Haufe.de Shop
Service & Support
Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Beschluss vom 26.08.1997 - VII R 11/96 (NV)

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verspäteter Antrag auf mündliche Verhandlung gegen Gerichtsbescheid

 

Leitsatz (NV)

1. Ist ein Antrag auf mündliche Verhandlung nicht fristgerecht gestellt worden, so wirkt der Gerichtsbescheid (des BFH) als Urteil.

2. Zur Organisationspflicht von Behörden als Prozeßbeteiligte gehört es, eine Ausgangskontrolle zu schaffen, die ausreichende Gewähr dafür bietet, daß fristwahrende Schriftsätze nicht über den Fristablauf hinaus in der Behörde liegen bleiben. Die Erledigung des Schriftsatzes muß bis zu seiner Absendung überwacht werden.

 

Normenkette

FGO § 56 Abs. 1, 2 S. 2, §§ 90a, 121 S. 1

 

Gründe

Der Antrag der Beklagten und Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion -- OFD --) auf mündliche Verhandlung gegen den in dieser Sache ergangenen Gerichtsbescheid des Senats ist unzulässig.

Die OFD hat die Antragsfrist von einem Monat nach Zustellung des Gerichtsbescheids (§90 a Abs. 2 Nr. 3, §121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) versäumt; denn der Gerichtsbescheid ist ihr am 25. Februar 1997 zugestellt worden, der Schriftsatz mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung aber erst am 27. März 1997 (Donnerstag) beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist kann nicht entsprochen werden, weil die OFD nicht dargetan hat, daß sie ohne Verschulden verhindert war, diese Frist einzuhalten (§56 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 FGO).

Nach dem Vorbringen der OFD, für dessen Glaubhaftmachung eidesstattliche Versicherungen der Sachbearbeiterin, des zuständigen Referenten und des Leiters der Poststelle vorgelegt worden sind, ist der Schriftsatz mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung am 20. März 1997 erstellt und nach Abzeichnung des Entwurfs durch den Referenten am selben Tag gegen 11 Uhr als einfacher Brief in das für den Postauslauf des Referats vorgesehene Fach gelegt worden. Nach der Organisation des Postlaufs innerhalb der Behörde sei der Brief mit Sicherheit noch am 20. März 1997 in die Poststelle der OFD gelangt. Am 21. März 1997 habe er, wie der Leiter der Poststelle unter Hinweis auf den organisatorischen Ablauf der Postbeförderung in der Behörde versichert, per Sammelpost das Gebäude der OFD mit dem Bestimmungsort OFD München verlassen. Bei der OFD München müsse der Schriftsatz bei gewöhnlicher Postlaufzeit spätestens am Montag, den 24. März 1997, eingegangen sein. Da bei der Poststelle der OFD München die dort eingegangene Post unverzüglich auf die dort eingerichteten Postfächer, von denen auch eines für den BFH unterhalten werde, verteilt würde, könne davon ausgegangen werden, daß der Brief mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung spätestens am Dienstag, den 25. März 1997, -- dem letzten Tag der Antragsfrist -- vom Postbeförderungsdienst des BFH dort abgeholt worden sei. Etwaige nicht vorhergesehene Verzögerungen durch die Postlaufzeit dürften dem Absender nicht als Verschulden zugerechnet werden.

Das Vorbringen der OFD ist nicht geeignet, ein Verschulden der für die Bearbeitung der Revision zuständigen Bediensteten an der Versäumung der Antragsfrist auszuschließen (§56 Abs. 1 FGO), selbst wenn davon ausgegangen wird, daß sich die OFD das Verschulden eines Boten, der mit der Beförderung des Schriftstücks beauftragt wird, grundsätzlich nicht als eigenes Verschulden zurechnen lassen muß (vgl. zum Versehen von Angestellten in der Poststelle als Boten: BFH-Urteil vom 28. März 1969 III R 2/67, BFHE 96, 85, BStBl II 1969, 548). Grundsätzlich kann den Finanzbehörden als Verfahrensbeteiligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur unter denselben Voraussetzungen gewährt werden wie anderen Beteiligten (BFH-Urteil in BFHE 96, 85, BStBl II 1969, 548). Wie ein Prozeßbevollmächtigter (Rechtsanwalt, Steuerberater), so ist auch der Leiter der Finanzbehörde bzw. der zuständige Referent, Sachgebietsleiter oder Sachbearbeiter verpflichtet, ein Fristenkontrollbuch (Fristenkalender oder vergleichbare Einrichtung) zu führen, mit dem die Erledigung fristwahrender Schriftsätze bis zu ihrer Absendung überwacht werden kann. Zur Organisationspflicht gehört es, eine Ausgangskontrolle zu schaffen, die ausreichende Gewähr dafür bietet, daß fristwahrende Schriftsätze nicht über den Fristablauf hinaus im Büro bzw. in der Behörde liegen bleiben. Die Erledigung des Schriftsatzes muß bis zu seiner Absendung überwacht werden (Ausgangskontrolle). Daraus ergibt sich, daß Schriftsätze nicht nur rechtzeitig gefertigt und abgesandt werden müssen, sondern die Absendung auch in einem besonderen Vorgang kontrolliert werden muß. Die mit der Verwendung der Post beauftragte Poststelle (Boten) kann die Kontrolle regelmäßig nicht selbst -- z. B. durch Vermerk in einem Postausgangsbuch -- vornehmen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein zur Versendung bestimmtes Schriftstück sie gar nicht erreicht hat. Die Kontrolle muß daher durch jemand erfolgen, der den gesamten Vorgang überwacht, z. B. durch denjenigen, der den Fristenkalender führt oder zumindest durch jemand, der den Vorgang zuletzt bearbeitet hat oder der an der Bearbeitung beteiligt war (BFH-Entscheidungen vom 7. Dezember 1982 VIII R 77/79, BFHE 137, 221, BStBl II 1983, 229, 230; vom 7. Dezember 1988 X R 80/87, BFHE 155, 275, BStBl II 1989, 266, 268; vom 19. März 1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818, 821, m. w. N.).

