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BAG Beschluss vom 17.07.1996 - 5 AS 33/95

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeitsbestimmung bei Streitgenossen

 

Normenkette

ZPO § 36 Nr. 3, § 60

 

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das Arbeitsgericht Köln bestimmt.

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Widerbeklagte zu 1) war bei der Beklagten und Widerklägerin als Leiter der kaufmännischen Abteilung beschäftigt. Mit Bescheid vom 28. Juni 1995 erkannte ihm die BfA rückwirkend ab 1. Februar 1995 Rente wegen dauernder Erwerbungsunfähigkeit zu. Er begehrte von der Beklagten und Widerklägerin vergeblich Zahlung des einzelvertraglich zugesagten Ruhegehalts. Mit Schreiben vom 28. August 1995 widerrief die Beklagte und Widerklägerin die Pensionszusage, nachdem sie bereits am 4. Februar 1994 den Widerbeklagten zu 2), den PSV, von dieser Absicht unterrichtet hatte.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht Mainz Klage auf Zahlung des Ruhegehalts erhoben. Die Beklagte hat ihrerseits vor dem Arbeitsgericht Mainz Klage gegen den Kläger und den PSV erhoben und die Feststellung begehrt, daß der Widerruf der betrieblichen Altersversorgung vom 28. August 1995 gegenüber dem Beklagten zu 1) gerechtfertigt ist. Das Arbeitsgericht Mainz hat beide Verfahren unter Führung des Aktenzeichens der Zahlungsklage zur einheitlichen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Beklagte und Widerklägerin und der Widerbeklagte zu 2) beantragen,

das Arbeitsgericht Köln als zuständiges Gericht zu bestimmen.

Der Kläger und Widerbeklagte zu 1), der ursprünglich beantragt hatte, das Arbeitsgericht Mainz als zuständiges Gericht zu bestimmen, hat nunmehr sein Einverständnis mit der Bestimmung des Arbeitsgerichts Köln als örtlich zuständiges Gericht erklärt. Er hat angekündigt, daß er in Kürze dem PSV, also dem Widerbeklagten zu 2) den Streit verkünden werde.

 

Entscheidungsgründe

II. Als örtlich zuständiges Gericht war das Arbeitsgericht Köln zu bestimmen.

1. Das gilt zunächst für die Widerklage.

a) Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines örtlich zuständigen Arbeitsgerichts durch das Bundesarbeitsgericht liegen vor (§ 36 Nr. 3 ZPO). Es besteht Einigkeit darüber, daß die Zuständigkeitsbestimmung entgegen dem Wortlaut des § 36 Nr. 3 ZPO („verklagt werden sollen”) auch noch nach Rechtshängigkeit und nach Erhebung der Rüge der örtlichen Unzuständigkeit durch den Beklagten getroffen werden kann (BAGE 44, 223 = AP Nr. 33 zu § 36 ZPO; zuletzt BAG Beschlüsse vom 4. Mai 1992 – 5 AS 2/92 – und vom 29. Juni 1992 – 5 AS 6/92 –, n.v.; BGHZ 88, 331, 333). Dafür sind Zweckmäßigkeitserwägungen maßgebend.

Die Beklagte und Widerklägerin nimmt den Kläger und Widerbeklagten zu 1) sowie den Widerbeklagten zu 2) als Streitgenossen in Anspruch. Das ist nach § 60 ZPO möglich (wenn auch in Fällen dieser Art nicht zweckmäßig). Nach dieser Bestimmung können mehrere Personen als Streitgenossen gemeinschaftlich verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem in wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Das ist hier der Fall. Der Arbeitgeber, der Versorgungszusagen aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen will, muß die daraus entstehenden Streitfragen in einem Rechtsstreit gegen den Pensions-Sicherungs-Verein klären (BAGE 32, 220, 227 = AP Nr. 4 zu § 7 BetrAVG, zu III 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 16. März 1993 – 3 AZR 299/92 – BAGE 72, 329, 335 f. = AP Nr. 18 zu § 7 BetrAVG Widerruf, zu A 3 der Gründe). An diesem Rechtsstreit kann der Arbeitnehmer, um dessen Versorgungsbezüge es geht, beteiligt werden. Wird er beteiligt, ist eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung zweckmäßig (BAGE 44, 223 = AP Nr. 33 zu § 36 ZPO).

