Unternehmen können ein unternehmensinternes Beschwerdeverfahren einrichten[1] oder sich an einem externen Beschwerdeverfahren beteiligen[2]. Beide Arten von Verfahren müssen den gleichen Anforderungen gerecht werden.

Externes Beschwerdeverfahren meint zunächst die Beteiligung an Brancheninitiativen oder "Multi-Stakeholder-Initiativen".[3] Dabei schließen sich mehrere Unternehmen oder auch Unternehmen und andere Organisationen wie Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften usw. zusammen und bieten gemeinsam ein Beschwerdeverfahren an. Darüber hinaus ergreifen Brancheninitiativen oder "Multi-Stakeholder-Initiativen" häufig noch andere Maßnahmen, um die Einhaltung bestimmter Standards im Bereich Menschen- und Arbeitsrechte zu gewährleisten. Derartige Initiativen gibt es in fast allen Branchen.[4] Beispiele sind die Fair Wear Foundation[5] im Textilbereich, Drive Sustainability[6] im Automobilsektor oder die Pharmaceutical Supply Chain Initiative.[7]

 
Praxis-Tipp

Anschluss an Brancheninitiativen oder "Multi-Stakeholder-Initiativen" ist empfehlenswert

In vielen Fällen ist es die effektivste Möglichkeit zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, sich einem derartigen Mechanismus anzuschließen.[8] Mehrere Unternehmen können ihre Kräfte bündeln und bspw. Personen beschäftigen, die mit den örtlichen Verhältnissen vertraut sind, die lokale Sprache sprechen und Beschwerden direkt nachgehen.

Schließt ein Unternehmen sich einer derartigen Initiative an, so ist es für den Bereich, den die Initiative abdeckt, von der Pflicht zum Anbieten eines eigenen, unternehmensinternen Beschwerdemechanismus befreit.[9]

Es ist nicht völlig klar, ob sich die Möglichkeit des externen Beschwerdeverfahrens auch auf konzernweite Verfahren in Unternehmensgruppen bezieht, ob also Unternehmen, für die das LkSG gilt, sich an dem Beschwerdeverfahren ihres Konzerns beteiligen können oder ob sie ein eigenes Verfahren anbieten müssen.[10] Der Wortlaut des Gesetzes unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Arten von externen Beschwerdeverfahren. Das spricht für die Zulässigkeit der Beteiligung an einem konzernweiten Verfahren. Auch das BAFA geht in seinen FAQ von der Zulässigkeit aus. Dagegen spricht, dass die Möglichkeit der Beteiligung an einem externen Verfahren auf die UN-Leitprinzipien zurückgeht. Diese verweisen auf die Möglichkeit, sich an industrieweiten Initiativen oder "Multi-Stakeholder-Initiativen" zu beteiligen. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber derartige Initiativen im Blick hatte, als er die Möglichkeit zur Beteiligung an einem externen Verfahren eröffnete – nicht dagegen die Beteiligung an einem konzernweiten Verfahren. Dennoch ist auch die letztgenannte Möglichkeit von dem Wortlaut des Gesetzes erfasst.

[3] Berg, in: Berg/Kramme, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), 1. Aufl. 2023, § 8 Rn 25; BT-Drucksache 19/28649, S. 49.
[4] s. dazu Handreichung des BAFA zum Beschwerdeverfahren, https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Lieferketten/handreichung_beschwerdeverfahren.html, S. 14.
[5] https://fairwear.org.
[6] https://drivesustainability.org.
[7] https://pscinitiative.org.
[8] Berg, in: Berg/Kramme, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), 1. Aufl. 2023, § 8 Rn 25; Gehling/Ott/Lüneborg, CCZ 2021, 230, 238.
[9] Gläßer/Kühn, in: Henn/Jahn, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, 3. Edition 2023, § 8 Rn 138.
[10] bejahend: E. Wagner/S. Wagner, in Wagner/Ruttloff/Wagner, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in der Unternehmenspraxis, 1. Auflage 2022, Rn 652, FAQ des BAFA, XII 1), abgerufen am 10.11.2023.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge