3.1 Leistung einer Prozesskette

Die Leistung eines Prozesses wird durch seine Abfertigungsrate in Stück pro Zeit gemessen (vgl. Abb. 1). Es werden z. B. 12 Teile pro Stunde gefertigt oder 25 Teile pro Woche etc.

Abb. 1: Einfache Prozesskette

Die Abfertigungsrate ist immer kleiner als die Bearbeitungsrate, d. h. als die Anzahl der bearbeiteten Teile pro Zeiteinheit. Dabei entspricht sie genau der Bearbeitungsrate, wenn die Zugangsrate größer oder gleich der Bearbeitungsrate ist. Ist sie größer als die Bearbeitungsrate, baut sich ein Bestand vor der Ressource (Bearbeitungszentrum, Maschine, Werkbank, etc.) auf. Ist der Zufluss aber kleiner als die von der Ressource leistbare Bearbeitungsrate, wird auch die Abfertigungsrate kleiner und entspricht dann der Zuflussrate.

Leistung wird vom Engpass bestimmt

Hat man in einem Prozess verschiedene Ressourcen mit unterschiedlichen Bearbeitungszeiten, wird die Leistung des Prozesses von der langsameren der Ressourcen bestimmt. Diese Ressource wird als Engpass bezeichnet. Die Zugangsrate für alle Stationen, die nach dem Engpass ("stromabwärts") kommen, kann maximal der Bearbeitungsrate des Engpasses entsprechen. Diese Engpassrate bestimmt damit auch die maximale Abgangsrate und somit die maximale Leistung der gesamten Kette.

3.2 Durchlaufzeit und Lagerbestände

Die Durchlaufzeit wird für den gesamten Fertigungsauftrag als Zeitspanne zwischen der Auftragsfreigabe und der Beendigung des letzten Arbeitsvorgangs definiert. Sie kann aber auch für einen einzelnen Arbeitsvorgang definiert werden. Sie ist dann die Zeitspanne, die ein Teil ab der Ankunft benötigt, um eine Station zu passieren. Für die Terminierung, insbesondere für die Vereinbarung von Lieferterminen, ist die Kenntnis der Durchlaufzeit unabdingbar.

Bearbeitungszeit nur Bruchteil der Durchlaufzeit

Die Durchlaufzeit kann nicht kleiner als die Summe aller Bearbeitungszeiten in einer Prozesskette sein. Aufgrund von Wartezeiten kann sie aber die Summe der Bearbeitungszeiten im System übersteigen, was in der Praxis regelmäßig der Fall ist. Typischerweise macht die Bearbeitungszeit nur etwa 1 – 5 % der gesamten Durchlaufzeit aus.[1]

Wenn Bestände in einer Prozesskette vorhanden sind, erhöht sich die Durchlaufzeit. Ist im Zwischenlager kein Bestand vorhanden, entspricht die Durchlaufzeit der Bearbeitungszeit. Bei höheren Beständen im Lager erhöht sie sich um die Wartezeit im Lager. Abb. 2 zeigt eine Prozesskette mit einem Bearbeitungsschritt (z. B. einer Maschine), vor dem sich ein Pufferlager befindet. Die Bearbeitungszeit an der Ressource betrage fünf Minuten. In dem Pufferlager sind vier Teile vorhanden. Die Bearbeitung beginne zum Zeitpunkt t = 0. Zu diesem Zeitpunkt ist auch das vierte Teil im Zwischenlager angekommen. Während der Bearbeitung geht alle fünf Minuten ein Teil dem Lager zu. Die Durchlaufzeit ist somit immer gleich der Durchlaufzeit des vierten Teils im Lager. Sie beträgt 20 Minuten, da alle fünf Minuten ein Teil fertig wird und vier Teile bearbeitet werden müssen. Darin sind 15 Minuten Wartezeit enthalten.

Diese Gesetzmäßigkeit wird Little’s Law genannt. Die Durchlaufzeit entspricht dem Bestand B, geteilt durch die Abfertigungsrate Rab; in einer Formeln ausgedrückt gilt: DLZ = B / Rab

Abb. 2: Prozesskette mit Zwischenlager vor dem Bearbeitungsschritt

Bestandsveränderungen im Zwischenlager können sich aus zwei Gründen ergeben. Ein Aufbau erfolgt, wenn die Zuflussrate größer als die Abfertigungsrate ist, d. h. also Störungen oder Unterbrechungen bei der Verarbeitung auftreten. Ein Bestandsabbau ergibt sich entsprechend, wenn Störungen oder Unterbrechungen im Zufluss erfolgen.

Bestände erhöhen die Versorgungssicherheit des Prozesses

Findet in dem in Abb. 2 dargestellten Prozess kein Zufluss mehr statt, dauert es noch 20 Minuten, bis das letzte Teil bearbeitet ist. Man bezeichnet dies auch als die Reichweite des Bestands. Diese Bezeichnung rückt den wichtigsten positiven Aspekt der Teilebevorratung ins Blickfeld, den Aspekt der Versorgungssicherheit. Bleibt aus irgendeinem Grund der Nachschub aus, kann die Prozesskette die Produktion noch für die Dauer der Reichweite aufrechterhalten. Dem stehen allerdings die Gesichtspunkte Lager- und Kapitalbindungskosten sowie "Verfallsrisiko" (bei technischen Gütern das Risiko des Veraltens) gegenüber.

Wann hat sich ein Bestand wieder abgebaut?

Erfolgt nach dem Bestandsaufbau eine reduzierte Zufuhr mit einem Teil in sechs Minuten, lässt sich auf zwei Arten ermitteln, wann sich der Bestand abgebaut hat:

  • analytisch oder
  • tabellarisch in einem Tabellenkalkulationsprogramm.

Für die analytische Berechnung des Bestandsabbaus ist der Unterschied zwischen der Abfertigungsrate, im Beispiel ein Teil in fünf Minuten, und der Abfertigungsrate, im Beispiel ein Teil in sechs Minuten, maßgebend. Für einen Bestand von null muss also gelten

4 Teile – Rab * t + Rzu * t = 0 => t = 4 Teile / (1Teil/5Minuten – 1Teil/6Minuten) = 120 Minuten

Um den Bestand von vier Teilen abzubauen, sind somit 120 Minuten erforderlich.

Bei der tabellarischen Bearbeitung notiert man sich die Zei...

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