Rz. 41

Hat die Konzernspitze ihren Sitz im Ausland, sind nachfolgende Fallkonstellationen zu unterscheiden:

Abb. 4: Fallkonstellationen bei einer Konzernspitze mit Sitz im Ausland

Liegt der Fall (a) vor und besteht der Konzern nur aus einem ausländischen Mutterunternehmen und einem oder mehreren unmittelbar beherrschten inländischen Tochterunternehmen, kann sich keine Konzernrechnungslegungspflicht nach dem Zweiten Unterabschnitt ergeben, so dass nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung in einem einstufigen Konzern mit einer ausländischen Konzernspitze niemals ein Unternehmensverbund i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB gegeben sein kann.[1]

Besonders soll auf den Fall hingewiesen werden, dass ein ausländisches Mutterunternehmen mindestens zwei inländische Tochterunternehmen unmittelbar (direkt) beherrscht.

 

Beispiel 4:

In diesem Konzern stellen weder die Beziehungen zwischen A und B noch die zwischen A und C Verbundbeziehungen dar. Darüber hinaus führt die Anwendung des § 271 Abs. 2 HGB zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass auch die zwischen B und C bestehenden Konzernbeziehungen nicht den Verbundtatbestand des HGB in seiner wörtlichen Interpretation erfüllen.

Selbiges gilt für den Fall eines mehrstufigen Konzerns, wenn die inländischen Tochterunternehmen nicht nach § 290 HGB zur Konzernrechnungslegung verpflichtet oder von dieser nach § 293 HGB befreit sind.

 

Rz. 42

Liegt ein mehrstufiger Konzern mit einer ausländischen Konzernspitze vor (vgl. Feld (3) der Abb. 3), bei dem mindestens ein inländisches Tochterunternehmen zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach § 290 HGB verpflichtet ist, gelten vom Grundsatz her die Ausführungen zum Fall der inländischen Konzernspitze in der Rechtsform einer inländischen Nicht-Kapitalgesellschaft, der ein inländisches Tochterunternehmen untergeordnet ist, das seinerseits wiederum einen (Teil-)Konzernabschluss zu erstellen hat (vgl. Fall (b) und (c) der Abb. 4).

Besonders soll darauf hingewiesen werden, dass es gleichgültig ist, ob ein befreiender Konzernabschluss eines ausländischen Mutterunternehmens den Befreiungsvoraussetzungen des § 291 HGB bezüglich Inhalt, Offenlegung und Prüfung auch tatsächlich entspricht. In jedem Fall existieren Unternehmensverbindungen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB zwischen allen Konzernunternehmen, die in einen solchen befreienden Konzernabschluss einzubeziehen wären. Dies wiederum liegt darin begründet, dass der Gesetzeswortlaut allein auf die Befreiungsmöglichkeit abstellt, die bei in einem EWR-Staat ansässigen Mutterunternehmen grundsätzlich gegeben ist. Entsprechendes gilt für die (mögliche) Aufstellung eines befreienden Konzernabschlusses nach Maßgabe des § 292 HGB.[2]

 

Beispiel 5:

Unterstellt man, dass alle Unternehmensverflechtungen auf der Grundlage von Stimmrechtsmehrheiten beruhen, so müssten D (AG, Köln) und E (AG, Hamburg) jeweils einen teilkonsolidierten Abschluss erstellen. Vorausgesetzt, dass etwaige konzernfremde (Minderheits-)Gesellschafter von D und E keinen Partialabschluss verlangen bzw. das zu befreiende Unternehmen keinen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG durch von ihm ausgegebene Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 WpHG in Anspruch nimmt, könnte ein Konzernabschluss mit befreiender Wirkung aus Sicht von D und E von A aufgestellt werden. Als Ergebnis qualifizierten sich dann sämtliche Unternehmen des A-Konzerns als verbundene Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB.

[1] Vgl. ganz in diesem Sinne auch Hachmeister/Glaser, in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, Handbuch des Jahresabschlusses, Abt. II/4 Rz. 29, Stand: 11/2015; eine richtlinienkonforme Anwendung gar über den Wortlaut hinaus für geboten haltend Reiner, in Schmidt, Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2020, § 271 HGB Rz. 34 ff. (forthcoming); zu Recht kritisch von Keitz, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 271 HGB Rz. 64 (66 ff.), Stand: 8/2016.
[2] Vgl. stellvertretend Dusemond/Küting/Wirth, Küting/Weber: Der Konzernabschluss, 14. Aufl. 2018, S. 68 ff.

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