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BFH Beschluss vom 24.05.1977 - IV R 45/76

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Leitsatz (amtlich)

Wird die Revision nur auf die Rüge mangelnder Sachaufklärung durch Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 76 FGO) gestützt, so gehört zu den Tatsachen im Sinne des § 120 Abs. 2 FGO, die den Verfahrensmangel ergeben und deren Bezeichnung die Revisionsbegründung enthalten muß, vor allem die genaue Angabe der Beweismittel, die das FG nicht erhoben hat, deren Erhebung sich aber dem FG auch ohne besonderen Antrag als noch erforderlich hätte aufdrängen müssen.

 

Normenkette

FGO § 118 Abs. 3, § 120 Abs. 2

 

Tatbestand

Für den Veranlagungszeitraum 1961 ist im Revisionsverfahren in der Sache noch streitig, welcher Teil des bei der Veräußerung eines Forstreviers erzielten einheitlichen Veräußerungspreises im Hinblick auf § 4 Abs. 1 letzter Satz des EStG a. F. auf den Grund und Boden und welcher Teil auf den Holzbestand entfällt.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) verkaufte am 21. Juli 1961 das Forstrevier "X" an das Land ... zum Preise von 1,6 Mio. DM.

Eine Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden und aufstehendes Holz erfolgte nicht. In der Einkommensteuererklärung 1961 setzte die Klägerin für das mitverkaufte aufstehende Holz einen Veräußerungsgewinn von 574 483 DM an, wobei sie für die Aussonderung des auf den Grund und Boden entfallenden Kaufpreises 8 000 DM je ha zugrunde legte.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA), ging bei der endgültigen Veranlagung zur Einkommensteuer 1961 von einem Veräußerungsgewinn von 925 518 DM aus. Dieser Betrag ergab sich nach Abzug des Wertes für den Grund und Boden, der nach den Feststellungen der OFD 5 000 DM pro ha betrug. Der Veräußerungsgewinn wurde nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG mit dem halben Steuersatz von 25,8 v. H. der Einkommensteuer unterworfen. Gegen den endgültigen Einkommensteuerbescheid 1961 hat die Klägerin Einspruch erhoben und beantragt, die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer gemäß § 50 Abs. 5 EStG 1961 in voller Höhe zu erlassen.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit der Klage wandte sich die Klägerin gegen die Höhe des vom FA angesetzten steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns. Außerdem beantragte sie den Erlaß der auf diesen Veräußerungsgewinn entfallenden Einkommensteuer gemäß § 50 Abs. 5 (jetzt Abs. 6) EStG.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Es führte im wesentlichen aus, der BFH habe im Falle der Veräußerung eines Grundstückes mit aufstehenden Gebäuden oder anderen mit dem Grund und Boden verbundenen Wirtschaftsgütern bei einem einheitlichen Kaufpreis den Standpunkt vertreten, daß der Kaufpreis in der Regel nach dem Verhältnis der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen sei. Das Gericht schließe sich der Rechtsauffassung des BFH an, da sie allein zu einem objektiven Aufteilungsmaßstab führe.

Was den Teilwert des reinen Grund und Bodens (Bodenwertanteil) betreffe, so entziehe sich dieser weitgehend einer Nachprüfung anhand objektiver Merkmale. Der forstliche Bodenwert sei aus den vergleichbaren Verkehrswerten festzustellen, die beim gewöhnlichen Grundverkehr für Waldböden gegendüblich im Streitjahr erzielt worden seien. Wenn das FA in Würdigung dieses Sachverhalts den Bodenwertanteil mit 0,50 DM pro qm als Teilwert zugrunde gelegt habe, sei es nur unwesentlich unter dem Durchschnittserlös aus dem Grundstücksverkehr mit landwirtschaftlich genutzten Grundstücken des Vergleichsgebietes geblieben. Gegen diesen Ausgangspunkt bestünden daher nach alledem keine Bedenken. Hingegen stammten die im Gutachten S verwendeten Erlöse des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs aus Gebieten, die geographisch zu weit vom hier streitigen Revier entfernt lägen. Außerdem sei nicht erkennbar, welchen Einfluß unterschiedliche Grundstücksgrößen und Bodengüten auf das Ergebnis gehabt hätten. Was schließlich den vom Gutachter M in seinem Sachverständigengutachten mit 0,65 DM pro qm für zutreffend gehaltenem Bodenwertanteil betreffe, so habe das Gericht Bedenken hinsichtlich der Herleitung dieses Wertes, denn der Gutachter habe diesen Bodenwert im Grunde genommen nur mit dem Argument begründet, andere Sachkundige hätten diesen Wert für richtig gehalten. Nach alledem gehe das Gericht davon aus, daß sich der Gesamtwert des Forstreviers aus der Summe der Einzelbestandswerte von 1 288 855 DM und dem auf der Grundlage von 0,50 DM pro qm zu errechnenden Bodenwertanteil von 606 500 DM zusammensetze. Der erzielte Mindererlös von 298 158 DM entfalle zu 68,00071 v. H. auf den Holzbestandswert und zu 31,99928 v. H. auf den Bodenwert. Mithin mindere sich der Bestandswert auf 1 086 106 DM und der Bodenwertanteil um 95 408 DM auf 511 092 DM.

Das FG hat auch den Antrag der Klägerin, das FA zu verpflichten, die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer gemäß § 50 Abs. 5 EStG zu erlassen, als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Revision erklärte die Klägerin, daß sie den Erlaßantrag nach § 50 Abs. 6 EStG 1958 nicht mehr weiterverfolge. Sie beantragt, die Vorentscheidung wegen ungenügender Sachaufklärung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Die Klägerin trägt vor:

Gegen die Anwendung des Rechtsgrundsatzes, daß bei der Veräußerung von forstwirtschaftlich genutztem Grund und Boden mit aufstehendem Holz der einheitliche Kaufpreis, der unter der Summe der Teilwerte liegt, bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns nach dem Verhältnis der Teilwerte der einzelnen veräußerten Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist, erhebe sie mit der Revision keine Einwendungen. Sie wende sich vielmehr gegen die ungenügende Sachaufklärung durch das FG und die dadurch hervorgerufene unzutreffende Würdigung des Sachverhalts. Das FG habe seine Entscheidung ausschließlich auf Wertbehauptungen der Finanzbehörden gestützt, hingegen das Vorbringen der Klägerin als Willkür und die Ausführungen des vom FG selbst berufenen Gutachters als nicht bedenkenfrei bezeichnet. Daraus ergebe sich aber, daß das FG in Anbetracht des gesamten Sachverhalts hätte erkennen müssen, daß eine weitere Sachaufklärung notwendig gewesen wäre. Sie, die Klägerin, habe sich auf die Stellungnahme der Oberforstdirektion berufen, wonach der Forstbezirk "X" als Ersatzland für Landverkäufe im Interesse der Allgemeinheit (Verteidigungszwecke, Straßenbau) erworben worden sei. Dem stehe nicht entgegen, daß das Forstareal auch heute noch forstwirtschaftlich genutzt werde. Der Staat habe das Forstrevier erworben, um den Bodenfonds wieder aufzufüllen und habe dafür 1,6 Mio. DM gezahlt. Dieser Kaufpreis sei vom FG nach ausschließlich steuerlichen Bewertungsund Berechnungsrichtlinien aufgeteilt worden. Das FG habe sich damit in Widerspruch zu der Begründung des Beweisbeschlusses gesetzt, mit dem die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet worden sei. Die Revisionsklägerin sehe darin einen Verfahrensmangel, der die Zulässigkeit der Revision begründe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht zulässig.

Die Revision der Klägerin wird auf ungenügende Sachaufklärung, also auf einen Verfahrensmangel gestützt (§ 76 FGO). Für diesen Fall bestimmt § 118 Abs. 3 Satz 1 FGO, daß nur über den geltend gemachten Verfahrensmangel zu entscheiden ist, sofern nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 dieser Vorschrift (Abweichung von einer Entscheidung des BFH) vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Vorschrift so zu verstehen, daß in den Fällen, in denen eine nach § 115 Abs. 1 FGO wegen der Höhe des Streitwertes statthafte Revision allein auf Verfahrensmängel gestützt wird, ohne das Recht der materiell-rechtlichen Überprüfung der Vorentscheidung nur über die zulässigerweise geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden ist, wenn nicht zugleich die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 FGO erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 10. März 1976 I R 100/74, BFHE 118, 530, BStBl II 1976, 498).

Da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 FGO offensichtlich nicht erfüllt sind, ist demnach dem Senat eine sachliche Nachprüfung der Vorentscheidung verwehrt. Er hat daher nur zu prüfen, ob die Rüge mangelnder Sachaufklärung die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit erfüllt und bejahendenfalls, ob sie begründet ist.

Der Verfahrensrüge fehlt es jedoch schon an einer ausreichenden Begründung im Sinne des § 120 Abs. 2 FGO. Nach dieser Vorschrift muß die Revisionsbegründung, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Diese Tatsachen hat die Klägerin nicht in dem erforderlichen Mindestumfang bezeichnet.

Die vorliegende Rüge bezieht sich auf die Beweiserhebungen des FG zur Ermittlung des bei der Aufteilung des Kaufpreises anzusetzenden Bodenwertes. Hinsichtlich dieser Erhebungen ist zunächst von Bedeutung, daß das FG im vorliegenden Fall keinen Beweisantrag der Beteiligten übergangen hat. Das schließt zwar die Rüge mangelnder Sachaufklärung nicht von vornherein aus (vgl. aber Entscheidung des BVerwG vom 13. September 1973 II B 45/73, HFR 1974, 308). Denn in dem vom Amtsprinzip beherrschten Steuerprozeß, der keine subjektive Beweislast und keine Beweisregeln, sondern nur eine objektive Feststellungslast kennt, ist die Tatsacheninstanz gehalten, den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel so vollständig als möglich aufzuklären. Das bedeutet, daß die Tatsacheninstanz grundsätzlich auch ohne Beweisanträge die erforderlichen Beweiserhebungen durchführen muß, bis der Sachverhalt so vollständig als möglich aufgeklärt ist. Die Klägerin rügt also als Verfahrensmangel genauer die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes durch das FG (§ 76 FGO).

Bei einer solchen Rüge mit der Begründung, das Gericht habe weiter aufklären müssen, erfordert aber § 120 Abs. 2 FGO eine genaue Angabe der Tatsachen, die, obwohl kein Beweisantrag übergangen wurde, den Mangel bei der Aufklärung des Sachverhaltes erweisen. Zu diesen Tatsachen gehört vor allem die Bezeichnung der Beweismittel, die das FG nicht erhoben hat, deren Erhebung sich aber dem FG als Tatsachengericht auch ohne besonderen Antrag als noch erforderlich hätte aufdrängen müssen. Nachdem im vorliegenden Fall das FG die einzelnen ihm vorliegenden unterschiedlichen Bewertungen des Grund und Bodens geprüft und danach nicht - wie die Klägerin vorträgt - die Wertbehauptungen des FA einfach übernommen hat, sondern deren Grundlagen vorher noch genauer ermittelt und präzise Angaben erhalten hat, hätte die Klägerin angeben müssen, welche Gutachten oder sonstige Unterlagen noch angefordert oder welche Gutachter noch hätten gehört werden müssen, und warum sie glaubt, daß diese zusätzlichen Erhebungen zur Ermittlung des Teilwertes des Grund und Bodens einen höheren Beweiswert gehabt hätten und das FG möglicherweise zu einer anderen Entscheidung geführt hätten. Da die Klägerin solche Beweismittel nicht angeführt hat, sich vielmehr damit begnügte, ohne Angabe schlüssiger Gründe und entgegen ihrer Erklärung im finanzgerichtlichen Verfahren, daß sie die Sache für entscheidungsreif halte, zu behaupten, es hätte eine weitere Sachaufklärung erfolgen müssen, genügt die von der Klägerin erhobene Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (Amtsermittlungspflicht) nicht den in § 120 Abs. 2 FGO an eine solche Rüge gestellten Anforderungen (vgl. BVerwG-Urteil vom 22. Januar 1969 VI C 52/65, Neue Juristische Wochenschrift 1969 S. 811).

 

Fundstellen

Haufe-Index 72083

BStBl II 1977, 694

BFHE 1978, 396

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    Finanzgerichtsordnung / § 118 [Revision nur bei Verletzung von Bundesrecht; Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Urteils]

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