Die OFD hat nicht vorgetragen, daß eine Ausgangskontrolle im vorstehenden Sinne, mit der im Regelfall die Versäumung gesetzlicher Fristen verhindert wird, bei ihr gewährleistet ist, so daß ein Organisationsverschulden nicht ausgeschlossen werden kann. Sie hat lediglich die rechtzeitige Erstellung des Antragsschriftsatzes dargetan und glaubhaft gemacht. Daß aber der Schriftsatz ihre Poststelle so rechtzeitig erreicht hat, daß er unter Berücksichtigung der regelmäßigen Postlaufzeit und der zwangsläufigen Verzögerung, die durch die Übersendung zunächst an die OFD München eintreten mußte, noch firstgerecht beim BFH eingehen konnte, ist nicht glaubhaft gemacht worden. Hierzu berufen sich die OFD und auch der Leiter der Poststelle in seiner eidesstattlichen Versicherung lediglich auf die allgemeine Organisation des Postlaufs innerhalb der Behörde und die übliche Versendung durch die Poststelle. Bei fristgebundenen Schriftstücken muß aber -- wie ausgeführt -- die individuelle Ausgangskontrolle gewährleistet sein. Im Streitfall könnte eine hausinterne Verzögerung der Absendung des Antragsschriftsatzes u. a. auch dadurch eingetreten sein, daß der Schriftsatz -- neben der Abzeichnung des Entwurfs durch die Sachbearbeiterin und den Referenten -- noch durch einen anderen Bediensteten der OFD "in Vertretung" unterzeichnet worden ist; ob dies vor oder nach der Einlegung des Schriftstücks in das für den Postauslauf des Referats vorgesehene Fach erfolgt ist, hat die OFD nicht ausgeführt. Es liegt auch kein Hinweis darauf vor, daß die mit der Versendung des Schriftsatzes beauftragte Hilfsperson (Leiter der Poststelle) -- wenn schon kein Fristenkontrollbuch geführt worden ist -- ausdrücklich auf die Bedeutung und Eil bedürftigkeit des Schriftstücks hingewiesen worden ist (vgl. hierzu BFH in BFHE 96, 85, BStBl II 1969, 548, 549, und BFHE 155, 275, BStBl II 1989, 266, 268).

Da somit ein Organisationsverschulden der OFD bereits hinsichtlich der Kontrolle der rechtzeitigen Absendung des fristwahrenden Schriftsatzes durch ihre Poststelle nicht ausgeschlossen werden kann, kommt es nicht darauf an, ob ein ihr zurechenbares Verschulden an der Versäumung der Antragsfrist auch darin gesehen werden kann, daß der Schriftsatz nicht direkt an den BFH, sondern über die OFD München an diesen versandt worden ist. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die OFD sich auch etwaige Verzögerungen in der Weiterleitung des Schriftstücks durch die OFD München zurechnen lassen muß und ob und ggf. durch welche organisatorische Maßnahmen sie dies hätte ausschließen können. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war abzulehnen, da nach dem Vorbringen der OFD ein Verschulden der verantwortlichen Bediensteten an der Versäumung der Antragsfrist nicht ausgeschlossen werden kann.Ü

ber den unzulässigen Antrag auf mündliche Verhandlung ist ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß zu entscheiden (§126 Abs. 1 FGO analog; BFH-Beschlüsse vom 22. Oktober 1971 VI R 159/68, BFHE 103, 138, BStBl II 1971, 812, und vom 10. Juni 1996 VIII R 92/89, BFH/NV 1996, 776).

