Leitsatz

Mehrere Einzelhandelsbetriebe sind gewerbesteuerlich als einheitlicher Gewerbebetrieb anzusehen, wenn die wesentlichen Verwaltungsarbeiten an einem zentralen Standort erledigt werden. Die Konzentration der Verwaltung auf nur einen betrieblichen Standort führt zu einer wirtschaftlichen Verflechtung.

 

Sachverhalt

Der Einzelunternehmer betrieb mehrere Einzelhandelsgeschäfte, in denen er insbesondere Fleisch- und Wurstwaren verkaufte. Die Verwaltung der Geschäfte erfolgte von einem zentralen Bürostandort aus. Von hier wurden die Verkaufsstellen teilweise mit Waren versorgt, Bücher und Konten geführt, sowie die Lohnbuchhaltung und alle Geschäftsvorfälle erledigt. Die Filialen warben zudem mit einem einheitlichen Logo und wurden von denselben drei Hauptlieferanten versorgt.

Der Unternehmer behandelte jeden Standort als selbstständigen Gewerbebetrieb und gab jeweils eigenständige Gewerbesteuererklärungen ab; das Finanzamt fasste die Standorte zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammen.

 

Entscheidung

Es liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor. Das FG zog die BFH-Rechtsprechung heran, wonach mehrere Betriebe eines Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Einheit bilden, sofern sie sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell zusammenhängen[1]. Ausschlaggebend war für das FG die wirtschaftliche Verflechtung der Verkaufsstellen mit dem Verwaltungsstandort, an dem sich alle Verwaltungsbefugnisse konzentrierten. Es bestand eine tatsächliche Unternehmensstruktur, denn ohne den Verwaltungssitz konnten die einzelnen Filialen nicht ohne Weiteres wirtschaftlich fortgeführt werden. Auch waren die Standorte teilweise organisatorisch verflochten, da sie identische Hauptlieferanten hatten, die bei der Berechnung der Boni vom Gesamtumsatz aller Filialen ausgingen. Für eine finanzielle Verflechtung sprach, dass der Unternehmer liquide Mittel von einem Standort abgezogen hatte, um sie auf dem Bankkonto einer anderen Filiale einzuzahlen.

 

Hinweis

Der Unternehmer hatte ein nachvollziehbares Interesse daran, jeden Standort als selbstständigen Gewerbebetrieb gewertet zu sehen, da der gewerbesteuerliche Freibetrag von 24.500 EUR (§ 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG) betriebsbezogen gilt. Hätte der Unternehmer mit seiner Argumentation Erfolg gehabt, wäre ihm der Freibetrag mehrfach gewährt worden.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.03.2010, 13 K 324/06

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