Leitsatz

1. Ob ein geldwerter Vorteil i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG durch die verbilligte Überlassung einer Ware oder Dienstleistung gegeben ist, ist allein anhand des üblichen Endpreises für die konkrete Ware oder Dienstleistung zu ermitteln.

2. Ein geldwerter Vorteil ist auch dann gegeben, wenn der übliche Endpreis für funktionsgleiche und qualitativ gleichwertige Waren oder Dienstleistungen anderer Hersteller oder Dienstleister geringer ist als der der konkreten Ware oder Dienstleistung, die verbilligt überlassen wird.

3. Ein Arbeitgeber, der den Abschluss von Versicherungsverträgen vermittelt, kann seinen Arbeitnehmern auch dadurch einen geldwerten Vorteil i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG gewähren, dass er im Voraus auf die ihm zustehende Vermittlungsprovision verzichtet, sofern das Versicherungsunternehmen aufgrund dieses Verzichts den fraglichen Arbeitnehmern den Abschluss von Versicherungsverträgen zu günstigeren Tarifen gewährt, als das bei anderen Versicherungsnehmern der Fall ist.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG , § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG

 

Sachverhalt

Bei der Klägerin, einem Kreditinstitut, fand eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Dabei wurde festgestellt, dass die X-Versicherung, ein Verbundunternehmen, den Arbeitnehmern der Klägerin Sondertarife (sog. Verbundtarife) eingeräumt hatte. Die Verbundtarife waren niedriger als die Normaltarife, die andere Versicherungsnehmer bei der X-Versicherung zu zahlen hatten. Das FA vertrat die Auffassung, bei der Differenz zwischen den Verbundtarifen und den Normaltarifen handle es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn in Form der Rabattgewährung durch Dritte.

Mit der Klage machte die Klägerin geltend, ihren Arbeitnehmern sei durch die Einräumung des Verbundtarifs kein geldwerter Vorteil entstanden. Denn die A- und die B-Versicherung hätten (gegenüber den Verbundtarifen der X-Versicherung) gleichwertige und billigere Versicherungsleistungen am Markt angeboten.

Das FG gab der Klage statt. Den Arbeitnehmern der Klägerin sei kein geldwerter Vorteil entstanden. Maßgebend sei das billigste Angebot, für das gleichartiger Versicherungsschutz am Markt erworben werden könne. Die Klägerin habe schlüssig dargetan, dass ihre Arbeitnehmer gleichartige Versicherungsverträge zu günstigeren als den von der X-Versicherung gewährten Verbundtarifen hätten abschließen können.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Es sei der Endpreis für die konkrete – verbilligt oder unentgeltlich – überlassene Ware oder Dienstleistung des fraglichen Herstellers oder Dienstleisters zu ermitteln. Es komme nicht darauf an, zu welchem Preis funktionsgleiche und qualitativ gleichwertige Waren oder Dienstleistungen anderer Hersteller oder Dienstleister am Markt angeboten werden. Ansonsten wäre die Bewertungsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht handhabbar.

Die Sache sei zurückzuverweisen, da das FG keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen habe, ob der Vorteil den Arbeitnehmern aufgrund des Arbeitsverhältnisses zugewandt worden sei und falls ja, ob die Vorteilsgewährung durch die Klägerin oder durch die X-Versicherung als Dritte erfolgt sei.

 

Hinweis

Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), mit den üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Die Besprechungsentscheidung klärt die Streitfrage, ob ein Rabatt überhaupt einen Vorteil darstellt, wenn der Arbeitnehmer diese Art von Leistung (hier: Versicherungsschutz) bei anderen Herstellern oder Dienstleistern sogar unter dem ermäßigten Preis erhalten könnte.

Zutreffenderweise wird auf die konkret überlassene Ware oder Dienstleistung des fraglichen Herstellers oder Dienstleisters abgestellt. Es kann nicht geltend gemacht werden, eine funktionsgleiche und qualitativ gleichwertige Ware oder Dienstleistung könne bei einem anderen Hersteller oder Dienstleister zu einem geringeren als dem üblichen Endpreis der in Rede stehenden Ware oder Dienstleistung erworben werden.

Die Besprechungsentscheidung stellt maßgeblich auf Gründe der Praktikabilität bzw. der Handhabbarkeit im Gesetzesvollzug ab. Denn der Arbeitgeber, das FA und nachfolgend ggf. die Finanzgerichte wären kaum in der Lage festzustellen, welche der am Markt angebotenen Waren oder Dienstleistungen funktionsgleich und qualitativ gleichwertig sind. Dies zeigt sich – wie im Streitfall – besonders deutlich bei Versicherungsleistungen. Die Tariflandschaft bei Lebens-, Kranken- und Schadensversicherern ist äußerst vielfältig. Selbst Experten verzweifeln bisweilen an der Frage, welche Versicherung die günstigsten Leistungen anbietet, zumal nicht nur der unmittelbare Tarifvergleich, sondern auch der Service eine maßgebliche Rolle spielt. Es ist deshalb zu begrüßen, wenn die Rechtsprechung bei dem Produktvergleich nicht andere Hersteller oder Dienstleister heranzieht.

Im Übrigen spricht die Besprechungsentscheidung zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit echten bzw. u...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge