Unternehmer können eine oder mehrere Betriebsstätten haben, die sie mehr oder weniger oft aufsuchen. Aber auch bei Unternehmern kann es nicht sein, dass Fahrten zu jeder Betriebsstätte als Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte zu behandeln sind, bei denen nur die Entfernungspauschale angesetzt werden kann. Entsprechend der Regelung, die für Arbeitnehmer gilt, kann es auch bei Unternehmern nur "eine Betriebsstätte" geben, bei der die Entfernungspauschale anzusetzen ist.[1]

Bei Unternehmern und Freiberuflern kommt es auf die erste Betriebsstätte an (= Mittelpunkt einer dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit). Das BMF wendet die Regelungen, die für Arbeitnehmer gelten, weitgehend auch für Unternehmer und Freiberufler an. Aus diesem Grund wird der Begriff der Betriebsstätte abweichend von § 12 AO geregelt mit der Konsequenz, dass ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsstätte in diesem Sinne anerkannt wird.

Bei der Abgrenzung von Reisekosten und Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte handelt es sich lt. BMF nur dann um eine Betriebsstätte, wenn es sich um eine dauerhafte Tätigkeitsstätte handelt, die von der Wohnung getrennt ist. D. h., es muss sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung

  • des Unternehmers/Freiberuflers oder
  • des Auftraggebers oder
  • eines vom Auftraggeber bestimmten Dritten handeln,

an der oder von der aus die steuerlich relevante Tätigkeit ausgeübt wird.

Um eine dauerhafte Tätigkeitsstätte handelt es sich, insbesondere wenn

  • die Tätigkeit an diesem Ort unbefristet ist,
  • für die Dauer von mehr als 48 Monaten oder
  • für die Dauer der gesamten betrieblichen Tätigkeit ausgeübt werden soll.

Es handelt sich um eine Prognose, bei der auf die voraussichtliche Dauer (entsprechend dem Auftragsverhältnis) abzustellen ist. Wird das Auftragsverhältnis verlängert, ist zu prüfen, ob der Zeitraum von 48 Monaten ab dem Zeitpunkt der Verlängerung voraussichtlich überschritten wird. Die Prognose bleibt für die Vergangenheit wirksam, auch wenn sich die Verhältnisse später ändern.

 
Praxis-Beispiel

Betriebssitz im häuslichen Arbeitszimmer

Ein Bauunternehmer beauftragt einen Architekten, eine Großbaustelle zu überwachen und abzurechnen. Der Auftrag hat eine Laufzeit von 3,5 Jahren (= 42 Monaten).

Ergebnis: Der Zeitraum von 48 Monaten wird nicht überschritten (Prognose anhand der vertraglichen Vereinbarungen).

Nach Ablauf von 30 Monaten wird der Vertrag um die Dauer von weiteren 14 Monaten verlängert.

Ergebnis: Die gesamte Laufzeit beträgt zwar 56 Monate. Im Zeitpunkt der Verlängerung verbleibt allerdings eine Laufzeit von 12 Monaten zuzüglich 14 Monate aufgrund der Vertragsverlängerung. Im Zeitpunkt der Vertragsverlängerung ergibt sich eine verbleibende Laufzeit von 26 Monaten, sodass der Zeitraum von 48 Monaten nicht überschritten wird und somit keine Betriebsstätte beim Auftraggeber entsteht.

Alternative: Der Architekt hat sein Büro im häuslichen Arbeitszimmer. Vor hier aus fährt er zur Großbaustelle. Der Auftrag hat eine Laufzeit von 3,5 Jahren (= 42 Monaten).

Ergebnis: Auf den Zeitraum von 48 Monaten kommt es nicht an, weil der Architekt sein Büro im häuslichen Arbeitszimmer hat. Die Fahrten zur Großbaustelle sind von Anfang an als Fahrten zur ersten Betriebsstätte zu beurteilen.

3.1 Bestimmung der ersten Betriebsstätte

Sucht der Unternehmer mehrere Betriebsstätten auf, ist die erste Betriebsstätte (entsprechend der Regelung, die für Arbeitnehmer gilt) anhand quantitativer Merkmale zu bestimmen. Entsprechend den Regelungen des § 9 Abs. 4 EStG ist von einer ersten Betriebsstätte auszugehen, wenn es sich um eine Tätigkeitsstätte handelt, die der Unternehmer typischerweise,

  • arbeitstäglich oder
  • pro Woche an 2 vollen Arbeitstagen oder
  • mindestens zu einem Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit

aufsucht. Treffen diese Kriterien auf mehrere Betriebsstätten zu, ist die Betriebsstätte als erste Betriebsstätte anzusehen, die am nächsten zur Wohnung liegt, wobei das häusliche Arbeitszimmer nicht einbezogen werden darf. Fahrten zu weiter entfernt liegenden Betriebsstätten sind als Auswärtstätigkeiten zu beurteilen.

Konsequenz: Freiberufler/Unternehmer dürfen bei der Nutzung eines Firmenwagens für ihre Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte nur die Entfernungspauschale geltend machen. Der Gewinn muss um die nicht abziehbaren Aufwendungen erhöht werden. Hat der Unternehmer mehrere Betriebsstätten, muss also immer geprüft werden, welche Betriebsstätte als erste Betriebsstätte zu behandeln ist, bei der nur die Entfernungspauschale anzusetzen ist.

Der BFH hat entschieden, dass ein Gewerbetreibender, der an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers fortdauernd tätig wird, dort eine Betriebsstätte begründet[1]. Steht nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Aufgabenerledigung an der ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers sowohl nach inhaltlichen als auch nach zeitlichen Kriterien eindeutig im Mittelpunkt der betrieblichen Arbeit, dann ist die o...

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