B ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er Leistungen selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht ausführt. Mit den gegenüber seinen Auftraggebern ausgeführten Leistungen wird er auch im Rahmen seines Unternehmens tätig. Durch die seit 2021 ausgeführten Reparaturarbeiten hat B den Rahmen seiner unternehmerischen Betätigung erweitert.

In 2021 war B noch nicht als "bauleistender Unternehmer" i. S. d. § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG anzusehen, da er weder im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 10 % seiner weltweit ausgeführten Leistungen im Bereich von Bauleistungen ausgeführt hatte, noch nach Aufnahme der neuen Tätigkeit abzusehen war, dass er diese Grenze in 2021 überschreiten würde.[1]

 
Wichtig

Bauträgerumsätze sind keine Bauleistungen

Die Umsätze, die B als Bauträger ausführt, sind keine Bauleistungen i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG. Wenn B auf eigenen Grundstücken Gebäude errichtet und diese Gebäude dann ganz oder teilweise (hier als Eigentumswohnungen) veräußert, erbringt er reine Lieferungen (Verschaffung der Verfügungsmacht über die Grundstücke bzw. Grundstücksteile). In den Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG fallen aber nur Werklieferungen und sonstige Leistungen. Eine Werklieferung setzt voraus, dass ein fremder Gegenstand be- oder verarbeitet wird.[2]

Wenn aber B (ab 2022) als bauleistender Unternehmer nach § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG gilt – er hat dann im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 10 % seiner weltweit ausgeführten Leistungen als Bauleistungen erbracht –, wird er für alle ihm gegenüber ausgeführten Bauleistungen (auch die Bauleistungen, die er für seine Bauträgerumsätze verwendet) zum Steuerschuldner nach § 13b UStG.

Die Leistungen des Subunternehmers S sind im Inland steuerbare Leistungen[3], die auch keiner Steuerbefreiung unterliegen. Mit den von S ausgeführten Ausbauarbeiten werden gegenüber B zwar Bauleistungen i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG erbracht, da B aber zum Zeitpunkt der Zahlung der Abschlagsrechnung nicht als bauleistender Unternehmer anzusehen war, war S der Steuerschuldner für die von ihm vereinnahmte Anzahlung.[4]

Die Umsatzsteuer entsteht für S, da eine Leistung oder Teilleistung im Dezember 2021 noch nicht ausgeführt worden ist, mit Zahlung (Anzahlungsbesteuerung).[5]

Bei Ausführung der Leistung in 2022 gilt B als bauleistender Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG, da er im Vorjahr mindestens 10 % seiner weltweit ausgeführten Umsätze als Bauleistungen erbracht hat; er kann dies auch gegenüber seinem Vertragspartner durch die Bescheinigung USt 1 TG nachweisen. Für die in 2022 gegenüber B ausgeführte Leistung wird jetzt B zum Steuerschuldner, die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer ist eine unrichtig nach § 14c Abs. 1 UStG ausgewiesene Umsatzsteuer, die zwar der Rechnungsaussteller S nach § 14c Abs. 1 UStG schuldet, die aber B nicht als Vorsteuer abziehen kann. Darüber hinaus schuldet B für die ihm jetzt gegenüber ausgeführte Leistung die Umsatzsteuer nach § 13b UStG. Die Bemessungsgrundlage beträgt nach § 10 Abs. 1 UStG 50.000 EUR.[6]

B schuldet damit 9.500 EUR, die er im Monat der Ausstellung der Rechnung gegenüber seinem Finanzamt anmelden muss. Da er mit den Bautätigkeiten offensichtlich selbst keine vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsleistungen bewirkt[7], kann der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG vorgenommen werden.

 
Wichtig

Keine Änderung der Besteuerung der Anzahlung

Früher war umstritten, wie mit der in 2018 vereinnahmten Anzahlung umzugehen sei. Die Finanzverwaltung vertrat die Rechtsauffassung, dass die im Rahmen der Anzahlung geflossenen Beträge nach den Rechtsvorschriften anzupassen sind, die im Moment der Ausführung der Leistung gelten. In 2018 hat sich die Finanzverwaltung aber anders positioniert.[8] Die Besteuerung der Anzahlung – mit der Steuerschuldnerschaft des S – wird durch die 2022 vorliegenden Voraussetzungen für die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf B bei Ausführung der Leistung nicht berührt. Insbesondere kommt es nicht zu einer Nachversteuerung der in 2021 geleisteten Anzahlung nach § 13b UStG durch B.

[3] Werklieferungen nach § 3 Abs. 4 UStG, die nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG dort ausgeführt sind, wo sich das Bauwerk bei Abnahme befindet.
[5] § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG. Korrespondierend dazu ergibt sich für B die Vorsteuerabzugsberechtigung, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG.
[6] Ggf. könnte hier auch der Bruttobetrag anzusetzen sein, aus systematischen Gründen ist aber dem Nettobetrag der Vorzug zu geben. S könnte auch die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer berichtigen.
[7] Ausschluss des § 15 Abs. 2 UStG.

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