Komplexitätskosten als Objekt des Gemeinkostencontrollings

Als eine Ursache gestiegener Gemeinkosten gilt häufig die hohe Komplexität. Diese lässt sich als "Gesamtheit aller Merkmale eines Zustands oder Objekts im Sinne von Vielschichtigkeit"[1] verstehen. Sie kann sich demgemäß in unterschiedlichen Dimensionen, u. a. als Zielkomplexität, Kundenkomplexität, Variantenkomplexität, Teilekomplexität und Komplexität der Leistungserstellungsprozesse und -systeme, äußern.[2] Hohe Komplexität kann durch eine Reihe unternehmensexterner (wie Lieferanten-, Kundenanzahl, Anforderungsvielfalt) und unternehmensinterner (Trennung von Aufgaben, Anzahl der Schnittstellen, Anzahl von Bearbeitungsschritten, etc.) Komplexitätstreiber hervorgerufen werden. Komplexität verursacht Komplexitätskosten, die sich entweder als "Auswirkungen, die die Komplexität auf die Kostensituation eines Unternehmens besitzt"[3], oder als durch eine komplexitätserhöhende Maßnahme verursachte zusätzliche Kosten beschreiben lassen (vgl. Abb. 5).[4] Diese Komplexitätskosten stellen i. d. R. Gemeinkosten dar und sind damit auch potenzieller Gegenstand des Gemeinkostencontrollings bzw. eines Komplexitätskostencontrollings als dessen Teilbereich.

Aufgaben und Instrumente des Komplexitätskostencontrollings

Die Aufgaben des Komplexitätskostencontrollings entsprechen ihrer Art nach denen des Gemeinkostencontrollings (siehe Abschnitt 2). Als Instrumente lassen sich wiederum diverse Methoden des Gemeinkostencontrollings wie das Benchmarking heranziehen. Zudem können speziell mit Komplexitätsanalysen die Ursachen der Komplexität, d. h. die Ausprägungen der oben genannten Komplexitätstreiber und weiterer relevanter Einflussgrößen, aufgezeigt und untersucht sowie darauf basierend Ansatzpunkte für Maßnahmen zur Effizienzsteigerung herausgearbeitet werden.[5]

Komplexitätskostenrechnung

Daneben kann angestrebt werden, mittels geeigneter Rechnungen Komplexitätskosten zu ermitteln. Dazu können diese zunächst ihrer Art nach klassifiziert werden, und zwar gemäß den in Abschnitt 2 beschriebenen Kategorien oder nach der Häufigkeit ihres Anfalls und der Wirkungsweise, wie es Abb. 5 zeigt.

Abb. 5: Kategorien von Komplexitätskosten[6]

Für die darauf basierende Erfassung, Analyse und Prognose von Komplexitätskosten sind verschiedene Rechnungen vorgeschlagen worden, von denen hier 2 erwähnt werden sollen:

  • Die Prozesskostenrechnung ist in ihrer Grundform (nach Horváth/Mayer) wie auch in komplexitätsbezogenen Erweiterungen[7] in der Lage, diverse Komplexitätstreiber (wie die Anzahl von Lieferanten, Kunden oder Bearbeitungsschritten) zu erfassen und deren Auswirkungen auf die Gemeinkostenentstehung aufzuzeigen.
  • Kapitalwertberechnungen sollten unter Einbeziehung von Kosten- bzw. Auszahlungs-, aber auch Erlös- bzw. Einzahlungsveränderungen dann zur gezielten Bewertung von Maßnahmen zur Veränderung der Komplexität herangezogen werden, wenn diese sich – was durchaus nicht selten sein dürfte – mehrperiodig auswirken.[8]

Damit – und in Kombination mit der traditionellen Kostenrechnung und der entwicklungsbegleitenden Kalkulation – lassen sich Maßnahmen der Produktgestaltung (Baukastenprinzip, Modularisierung, Plattformbauweise usw.) und der Prozessgestaltung (Fertigungssegmentierung, Verschiebung des Auftragsentkopplungspunktes etc.), die auf die Verringerung der Komplexität oder den verbesserten Umgang mit dieser abzielen, zumindest näherungsweise bewerten.

[1] Adam/Johannwille, 1998, S. 6.
[2] Vgl. Adam/Johannwille, 1998, S. 7.
[3] Hungenberg, 2000, S. 545.
[4] Vgl. Olbrich/Battenfeld, 2005, S. 163.
[5] Vgl. Roever, 1994 sowie Schulz, 1994.
[6] Leicht modifiziert übernommen von Reiners/Sasse, 1999, S. 226.
[7] Ein entsprechendes Beispiel findet sich in Battenfeld, 2001.
[8] Vgl. Rosenberg, 2002.

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