worden seien. Die Wirtschaftsgüter seien entgeltlich in die OHG eingebracht und dadurch seien die in ihnen ruhenden stillen Reserven verwirklicht worden. Darin liege eine Entnahme im Sinne des § 10 a EStG 1957, die auch nicht mit steuerlicher Wirkung rückgängig gemacht werden könne.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. hat Erfolg.

Alle Beteiligten sind darüber einig, daß die Bfin. zu dem in § 10 a Abs. 1 Ziff. 2 EStG begünstigten Personenkreis gehört. Streitig ist nur die Höhe ihrer Entnahmen für das Streitjahr 1957.

Das Finanzgericht hat angenommen, die Bfin. habe ihr Einzelunternehmen zum 31. Dezember 1957 aufgegeben, weil sie sich im Gesellschaftsvertrag verpflichtet hatte, ab 1. Januar 1958 ihre werbende Tätigkeit einzustellen. Diese Feststellung findet in dem Inhalt der Akten keine Stütze. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 31. Dezember 1957 bleibt vielmehr das Einzelunternehmen über den 31. Dezember 1957 hinaus bestehen. Die mit den Heimarbeitern geschlossenen Verträge, die eine wesentliche Grundlage des Betriebs waren, sowie die beträchtlichen Außenstände und Schulden wurden nicht in die OHG eingebracht, sondern blieben in dem Einzelunternehmen, das also über das Jahr 1957 hinaus fortbestanden hat. Es ist mit der Gründung der OHG nicht aufgelöst worden, sondern ist allenfalls in das Stadium der Abwicklung (Liquidation) eingetreten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 294/56 U vom 10. September 1957, BStBl 1957 III S. 414, Slg. Bd. 65 S. 468).

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Wirtschaftsgüter im Jahr 1957 oder 1958 auf die OHG übertragen worden sind. Diese Frage braucht aber hier nicht entschieden zu werden, weil in der überführung begrifflich keine Entnahme im Sinne von § 10 a EStG 1957 liegen kann. Eine Entnahme besteht darin, daß der Unternehmer Wirtschaftsgüter für betriebsfremde Zwecke aus seinem Betriebe nimmt und in sein privates (außerbetriebliches) Vermögen einbringt. überführt der Unternehmer das Wirtschaftsgut nicht in sein Privatvermögen, sondern in einen anderen ihm gehörenden Betrieb, so macht er damit keine Entnahme, weil das Wirtschaftsgut den betrieblichen Bereich nicht verlassen hat. Die mehreren Betriebe eines Unternehmens bilden für diese Betrachtung eine Einheit. Sie stellen in ihrer Gesamtheit das Betriebsvermögen des Unternehmers dar, das seinem privaten (außerbetrieblichen) Vermögen gegenübersteht. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, z. B. in den Urteilen I 115/51 U vom 12. Dezember 1951 (BStBl 1952 III S. 79, Slg. Bd. 56 S. 197) und VI 137/59 U vom 30. September 1960 (BStBl 1960 III S. 489, Slg. Bd. 71 S. 643). Auch im Schrifttum wird diese Auffassung vertreten (vgl. z. B. Zitzlaff, Steuer und Wirtschaft 1944 S. 275; Hoffmann, Finanz-Rundschau 1955 S. 330).

Das gilt auch, wenn ein Unternehmer Wirtschaftsgüter aus seinem Einzelunternehmen in eine Personengesellschaft einbringt, an der er als Gesellschafter beteiligt ist, wie bereits in den Urteilen des Bundesfinanzhofs IV 48/52 U vom 3. Juli 1952 (BStBl 1952 III S. 256, Slg. Bd. 56 S. 667), IV 574/53 U vom 9. September 1954 (BStBl 1954 III S. 317, Slg. Bd. 59 S. 275) und VI 137/59 U (a. a. O.) entschieden ist. Der Anteil eines Gesellschafters an der OHG ist sein Mitunternehmen (ß 15 Ziff. 2 EStG).

Das Finanzamt legt der Tatsache, daß die Bfin. bei der übertragung der Wirtschaftsgüter in die OHG stille Reserven aufgedeckt hat, eine Bedeutung bei, die ihr in diesem Zusammenhang nicht zukommt. Die Bfin. konnte bei der überführung der Wirtschaftsgüter in die OHG stille Reserven aufdecken, ohne aber etwa dazu gezwungen zu sein (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 48/52 U a. a. O.). Wenn sie von dem Recht der Aufdeckung stiller Reserven Gebrauch machte, so entstand zwar buchmäßig ein Gewinn, der aber im betrieblichen Bereich blieb und nur durch einen Willensakt der Bfin. aus dem betrieblichen Bereich überführt, also "entnommen" werden konnte. Das Finanzamt trennt hier die Begriffe "Gewinnverwirklichung" und "Entnahme", die etwas verschiedenes besagen, nicht klar.

Das Finanzgericht hat nach allem § 10 a EStG 1957 zu Unrecht nicht angewandt. Seine Entscheidung sowie die ihr zugrunde liegenden Einspruchsentscheidung waren deshalb aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen, das die Einkommensteuer nach den Grundsätzen dieser Entscheidung zu berechnen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411141

BStBl III 1964, 328

BFHE 1964, 264

BFHE 79, 264

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