1 Allgemeines, Zweck und Bedeutung der Vorschrift

1.1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 4 Nr. 9 UStG regelt die Steuerbefreiung für bestimmte Umsätze, die gleichzeitig anderen Verkehrsteuern unterliegen. Im Einzelnen handelt es sich um

 

Rz. 2

Bis zum 5.5.2006 enthielt die Vorschrift auch eine Steuerbefreiung der Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind. Sinn der Vorschrift ist es, die doppelte Besteuerung solcher Umsätze zu verhindern, die der USt und zugleich einer bestimmten anderen Steuer, nämlich der GrEStG, der Rennwett- und der Lotteriesteuer unterliegen. Da die Steuerarten, denen die USt in § 4 Nr. 9 UStG weicht, einzeln und abschließend aufgeführt sind, lässt sich die Vorschrift nicht erweiternd dahin auslegen, dass es allgemein unzulässig sei, Umsätze mit USt und einer anderen Steuer zu belasten. Ein verfassungsrechtliches Gebot, wonach ein Steuergegenstand nur einmal besteuert werden darf, gibt es nicht. Im Einzelfall kann indes schon der Sinn eines Gesetzes der mehrfachen steuerlichen Erfassung desselben Vorgangs entgegenstehen.[1]

 

Rz. 3

Steuerfrei nach § 4 Nr. 9 UStG sind Umsätze, die einerseits die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllen (also umsatzsteuerbar sind) und die andererseits unter das GrEStG bzw. das RennwLottG fallen. Umsätze "fallen" unter das GrEStG oder unter das RennwLottG, wenn sie nach einem dieser Gesetze steuerbar sind. Fällt ein Umsatz nicht unter das GrEStG oder das RennwLottG und wird dennoch – rechtswidrig – nach diesen Gesetzen besteuert, kommt die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 UStG zwar ebenfalls nicht in Betracht. Da in solchen Fällen der Sachverhalt jedoch nur einmal (im Rahmen der Umsatzbesteuerung) berücksichtigt werden darf, muss der fehlerhafte GrEStG- oder RennwLottG-Bescheid auf Antrag aufgehoben oder geändert werden. Ist ein bestimmter Sachverhalt zuungunsten eines Steuerpflichtigen nicht nur in einem USt-Bescheid, sondern auch z. B. in einem GrEStG-Bescheid berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern.[2] Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem USt-Bescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem GrEStG-Bescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, kann die Umsatzsteuerfestsetzung insoweit nachgeholt werden.[3]

 

Rz. 4

Die Umsatzsteuerbefreiung tritt bereits ein, wenn das GrEStG oder das RennwLottG anwendbar ist, d. h. die Umsätze nach diesen Gesetzen steuerbar sind. Es ist grundsätzlich unerheblich, ob die Umsätze nach diesen Gesetzen steuerpflichtig oder steuerfrei sind, oder ob die Steuer nach diesen Gesetzen festgesetzt, entrichtet oder erlassen wird.[4] Dies gilt allerdings nach § 4 Nr. 9 Buchst. b S. 2 UStG nicht für Umsätze, die unter das RennwLottG fallen und die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird. In diesen Fällen sind die betreffenden Umsätze umsatzsteuerpflichtig. Daher sind Umsätze, die unter das RennwLottG fallen, nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie nach diesem Gesetz steuerpflichtig sind. Die Umsatzsteuerbefreiung gilt in diesen Fällen aber auch, wenn im Einzelfall die Rennwett- und Lotteriesteuer erlassen worden ist.

[1] BFH v. 31.3.1976, II R 25/71, BStBl 1976 II, 532, betr. Börsenumsatzsteuer und ErbSt; BVerfG v. 15.5.1984, I BvR 464/81, BStBl II 1984, 613, betr. Schenkungsteuer und GrESt.
[4] FG Niedersachsen v. 14.1.1977, V 68/76, EFG 1977, 461, DStR 1977, 643 zu § 4 Nr. 9 UStG 1967 sowie BFH v. 11.5.1967, V 5/64, BStBl III 1967, 643 zu § 4 Nr. 9 UStG 1951.

1.2 Zweck und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 5

Mit § 4 Nr. 9 UStG soll eine Doppelbesteuerung mit USt und GrESt bzw. mit USt und Rennwett- und Lotteriesteuer verhindert werden. Andererseits kann aus der Vorschrift kein grundsätzliches Verbot der Doppelbesteuerung hergeleitet werden. Eine ggf. formal doppelte Belastung eines Erwerbsvorgangs mit USt und GrESt folgt aus dem Gesetz.[1] Sie ist nicht verfassungswidrig, denn ein verfassungsrechtliches Gebot, wonach ein Steuergegenstand nur einmal besteuert werden darf, gibt es nicht.[2] So hat der BFH es z. B. für unzulässig angesehen, bei der Lieferung von Tabakerzeugnissen die Tabaksteuer aus der Bemessungsgrundlage für die USt auszuscheiden[3], die in den Eintrittspreisen für Filmvorführungen einkalkulierte USt aus der Bemessungsgrundlage für die Vergnügungsteuer auszuscheiden[4] oder Getränkeumsätze insoweit als steuerfrei zu behandeln, als auf ihnen Getränkesteuer ruht.[5] Auch hat der BFH entschieden, dass Lieferungen durch Herstellung eines schlüsselfertigen Ferienhauses seitens eines mit dem Grundstückseigentümer nicht identischen Unternehmers auch dann nicht steuerfrei i. S. v. § 4...

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