Die beiden Widerbeklagten haben keinen gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand. Ihren allgemeinen Gerichtsstand haben sie bei verschiedenen Arbeitsgerichten, nämlich dem Arbeitsgericht Mainz und dem Arbeitsgericht Köln.

Wenn beide Beklagten bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, ist es zweckmäßig, das Gericht, bei dem der Träger der Insolvenzsicherung seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, nach § 36 Nr. 3 ZPO als das zuständige Gericht zu bestimmen. Diese Auffassung hat der Senat bereits mehrfach vertreten (vgl. BAGE 44, 223 = AP Nr. 33 zu § 36 ZPO; zuletzt Beschlüsse vom 4. Mai 1992 und 29. Juni 1992, a.a.O.). An ihr wird auch im vorliegenden Fall festgehalten.

b) Auch für die vom Kläger und Widerbeklagten zu 1) erhobene Klage war das Arbeitsgericht Köln als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen.

Zwar richtet sich diese Klage (bisher) nur gegen die Beklagte und Widerklägerin, so daß an sich für eine Entscheidung nach § 36 Nr. 3 ZPO kein Raum wäre. Es handelt sich hier jedoch um einen Sonderfall. Die Widerklage ist für die Zahlungsklage, zumindest soweit sie die Zeit ab Zugang des Widerrufsschreiben vom 28. August 1995 betrifft, vorgreiflich (§ 148 ZPO). Eine Prozeßtrennung nach erfolgter Prozeßverbindung ist nicht sinnvoll und wird auch von keiner der Parteien angestrebt. Im übrigen hat sich der Kläger und Widerbeklagte zu 1) damit einverstanden erklärt, daß das Arbeitsgericht Köln als örtlich zuständiges Gericht bestimmt wird. Der Fall ist also so anzusehen, als ob der Kläger erst nach Bestimmung des Arbeitsgerichts Köln als für die vom Arbeitgeber erhobene Widerklage zuständiges Gericht sogleich vor dem Arbeitsgericht Köln als dem nach § 33 ZPO zuständigen Gericht gegen seinen (ehemaligen) Arbeitgeber geklagt hätte.

c) Das Arbeitsgericht Köln wird zu überprüfen haben, ob es den vorliegenden Prozeß mit den Parallelverfahren verbindet (§ 147 ZPO). Denn die Entscheidung über die Berechtigung eines solchen Widerrufs kann trotz einzelvertraglicher Pensionszusagen sinnvollerweise nur einheitlich ergehen. Im übrigen hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 26. Juni 1980 (– 3 AZR 156/79 – BAGE 33, 234 = AP Nr. 1 zu § 4 BetrAVG) zu Recht auf folgendes hingewiesen: Die Auseinandersetzung darüber, ob wirtschaftliche Gründe einen Widerruf von Versorgungszusagen rechtfertigen, betrifft in erster Linie den Arbeitgeber und den PSV und weniger den Arbeitnehmer. Die einzelnen Arbeitnehmer können anders als der PSV in solchen Fällen vielfach gar nicht oder nur mit Schwierigkeiten beurteilen, ob und inwieweit die für den Widerruf vom Arbeitgeber angeführten wirtschaftlichen Umstände zutreffen und welches Gewicht sie haben. § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG muß so verstanden werden, daß der Insolvenzschutz auch verfahrensmäßig funktioniert und die Arbeitnehmer nicht mit in der Sache wenig dienlichen Einzelstreitigkeiten überzogen werden, wie es hier von Seiten der Klägerin geschehen ist.

 

Unterschriften

Griebeling, Schliemann, Reinecke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1086592

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