2.1 Überblick

Die steuerrechtliche Niederstbewertung des Umlaufvermögens ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG geregelt. Hiernach dürfen Vorratsgüter mit ihrem Teilwert angesetzt werden, soweit er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. dem an ihre Stelle tretenden Wertansatz liegt, jeweils vermindert um etwaige steuerliche Abzüge.[1] Der steuerliche Teilwert deckt sich ganz überwiegend mit den niedrigeren Wertansätzen gem. § 253 Abs. 4 HGB. Teilweise bestehen jedoch Unterschiede in der Ableitung der einzelnen Wertmaßstäbe.

Das steuerrechtliche Wahlrecht zur Teilwertabschreibung kann unabhängig von einer handelsrechtlichen außerplanmäßigen Abschreibung ausgeübt werden.[2], [3] Führt die Inanspruchnahme zu einer Abweichung vom handelsrechtlichen Wertansatz, ist das Wirtschaftsgut in einem gesonderten Verzeichnis zu erfassen.[4] Eine steuerrechtliche Teilwertabschreibung setzt eine voraussichtlich dauernde Wertminderung voraus.[5] Diese Einschränkung steht der Abschreibung eines zum Abschlussstichtag wertgeminderten Vorratsguts insbesondere dann entgegen, wenn sein Wert bis zur Aufstellung des Jahresabschlusses bzw. bis zu einem früher liegenden Verkaufs- oder Verbrauchszeitpunkt wieder ansteigt.[6] Bei dieser Konstellation fallen handels- und steuerrechtlicher Wertansatz unweigerlich auseinander.

[5] Vgl. hierzu Kessler, DB 1999, S. 2578 ff.; Loitz/Winnacker, DB 2000, S. 2229 ff.; Kolb, StuB 2001, S. 434. Die Darlegungs- und Feststellungslast einer voraussichtlich dauernden Wertminderung liegt ebenso wie die Nachweispflicht eines niedrigeren Teilwerts beim Steuerpflichtigen; vgl. BMF, Schreiben v. 16.7.2014, IV C 6 – S 2171 – b/09/10002, BStBl 2014 I S. 1162 ff., Rz. 4.

2.2 Teilwertvermutungen und Möglichkeiten ihrer Widerlegung

Zur Vereinfachung der Teilwertschätzung in der Praxis hat die Finanzrechtsprechung Vermutungen aufgestellt, die als Ausdruck allgemeiner Erfahrungssätze gelten (vgl. Tab. 3).

Diese Vermutungen deuten den Teilwert ganz überwiegend beschaffungsorientiert. Der Grund liegt in der gesetzlichen Definition dieses Wertmaßstabs, die auf die Wertschätzung eines potenziellen Betriebserwerbers abstellt.[1] Dieser würde – so die ständige Rechtsprechung – für ein Vorratsgut maximal die Wiederbeschaffungs- bzw. Wiederherstellungskosten vergüten.[2]

Tab. 3: Teilwertvermutungen für das Vorratsvermögen

Ausgehend von den Teilwertvermutungen ergeben sich die in Tab. 4 dargestellten Ansätze zum Nachweis eines unter dem Buchwert liegenden Teilwerts als (Mindest-)Voraussetzung für eine steuerrechtliche Niederstwertabschreibung. Die neben den "üblichen" Tatbeständen (gesunkene Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten, nicht kostendeckender Verkaufswert) denkbaren Ansätze zur Rechtfertigung einer Teilwertabschreibung, der Nachweis einer Fehlmaßnahme oder eines negativen Geschäftswerts haben im Vorratsvermögen keine praktische Bedeutung. Da die Rechtsprechung als Fehlmaßnahmen nur unbewusste oder irrtümliche Fehleinschätzungen anerkennt, sollte in diesen Fällen eine Teilwertabschreibung regelmäßig auch über eine beschaffungs- oder absatzorientierte Bewertung des Vorratsguts möglich sein. Der Weg über den Nachweis einer unzureichenden Rentabilität des Gesamtbetriebs dürfte deshalb nicht zielführend sein, da auch hier die Teilwertabschreibung – soweit ihre Voraussetzungen überhaupt vorliegen[3] – nach unten durch den Einzelveräußerungspreis des Vorratsguts begrenzt wird.

Tab. 4: Nachweis eines gesunkenen Teilwerts im Vorratsvermögen

Bei der Ableitung des Teilwerts vom Beschaffungs- bzw. Absatzmarkt gehen Handels- und Steuerbilanzrecht teilweise getrennte Wege. So sieht die Finanzrechtsprechung abweichend von der handelsrechtlichen Kommentarliteratur etwa in der Möglichkeit eines günstigeren Fremdbezugs keinen Abschreibungsgrund für fertige oder unfertige Erzeugnisse. Stattdessen orientiert sie sich insoweit allein an den aktuellen Wiederherstellungskosten.[4] Unterschiede bestehen zum Teil auch bei der Ermittlung der einzelnen Wertmaßstäbe. Sie sind nachfolgend erläutert.

2.3 Verlustermittlung

2.3.1 Wiederbeschaffungskosten

Die steuerrechtlichen Grundsätze zur Bestimmung des Teilwerts von Vorratsgütern über deren betriebsindividuelle Wiederbeschaffungskosten entsprechen jenen des Handelsbilanzrechts. Die Rechtsprechung erkennt jedoch nur nachhaltig gesunkene Wiederbeschaffungskosten als Grund für Teilwertabschläge an.[1] Auf die Höhe des erzielbaren Einzelveräußerungspreises komm...

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