Da ein Antrag auf mündliche Verhandlung nicht fristgerecht gestellt worden ist, wirkt der Gerichtsbescheid als Urteil (§90 a Abs. 3 1. Halbsatz i. V. m. §121 Satz 1 FGO; BFH/NV 1996, 776).

 

Fundstellen

Haufe-Index 303000

BFH/NV 1998, 70

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung

haufe-product

Meistgelesene Beiträge
  • Steuern und Nebenleistungen, Betriebsausgaben
    3.868
  • Innergemeinschaftlicher Erwerb: Umsatzsteuerlich richtig zuordnen und buchen
    3.035
  • Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder
    2.710
  • Renten / 11.2.3 Umwandlung einer Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente
    2.665
  • Betriebsbedarf
    2.500
  • Jahresabschluss, Umsatzsteuer
    2.357
  • Software, Anschaffung und Abschreibung
    2.331
  • Mahnung und Mahnverfahren / 7.3 Buchung Mahngebühren und Verzugszinsen
    2.325
  • Jahresabschluss, Abgrenzung Vorsteuer
    2.263
  • Anzahlungen, geleistete
    2.205
  • Firmen-Pkw, Privatnutzung von Elektrofahrzeugen / 3 Privatnutzung des Unternehmers von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen: Anwendung der 1-%-Regelung
    2.094
  • Sonderabschreibung: Voraussetzungen, Höhe und Buchung / 7 Sonderabschreibung: Übersicht
    2.085
  • Arbeitsmittel und Arbeitskleidung / 9.1 Werbungskostenabzug bei Arbeitnehmern für Reinigungskosten
    2.039
  • Reisekosten Inland für Arbeitnehmer: Verpflegungskosten / 4.2 Kürzung der Verpflegungspauschale bei Gestellung von Mahlzeiten
    2.038
  • Abschreibung, gebrauchte Wirtschaftsgüter / 6 Gebrauchter Firmen-Pkw: Besonderheiten bei der Schätzung der Nutzungsdauer
    2.022
  • Anhang nach HGB / 4.2 Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer
    2.017
  • Größenklassen
    2.017
  • Degressive Abschreibung bei beweglichen Wirtschaftsgütern / 2.2 Wie hoch ist die degressive AfA?
    1.947
  • Darlehen: Zinsen, Disagio und Tilgung richtig abgrenzen und buchen
    1.890
  • Betriebsaufgabe/Betriebsveräußerung/Betriebsverpachtung / 7 Ermittlung des Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinns
    1.863
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Finance
FG Kommentierung: Organisation der Ausgangskontrolle von fristwahrenden Schriftsätzen beim Steuerberater
Postkorb
Bild: Haufe Online Redaktion

Zur Organisationspflicht eines Steuerberaters gehört auch die Einrichtung einer effektiven Ausgangskontrolle zur Gewährleistung der fristgerechten Fertigung und tatsächlichen Versendung fristwahrender Schreiben. Diese muss so organisiert sein, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumnisse bietet, entschied das FG Köln.


BFH: Betriebsausgabenabzug für Verwaltungs- und Konzernabschlusskosten einer Holding
Richter im Gerichtssaal
Bild: Haufe Online Redaktion

Bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Tätigkeit ausschließlich darin besteht, einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft zu halten, um daraus Dividendenerträge zu erzielen, die nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerfrei sind, stehen laufende Verwaltungs- und Konzernabschlusskosten mit zum Teil steuerbefreiten Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang i. S. d. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG.


Richtig vorgehen: Rückstellungen bilden, auflösen und buchen
Rückstellungen
Bild: Haufe Shop

Dieses Fachbuch stellt den richtigen Umgang mit Rückstellungen sowohl im Handels- als auch im Steuerrecht übersichtlich dar. Es zeigt anhand von zahlreichen Beispielen und unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung, wie Sie bei Rückstellungen alles richtig machen.


BFH VII R 113/97 (NV)
BFH VII R 113/97 (NV)

  Entscheidungsstichwort (Thema) Organisationsverschulden der OFD  Leitsatz (NV) Auch bei einem seit Jahren praktizierten Postaustausch durch Boten zwischen der OFD und dem FG muß bei fristgebundenen Schriftsätzen eine individuelle Ausgangskontrolle bei ...

4 Wochen testen


Newsletter Finance
Bild: Haufe Online Redaktion
Newsletter Steuern und Buchhaltung

Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Für Praktiker im Rechnungswesen
  • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
  • Alles rund um betriebliche Steuern
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Finance Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe Onlinetraining
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Lexware
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Rechnungswesen Shop
Rechnungswesen Produkte
Buchführung Software und Bücher
Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen
Produkte zu Kostenrechnung
Produkte zur IFRS-Rechnungslegung
Haufe Shop Buchwelt

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren