Zusammenfassung

 
Begriff

In Zeiten besonders ausgeprägter Regelungswut des Gesetzgebers und der sich hieraus ergebenden ständigen Verkomplizierung des Steuerrechts hat der Steuerpflichtige ein Interesse daran, verbindlich zu wissen, welche steuerrechtlichen Rechtsfolgen geplante Gestaltungen nach sich ziehen werden. Mit § 89 Abs. 2 AO hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Erteilung verbindlicher Auskünfte auch gesetzlich verankert.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Erteilung verbindlicher Auskünfte sowie die in diesem Zusammenhang bestehende Gebührenpflicht ist in § 89 Abs. 25 AO sowie in der Steuer-Auskunftsverordnung vom 30.11.2007 (BGBl 2007 I S. 2783) geregelt. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016[1] wurde § 89 Abs. 2 u. 3 AO punktuell geändert. Die Steuer – Auskunftsverordnung wurde durch Artikel 4 der Verordnung v. 12.7.2017[2] zuletzt geändert.

[1] BGBl 2016 I S. 1679.
[2] BGBl 2017 I S. 2360.

1 Gesetzliche Grundlagen

Nach § 89 Abs. 2 AO können die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig ist das Finanzamt, das bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde.

Sofern im Zeitpunkt der Antragstellung kein zuständiges Finanzamt i. S. d. Regelungen in §§ 1821 AO vorhanden ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, das BZSt zuständig. Sollte dieser Fall eintreten, bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die später bei Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig wird.

§ 89 Abs. 2 Sätze 5 bis 7 AO ermächtigen das Bundesministerium der Finanzen, mit Zustimmung des Bundesrats nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. Dies wurde mit der Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) umgesetzt. Weitergehende umfangreiche Erläuterungen ergeben sich aus dem AEAO zu § 89.

2 Begriffsbestimmung und Abgrenzung

Begrifflich ist die verbindliche Auskunft von der verbindlichen Zusage nach einer Außenprüfung[1] und der tatsächlichen Verständigung zu unterscheiden.

Eine verbindliche Zusage nach § 204 AO setzt voraus, dass eine Außenprüfung stattgefunden hat. Der Steuerpflichtige kann dann beantragen, dass die Finanzverwaltung ihm verbindlich zusagt, wie ein für die Vergangenheit geprüfter und im Prüfungsbericht dargestellter Sachverhalt in Zukunft steuerrechtlich behandelt wird.

Bei einer tatsächlichen Verständigung einigen sich die Beteiligten verbindlich über den der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Sachverhalt, dessen genaue Ermittlung erschwerten Bedingungen unterliegt. Sie kommt zustande, wenn ein Beurteilungs-, Schätzungs- oder Bewertungsspielraum besteht, der Sachverhalt abgeschlossen ist und die Beteiligten zu einer abschließenden Regelung befugt sind.[2] Eine wirksam und unanfechtbar zustande gekommene Verständigung bindet die Beteiligten an die vereinbarte Tatsachenbehandlung. Eine im Rahmen einer Außenprüfung getroffene tatsächliche Verständigung bindet die Finanzbehörde sogar bereits vor Erlass der darauf beruhenden Bescheide.[3]

Im Gegensatz zu den beiden vorgenannten Regelungen ist die verbindliche Auskunft umfassender, d. h. sie geht über den Regelungsbereich der gesetzlich normierten verbindlichen Auskünfte[4] hinaus. Mit ihr erteilt die Finanzverwaltung verbindlich Auskunft über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten Sachverhalten.

 
Hinweis

Abgrenzung zur allgemeinen Fürsorgepflicht

Von der verbindlichen Auskunft ist die allgemeine, sich aus § 89 Abs. 1 AO ergebende Beratungspflicht der Finanzverwaltung zu unterscheiden, die jedoch nur dann besteht, wenn der Steuerpflichtige Erklärungen oder Anträge offensichtlich versehentlich oder aus Unkenntnis nicht abgibt bzw. nicht stellt und somit sehr eingeschränkt ist. Eindeutige Verstöße der Finanzverwaltung gegen diese Fürsorgepflicht können zur Wiedereinsetzung[5] bzw. u. U. sogar zum Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen[6] führen.

 
Achtung

Bindung bei unverbindlicher Auskunft

Hat das Finanzamt eine unverbindliche Auskunft erteilt und ändert sich die der Auskunft zugrunde liegende Rechtslage, ist das Finanzamt berechtigt, einen der geänderten Rechtslage entsprechenden Bescheid zu erlassen. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn es anderweitig einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat.[7]

3 Anspruchsvoraussetzungen

Grundvoraussetzung ist zunächst, dass im Hinbl...

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